Feinde der Zeit: Roman (German Edition)
würde er niemals tun. Er würde mich nicht allein lassen, nur um irgendeiner schönen Idee nachzujagen, die höchstwahrscheinlich ohnehin nur eine Falle war.
»Moment mal. Geht das denn überhaupt?«, fragte Stewart. »Würde ihn das nicht umbringen?«
»Ein Sprung bringt ihn noch nicht gleich um. Und er wäre nicht der Erste, der auf ein Bestechungsangebot eingeht«, antwortete Healy. »Unser Geheimdienst ist ständig von Verrat bedroht.«
In meinem Kopf drehte sich alles. Das war zu viel auf einmal für mich. Was blieb mir denn jetzt noch? Was sollte mich jetzt noch in dieser oder irgendeiner anderen Zeitleiste halten?
»Bedauerlicherweise können wir im Augenblick auch gar nicht ausführlicher darüber diskutieren«, sagte Healy. »Ich habe Sie beide in diese Wohnung geschickt, weil ich wusste, dass Sie beschattet werden. So haben wir die Chance, eine Gegenoffensive zu starten.«
»Eyewall«, sagte Stewart. »Wer beschattet uns denn?«
»Ich bin nicht sicher, welche Agenten genau es sind. Unser gesamtes Team ist bereits auf den Beinen, um das herauszufinden«, erwiderte Healy. »Sie beide werden dieses Gebäude jetzt verlassen und in unterschiedliche Richtungen davongehen. Agent Parker steht auf der anderen Straßenseite und versorgt mich mit neuen Informationen.«
»Und wie lautet der genaue Auftrag?«, fragte Stewart.
»Die gegnerischen Agenten gefangen zu nehmen«, antwortete Healy lediglich. »Wenn es Ihnen gelingt, sie lebend zu fassen, damit wir sie verhören können, begrüßen wir das. Aber vergessen Sie nicht, dass die Gegenseite denselben Plan verfolgt. Ich kann Ihnen allerdings garantieren, dass sie das nicht mehr sehr lange tun wird.«
Ich war wie betäubt, entweder vor Schreck oder aber wegen des überwältigenden Gefühls, dass das alles mehr war, als ich verkraften konnte. Doch kaum traten wir in den noch sehr jungen Tag hinaus, da erspähte ich die kleine blonde Agentin, die sich hinter Parker versteckte und darauf wartete, ihn auf seinem weiteren Weg beschatten zu können.
Und ich wusste sofort, dass ich derjenige sein musste, der Holly folgte.
Stewart wandte mir sofort den Rücken zu und ging auf die nächste Straßenecke zu. Ich stellte kurz Blickkontakt zu Parker her und stellte mein Funkgerät an.
»Lass mich die Blonde übernehmen. Ich kenne ihr Profil bereits in- und auswendig.«
»Habe verstanden.«
Erleichtert stellte ich fest, dass Parker seine Aufmerksamkeit und seine Waffe auf einen anderen Agenten richtete. Holly verschwand hinter einem Bus, und ich lief los, um an ihr dranzubleiben.
Sie ging schneller, und fast hätte ich nicht gesehen, dass sie auf die Treppe zuging, die zur U-Bahn hinunterführte. Vor dem Drehkreuz blieb sie stehen und warf einen Blick zurück, und dabei sah sie mich. Ihre Augen weiteten sich, dann drängte sie den Mann, der vor ihr ging, durch den Eingang und sprang über das Drehkreuz.
Okay. Sie hat offenbar nicht vor, sich einfach so geschlagen zu geben.
Ich zeigte meine gefälschte FBI-Dienstmarke vor und sprang ebenfalls über das Drehkreuz, um ihre Verfolgung aufzunehmen. Einige Leute schrien auf, als Holly durch die Menge stürmte und Umstehende dabei einfach zur Seite stieß, die dann am Ende mir den Weg blockierten. Doch der lauteste Schrei von allen erklang, als sie auf die Gleise sprang.
»Verdammt, Holly!« Das war nicht mein Plan gewesen. Sie sollte doch eigentlich Angst bekommen und sich kampflos ergeben. Dass sie auf der Flucht vor mir ihr Leben riskierte, war das Letzte, was ich wollte.
Noch bevor ich überhaupt auf die Schienen gesprungen war, hatte sie bereits sicher die andere Seite erreicht. Ich hasste es, die Gleise zu überqueren, tat es aber dennoch. Und kaum hatte ich wieder sicheren Boden unter den Füßen, fuhr der nächste Zug ein.
Ich erspähte sie etwa sechs Meter vor mir und ging davon aus, dass sie in die Bahn einsteigen würde, wohl wissend, dass ich in einem überfüllten Zug ohnehin nichts allzu Drastisches tun konnte. Die Türen öffneten sich, aber sie ignorierte sie und rannte in den U-Bahn-Tunnel hinein, wo nur wenige Zentimeter Platz zwischen ihr und der Bahn war. Widerwillig heftete ich mich an ihre Fersen.
Sie bewegte sich mit großer Selbstverständlichkeit auf diesem engen Raum; die vielen Jahre des Balancierens auf Schwebebalken kamen ihr nun offensichtlich zugute. Die Leute auf dem Bahnsteig waren nur noch verschwommene Punkte in der Ferne. Die Dunkelheit schluckte uns, doch konnte ich die schmale
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