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Feinde der Krone

Feinde der Krone

Titel: Feinde der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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möglicherweise hält man sie sogar für seine Freunde.« Sie stand auf. »Du kannst nicht mit dem Teufel schachern!«
    »Ich bin nicht einmal sicher, ob man auf dem Gebiet der Politik überhaupt mit jemandem handeln kann«, sagte er mit kläglichem Ausdruck, legte ihr eine Hand auf die Schulter und ließ sie leicht ihren Arm hinabgleiten. Sie spürte die Wärme seiner Finger durch die Seide ihres Kleides. »Ich denke, in der Politik geht es um die richtige Einschätzung dessen, was möglich ist und was nicht, sowie um die Fähigkeit, möglichst weit vorauszusehen, wohin der Weg einen führt.«
    »Nun, am Ende ist der Weg, den der Innere Kreis vorzeichnet, stets die Aufgabe des Rechts, für sich selbst zu handeln«, sagte sie.
    »Politische Macht hat nichts damit zu tun, dass man für sich selbst handelt.« Bei diesen Worten küsste er sie zärtlich. Sie erstarrte einen Augenblick, löste sich dann von ihm und sah ihn aufmerksam an. »Es geht darum, etwas Gutes zu bewirken,
weil man die Lebensumstände der Menschen, die einem vertrauen und einen gewählt haben, verbessern kann«, fuhr er fort. »Ehrgefühl bedeutet, seine Versprechen zu halten und für die Menschen tätig zu werden, die nicht die Macht haben, das für sich selbst zu tun … Es geht nicht darum, sich in Positur zu werfen, sich wohlzufühlen oder den Launen seines Gewissens zu folgen.«
    Sie senkte den Blick. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Nicht einmal sich selbst gegenüber hätte sie ihre Gefühle in Worte fassen und einen Mittelweg zwischen dem Gefühl der Hilflosigkeit auf der einen Seite und der Notwendigkeit des Kompromisses auf der anderen formulieren können. Niemand bekam etwas, ohne einen Preis dafür zu zahlen. Wie hoch durfte der sein – und wie hoch musste er sein?
    »Emily«, sagte er mit leicht beunruhigtem Klang in der Stimme. Das Lachen, das er anschlug, verdeckte seine wahren Empfindungen. »Ich habe abgelehnt!«
    »Ich weiß«, sagte sie. Innerlich überlief sie ein Schauer, weil sie nicht sicher war, ob er beim nächsten Mal wieder ablehnen würde, wenn man ihn stärker bedrängte, ihm die Vorzüge in leuchtenderen Farben schilderte, einen lockenderen Gewinn in Aussicht stellte. Sie schämte sich, dass sie diese Befürchtungen hegte. Bei Pitt hätte sie diese Besorgnis nicht gehabt. Aber Pitt hatte bereits die Macht dieser Menschen zu spüren bekommen und Wunden davongetragen.

Kapitel 7
    C harlotte und Gracie arbeiteten gemeinsam in der Küche. Erst hatte Gracie den Steinfußboden geschrubbt, jetzt putzte sie den großen Herd, während Charlotte Brotteig knetete, und in der kühlen Spülküche stand das Butterfass auf der Marmorarbeitsfläche eines Tisches bereit. Das Sonnenlicht fiel durch die offene Tür herein, und die vom Heideland herüberwehende leichte Brise brachte den Geruch von saftigen Gräsern und allerlei Kräutern mit sich. Die Kinder turnten im Apfelbaum herum und lachten von Zeit zu Zeit fröhlich auf.
    »Wenn sich der Junge die Hose beim Runterrutschen von dem Baum noch mal zerreißt, weiß ich wirklich nich, was Sie seiner Mutter sagen woll’n!«, klagte Gracie verzweifelt. Sie sprach über Edward, der sich so königlich amüsierte, dass er kein heiles Kleidungsstück mehr besaß. Jeden Abend hatte sich Charlotte bemüht, die Schäden auszubessern, und sogar eine Hose Daniels geopfert, um aus deren Stoff Flicken für die Kleidung der beiden herzustellen. Auch Jemima beteiligte sich an ihren wilden Spielen. Sie hatte im Brustton der Überzeugung erklärt, kein natürliches oder moralisches Gesetz verbiete es Mädchen, ebenso viel Freude am Leben zu haben wie Jungen. Der Behinderung durch ihre langen Röcke entzog sie sich einfach dadurch, dass sie sie hochhob, während sie über steinerne Mauern und andere Einfriedigungen kletterte.
    Zum Essen gab es neben Brot, Käse und frischer Wurst vom Dorfmetzger Obst. Sie stopften sich mit so vielen Himbeeren, wilden Erdbeeren und Pflaumen voll, bis ihnen davon fast
schlecht wurde. Es war ein Leben, dem zur Vollkommenheit nur Pitt fehlte.
    Charlotte sah ein, dass er nicht bei ihnen sein konnte, auch wenn ihr die Gründe dafür im Einzelnen nicht klar waren. Obwohl sie sicher war, dass Voisey nicht wusste, wo sie sich aufhielten, lauschte sie beständig, um sich zu vergewissern, dass sie die Kinder hören konnte. Außerdem ging sie etwa alle zehn Minuten an die Tür und hielt Ausschau nach ihnen.
    Zwar äußerte sich Gracie mit keiner Silbe über die Situation,

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