Feinde der Krone
Rose zuckte die Achseln. »Was die Tories betrifft, darf es jederzeit sein, solange es nicht heute ist!«
Erneut trat Lady Molloy zu ihnen. Sie wollte etwas mit Rose besprechen, weil ihr offenbar immer noch durch den Kopf ging, was zuvor gesagt worden war.
»Ich sollte wohl besser aufpassen, was ich sage, was?«, sagte Rose trübselig, als Lady Molloy gegangen war. »Die Arme ist völlig verwirrt und weiß nicht, was sie denken soll.«
»Unterschätz sie nicht«, mahnte Emily. »Sie hat vermutlich wenig Fantasie, ist aber in praktischen Dingen sehr auf der Höhe.«
»Wie langweilig.« Rose seufzte gedehnt. »Es ist eine der schlimmsten Strafen, die man ertragen muss, wenn sich der Mann zur Wahl für ein öffentliches Amt stellt, dass man der Öffentlichkeit gefallen soll. Es ist nicht so, als ob ich das nicht möchte, im Gegenteil! Aber zu erreichen, dass man auch verstanden wird, ist doch ziemlich schwierig, findest du nicht?«
Unwillkürlich musste Emily lächeln. »Ich weiß genau, was du meinst, muss allerdings zugeben, dass ich es meistens nicht einmal versuche. Wenn dich die Leute nicht verstehen, glauben sie vielleicht, dass du Unsinn redest. Solange du das aber mit genug Selbstvertrauen tust, entscheiden sie im Zweifelsfall zu deinen Gunsten, was nicht immer der Fall ist, wenn sie dich verstehen. Das Kunststück besteht darin, dass du nicht unbedingt klug sein musst, wohl aber liebenswürdig. Das ist mein voller Ernst, Rose, das kannst du mir glauben!«
Einen Augenblick lang sah es aus, als wolle diese eine witzige Bemerkung machen, dann aber fiel die Unbeschwertheit von ihr ab. »Glaubst du an ein Leben nach dem Tode, Emily?« , fragte sie.
Emily war so verblüfft, dass sie »Wie bitte?« fragte, um Zeit zum Nachdenken zu gewinnen.
»Ob du an ein Leben nach dem Tode glaubst«, wiederholte Rose ernsthaft. »Ich meine, ein richtiges Leben, nicht irgendeine heilige Existenz als Bestandteil der Gottheit oder dergleichen.«
»Ich glaube schon. Das Gegenteil wäre zu entsetzlich. Warum fragst du?«
Rose zuckte elegant mit den Schultern, ihr Gesicht wirkte wieder unbeteiligt, als wolle sie nichts mehr mit der soeben an den Tag gelegten Aufrichtigkeit zu tun haben. »Ich wollte dich nur kurz aus deinen praktischen politischen Erwägungen herausreißen.« Allerdings wirkte weder ihre Stimme noch der Blick ihrer Augen heiter.
»Glaubst du denn daran?«, fragte Emily und lächelte ein wenig dabei, um die Frage beiläufiger erscheinen zu lassen.
Rose zögerte. Offensichtlich war sie nicht ganz sicher, was sie antworten sollte. An der Art, wie sich die Freundin in ihrem weinroten und fleischfarbenen Kleid hielt, erkannte Emily, was sie empfand. Auch sah sie, mit welcher Anspannung in ihren Armen sie die Stuhlkante umklammerte.
»Glaubst du etwa, es gibt keins?«, fragte Emily ruhig.
»Auf keinen Fall glaube ich das!« Roses Stimme klang vollkommen überzeugt. »Ich bin sogar ganz sicher, dass es eines gibt!« Plötzlich entspannte sie sich. Emily war gewiss, dass sie das große Mühe gekostet hatte. Rose sah sie an und dann wieder beiseite. »Hast du je an einer spiritistischen Sitzung teilgenommen?«
»Nicht an einer richtigen, nur an solchen, die bei einer Gesellschaft zur Unterhaltung abgehalten wurden.« Emily sah sie aufmerksam an. »Warum fragst du? Du etwa?«
Ohne darauf einzugehen, fragte Rose mit leichter Schärfe in der Stimme: »Was ist schon Wirklichkeit? Daniel Dunglass Home galt als brillant. Niemand ist ihm je auf die Schliche gekommen, und wie viele haben es probiert!« Dann wandte sie sich um und sah Emily herausfordernd in die Augen, als befinde sie sich jetzt auf sichererem Boden und als warte unter der Oberfläche keine Falle, in die sie aus Versehen hineintreten konnte.
»Hast du ihn je erlebt?«, fragte Emily, ohne die eigentliche Frage anzusprechen, um die es ging. Sie war fest überzeugt, dass Rose nicht auf Dunglass Home hinauswollte, wusste aber nicht, worum es ihr ging.
»Nein. Aber es heißt, er hätte frei eine Handbreit über dem Boden schweben und sich in der Länge ausdehnen können, vor allem seine Hände.« Trotz des leichten Tons, in dem sie das sagte, war sie auf Emilys Reaktion gespannt.
»Das muss ein bemerkenswerter Anblick gewesen sein«, gab Emily zurück. Sie wusste nicht recht, aus welchem Grund jemand so etwas tun sollte. »Aber ich dachte immer, bei einer spiritistischen Sitzung geht es darum, dass man eine Beziehung zu den Geistern Verstorbener aufnehmen
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