Feinde der Zeit: Roman (German Edition)
verschwinden und es so aussehen lassen, als wärst du an einer Überdosis Crack gestorben.«
»Oh, prima. Dann legen wir doch die Waffen nieder und gehen gleich zu den Psychospielchen über.« Sie sah mich wütend an, doch dann erschien plötzlich ein selbstgefälliges Grinsen auf ihrem Gesicht. »Ist mir eigentlich auch lieber. Wenn es darum geht, die wahren Absichten von Leuten zu erkennen, bin ich in meiner Abteilung nämlich unschlagbar.«
Ich musste lachen. »Dann brauchst du einfach bessere Konkurrenten. Ich glaube nämlich, dass du absolut unfähig bist, was das betrifft. Sonst würdest du nicht die ganze Zeit diese Waffe auf mich richten. Ich hab dir doch bereits gesagt, dass ich dir nicht weh tun werde, erinnerst du dich nicht mehr?«
Bei der Erwähnung des Abends, an dem ich sie in meinem Apartment erwischt hatte, verschwand kurz der Hochmut aus ihrem Gesicht und machte einem weicheren Ausdruck Platz. Doch dann kehrte ihre Wut zurück. »Ja, weil du mich anwerben willst. Damit Eyewall geschwächt wird.«
»Die lügen dich an, Holly, und zwar in jeder Beziehung«, sagte ich in einem plötzlich sehr eindringlichen Ton. »Ich stehe auf der Seite der Guten.«
»Ja, und ich auch. Toll, was? Komm, lass uns Freundschaftsarmbänder austauschen und eine Übernachtungsparty machen.« Sie lachte, doch ohne eine Spur von Humor.
Ich rutschte über den Fußboden zu ihr hin, bis ich direkt vor ihr saß. Sie hielt den Atem an und legte ihre Hände fester um die Pistole. »Ich kann dich vor denen in Sicherheit bringen. Wir können gehen, wohin du willst. Was mit Adam passiert ist … Das war kein Unfall, aber wir hatten nichts damit zu tun, das schwöre ich.«
Sie sah mich an. »Wie ist das mit deiner Schulter passiert? Ich hab die Narbe gesehen.«
Unwillkürlich tasteten meine Finger nach meiner rechten Schulter. »Ich wurde von einer Kugel getroffen, aber sie ist stecken geblieben.«
»Ich hab noch nie eine abbekommen«, erwiderte sie trocken. »Jedenfalls bislang.«
Ich zuckte zusammen, als sie das sagte, und sah mit einem Mal wieder diesen Horrortag in ihrem Wohnheim vor mir. Dieses Bild ließ mich einfach nicht mehr los. »Aber um noch mal auf das von eben zurückzukommen –«, drängte ich, weil sie so schnell das Thema gewechselt hatte.
Sie wandte den Kopf ab; ganz offensichtlich hatte sie nicht vor, auf mein Angebot einzugehen. In dieser Situation hatte Holly mir gegenüber einen klaren Vorteil, da ich für sie nur irgendein dahergelaufener Typ war.
Es verging eine ganze Stunde, ohne dass sie einen Ton sagte oder mich ansah. Dann behielt offenbar ihr Kampf ums Wachbleiben die Oberhand, und sie musste weiterreden.
»Wie lange arbeitest du schon als Agent?«, fragte sie.
Als ihre Stimme die Stille durchschnitt, schreckte ich sofort wieder aus der liegenden Position hoch, die ich in der Zwischenzeit eingenommen hatte. »Erst seit ein paar Monaten. Und du?«
Wieder entstand eine lange Pause, in der ihr die Augen halb zufielen. »Ich hab ungefähr vor einem Jahr angefangen. Adam hatte gerade mit seiner Hackerei irgendein Riesending gedreht und war dabei erwischt worden. Er hat einen totalen Panikanfall bekommen und mir davon erzählt, weil er nicht mehr wusste, was er machen sollte. Und anstatt ihn ins Gefängnis zu stecken, hat die CIA ihn dann angeworben.«
»Ja, ich hab gehört, dass sie so was tun.«
»Er brauchte nur eine Grundausbildung und irgendwelchen Computerkram zu machen. Nichts von dem, was ich jetzt tue. Dann sollte er seine erste Mission erfüllen. Das war eigentlich ganz leicht, was für Anfänger eben. Er sollte einen Arzthelfer dazu bringen, ihm Krankenakten auszuhändigen. Er hat mich mitgenommen, und als er dann einen totalen Blackout hatte, bin ich ihm zur Seite gesprungen und hab den Auftrag für ihn zu Ende geführt. Aber natürlich –«
»Hatten sie euch überwacht«, tippte ich.
Sie nickte und sprach dann mit bebender Stimme weiter: »Ich hab damals nicht im Traum über so was nachgedacht und war völlig ahnungslos, als ein paar Tage später plötzlich ein Mann in unserer Küche stand und meiner Mutter was von einem ganz speziellen Begabtenförderungsprogramm erzählte, in das er mich aufnehmen wolle. Was natürlich Blödsinn war; das hab ich sofort geschnallt. Am Anfang fand ich die Ausbildung und die Aufträge, die wir bekamen, ganz toll, und für Agent Collins zu arbeiten war auch total cool.« Sie holte zitternd Luft.
»Adam wusste, dass Tempest nicht für die Bösen
Weitere Kostenlose Bücher