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Feinde kann man sich nicht aussuchen

Feinde kann man sich nicht aussuchen

Titel: Feinde kann man sich nicht aussuchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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zu zahlen, weiter nichts. Ich bin froh, daß sie wegziehen.«
    »Wegziehen? Wann?«
    »Kann sein, daß sie schon weg sind. Ein
Mann, der sie manchmal besucht, war gestern mit einem Laster da und hat das
meiste Zeug schon weggebracht.« Sie sah zu dem blauen Häuschen hinüber.
»Vielleicht haben sie ja beschlossen, das Bus-Wrack da dem Vermieter
aufzuhalsen. Aber die Glasbilder hängen noch im Fenster, also kommen sie wohl
doch noch mal, um die letzte Fuhre zu holen.«
    »Um welche Zeit war der Mann mit dem
Laster gestern hier?«
    »Mittags? Ja, ›All My Children‹ hatte gerade angefangen.«
    »Haben Sie mit ihm gesprochen? Ihn
gefragt, wo die Blessings hinziehen?«
    »Interessiert mich nicht. Seit ich hier
wohne, wünsche ich mir schon, daß sie verschwinden.«
    Ich nahm eine Karte mit den Nummern des
Büro- und des Autotelefons heraus und schrieb meine Privatnummer noch dazu.
»Würden Sie mich anrufen, wenn sie noch mal wiederkommen?«
    »Klar.« Sie nahm die Karte, betastete
den Prägedruck. »Soll ich für Sie rausfinden, wo sie hingezogen sind? Ich
könnte die Leute von da drüben fragen, wenn sie heute abend von der Arbeit
kommen. Ich glaube, sie sind die einzigen hier in der Straße, die näher mit den
Blessings zu tun hatten.«
    »Das wäre sehr freundlich. Ich zahle
auch —«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, ist mir
ein Vergnügen. Privatdetektive finde ich irgendwie faszinierend. In ›All My
Children‹ kommt doch dieser eine Typ vor — Tad? Er war früher mal Detektiv,
aber dann litt er an Gedächtnisschwund, nachdem er von der Brücke gefallen war,
und zwei Jahre später kam er wieder und hielt sich für jemand anderen. Diese
neuen Privatdetektive, Charlie und Hayley, sind ja okay, aber Tad war einfach
—« Sie schlug sich die Hand vor den Mund. »Oh, tut mir leid! Mein Mann kann es
nicht ausstehen, wenn ich so rede.«
    Ich lächelte. »Mir macht es nichts aus.
Apropos Tad — es ist schon zwölf. Ich möchte nicht, daß Sie Ihre Sendung verpassen.«
    Ich hatte gerade den Abzweig zum
Skyline Drive stadteinwärts passiert, als das Autotelefon summte. Ich nahm ab
und hörte Suits’ erregte Stimme. »Verdammt, Sherry-O, ich versuche schon seit
einer Stunde, dich zu erreichen!«
    »Ich heiße Sharon, und ich war nicht im
Wagen, sondern in deinen Angelegenheiten tätig.«
    Suits ignorierte diese Bemerkung. »Ich
brauche dich — sofort.«
    Ich seufzte. »Wo bist du?«
    »In meinem Büro in Oakland.«
    »Ich kann in fünfundvierzig Minuten
dasein.«
    »Nein, fahr zum Bay Vista. Der zweite
Schlüssel, den ich dir gegeben habe, ist für den Fahrstuhl zum Dach. Ich
schicke Josh mit dem Vogel rüber.«
    »Suits, ich würde lieber —«
    »Josh erwartet dich. Bitte, beeil dich.
Diese verdammten Schlächter wollen mich niedermachen.« Er unterbrach die
Verbindung. Ich legte nicht sonderlich sanft auf. Schlächter — Herrgott, er
konnte ganz schön dramatisch sein! Aber vielleicht brachte diese neue Krise den
Fall ja weiter...
    Ich fuhr zum Bay Vista.
     
    »Stellen Sie das Ding ab und kommen Sie
raus, damit ich mit Ihnen reden kann!« brüllte ich zu Josh Haddon hinüber.
    Er runzelte die Stirn und zeigte auf
sein Ohr.
    Ich duckte mich unter dem Rotor weg und
brüllte wieder. Er nickte und stellte den Motor ab. Der Rotor trudelte aus.
    Ich ging ein Stück weg und hockte mich
auf die Brüstung, neun Stockwerke über dem Graben, wo sich Arbeiter und
Maschinen abplagten. Josh kam herüber, lehnte sich neben mir an die Mauer, nahm
eine Zigarette heraus und zündete sie hinter vorgehaltener Hand an. »T. J. wird
toben, wenn wir nicht postwendend wiederkommen«, sagte er.
    »Tut mir leid für ihn, aber ich muß Sie
ein paar Sachen fragen.«
    Er sah mich an, feine Falten in den
Augenwinkeln. »Sie lassen sich von ihm nichts bieten.«
    »Nein. Sie?«
    Er zuckte die Achseln. »Der Mann hat
einen Haufen Macht.« Er hielt inne, um an seiner Zigarette zu ziehen, und fuhr
dann fort: »Aber beim Fliegen kann ich ihn einfach ausblenden.«
    »Fliegen Sie schon lange für ihn?«
    »Dreizehn Jahre. Hat sich viel geändert
in der Zeit. Am Anfang hatten wir nichts als meine kleine geflickte Cessna.«
Sein Mund verhärtete sich — mit etwas Unangenehmem behaftet, diese Erinnerung.
    »Dann waren Sie also bei all seinen
Sanierungs-Jobs dabei?«
    »Ich kannte ihn schon, bevor er mit dem
ersten anfing. Ich flog damals für die... Firma.«
    »Welche Firma?«
    Sein Mund verzog sich langsam zu einem
Grinsen. »Genau gesagt, war es

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