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Feinde der Krone

Feinde der Krone

Titel: Feinde der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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gesonnen.
    »Ich versuche, alles in Erfahrung zu bringen, was ich kann. Dazu zählen Stärken wie Schwächen«, gab er zur Antwort. »Er hat sich für die Tories in einer Hochburg der Liberalen als Unterhauskandidat aufstellen lassen. Die Frage der irischen Unabhängigkeit hat er bereits zur Sprache gebracht.«
    Cornwallis hob die Brauen. »Ist Narraway deshalb an ihm interessiert?«
    Pitt gab keine Antwort.
    Cornwallis akzeptierte sein Stillschweigen.
    »Was wollen Sie über den Mann erfahren?«, fragte er stattdessen. »Um welche Schwächen geht es?«
    »Wer steht ihm nahe?«, fragte Pitt leise. »Vor wem hat er Angst? Was belustigt ihn, was beeindruckt ihn, verursacht ihm Schmerzen, ruft andere Gefühlsregungen in ihm hervor? Was ist sein Ziel, von der Macht einmal abgesehen?«
    Lächelnd sah Cornwallis Pitt in die Augen. »Das klingt, als ob Sie sich zu einer Schlacht bereit machten«, sagte er mit kaum wahrnehmbarem fragendem Unterton.
    »Ich versuche festzustellen, ob ich über Waffen verfüge«, gab Pitt zur Antwort und hielt seinem Blick stand. »Ist das der Fall?«
    »Das bezweifle ich«, sagte Cornwallis. »Sofern ihm an etwas anderem als der Macht liegt, habe ich nichts davon gehört, und auf keinen Fall liegt ihm etwas so am Herzen, dass ihn der Verlust schmerzen würde.« Er versuchte in Pitts Gesicht zu erkennen, was dieser wissen wollte. »Er schätzt das gute Leben, ist aber nicht protzig. Er genießt die Bewunderung anderer, ohne dass er aber bereit wäre, ihnen dafür um den Bart zu gehen. Das hat er wohl auch nicht nötig. Er schätzt sein Heim, gutes Essen, guten Wein, das Theater, Musik, Gesellschaft, aber wenn es keine andere Möglichkeit gäbe, das Amt zu erreichen, das er anstrebt, würde er all das aufgeben. Jedenfalls erzählt man sich das. Soll ich mich weiter umhören?«
    »Nein! Nein … noch nicht.«
    Cornwallis nickte.
    »Hat er vor jemandem Angst?«, fragte Pitt, ohne mit einer Antwort zu rechnen.
    »Nicht, dass ich wüsste«, gab Cornwallis trocken zurück. »Hat er Ursache dazu? Fürchtet Narraway, man könnte Voisey nach dem Leben trachten?«
    Wieder konnte ihm Pitt nicht antworten. Sein Schweigen war ihm selbst nicht recht, obwohl ihm klar war, dass Cornwallis die Gründe dafür verstand.
    »Gibt es einen Menschen, an dem ihm besonders liegt?«, fragte Pitt. Er konnte es sich nicht leisten aufzugeben.
    Cornwallis dachte kurz nach. »Möglicherweise«, sagte er schließlich. »Ich weiß allerdings nicht, wie sehr. Ich vermute, er braucht die Frau – und sei es nur als Gastgeberin. Ich nehme durchaus an, dass ihm an ihr liegt, soweit es einem Mann seines Wesens möglich ist.«
    »Und wer ist das?«, erkundigte sich Pitt in hoffnungsvollem Ton.
    Cornwallis lächelte betrübt und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Seine Schwester. Sie ist eine bezaubernde Witwe mit beachtlichen Gaben im Umgang mit anderen Menschen. Zumindest oberflächlich betrachtet, scheint sie von einer Einfühlsamkeit und Freundlichkeit zu sein, die man bei ihm nie beobachtet hat, trotz seiner kürzlich erfolgten Erhebung in den Adelsstand, über die Sie mehr wissen als ich.« Das war eine Feststellung. Nie wäre es ihm in den Sinn gekommen, auf Gebiete vorzudringen, zu denen er keinen Zutritt hatte, und fragen würde er keinesfalls, da eine Zurückweisung schmerzte. Mit einem kaum wahrnehmbaren Schatten zwischen den Brauen fügte er hinzu: »Ich habe sie allerdings erst zweimal gesehen und kenne mich bei Frauen nicht besonders gut aus.« Man spürte eine leichte Befangenheit. »Jemand, der mehr davon versteht, würde Ihnen möglicherweise etwas gänzlich anderes berichten. Wenn es darum geht, wer in der Partei die Macht und den Willen hat, ihn zu unterstützen, gehört sie auf jeden Fall zu seinen wichtigsten Trümpfen. Den Wählern gegenüber muss er sich natürlich auf seine Redekunst verlassen.« Cornwallis’ Stimme klang mutlos, als habe er den Eindruck, dass das bereits genügen würde.
    Pitt fürchtete das noch mehr als er. Er hatte Voisey gegenüber einer großen Gruppe von Arbeitern erlebt. Als er jetzt
erfuhr, dass der Mann eine so fähige Verbündete besaß, fühlte er sich entmutigt. Er hatte gehofft, dass man bei Voiseys Status als Junggeselle ansetzen könnte, dass sich dort ein Schwachpunkt befand.
    »Danke«, sagte er.
    Cornwallis lächelte trübsinnig. »Noch etwas Apfelwein?«
     
    Emily Radley wusste eine gute Abendgesellschaft zu schätzen, vor allem, wenn der Geruch nach Gefahr und

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