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Feine Familie

Feine Familie

Titel: Feine Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Geschworenen ungerührt lassen konnte, eine exzellente Kronzeugin abgeben würde.
    »Wenn Sie jetzt noch hier unterschreiben wollen«, sagte er, während er ihr den Text ihrer Aussage vorlegte, »dann denke ich doch, daß Sie bald wieder nach Hause gehen können.« Rosie unterschrieb und kehrte in ihre Zelle zurück. Jetzt wußte sie, warum Willy ermordet worden war. Weil der Professor sie liebte. Sie fragte sich nur, warum sie nicht schon früher darauf gekommen war. Jetzt hatte sie genug Zeit, um darüber nachzudenken. Wenigstens lenkte sie das von ihrem armen Willy etwas ab.

Kapitel 20
    »Also«, sagte Inspektor Garnet brüsk, als er Yapp gegenüber Platz nahm, »jetzt gibt es zwei Möglichkeiten, die Sache anzugehen. Wir können es kurz und angenehm machen oder lang und unangenehm. Entscheiden Sie, welches Vorgehen Sie bevorzugen.«
    Yapp betrachtete ihn haßerfüllt. Seine Einschätzung der Polizei als Prätorianergarde der Besitzenden, Privilegierten und saturierten Reichen war durch die Behandlung seit seiner Verhaftung nicht im mindesten ins Wanken geraten. Er war von Kloone abtransportiert worden, ohne daß man ihm erlaubte, seinen Anwalt zu verständigen, dann hatte er drei höchst unerquickliche Stunden in seinen nassen Klamotten im Fond des Streifenwagens verbracht, und jetzt sah er sich mit einem Inspektor konfrontiert, dessen schmales, gepflegtes Lippenbärtchen ihm ein besonderer Dorn im Auge war. »Nun, wie haben Sie sich entschieden?« fuhr ihn der Inspektor an. Yapps Entscheidung war längst gefallen. Zwischen wiederholten Anfällen von Schüttelfrost, die ihn auf der Herfahrt gebeutelt hatten, war er zu der Einsicht gelangt, daß seine einzige Hoffnung darin bestand, sich betont kooperativ zu verhalten und die Wahrheit zu sagen. Wenn die Polizisten auch nur halbwegs intelligent waren, mußte ihnen bald klar sein, daß er erstens absolut kein Motiv für einen Mord an Willy hatte, daß er zweitens ziemlich einflußreiche Leute kannte – zwar nicht bei Gericht, aber zumindest im Parlament und in der Labour Party, und daß es drittens schlicht und einfach absurd war anzunehmen, daß er die Veranlagung zum Mörder in sich trug. Die Wahrheit, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit würde seine Unschuld an den Tag bringen. »Wenn Sie mit dieser Frage meinen, ob ich bereit bin, Ihre Fragen zu beantworten und ein volles Geständnis abzulegendann lautet meine Antwort: Ja, ich bin bereit.« Das Schnurrbärtchen zuckte angenehm überrascht. »Hervorragend«, kam es aus dem darunterliegenden Mund. »Das erspart uns allen eine Menge Zeit und Ärger. Ich gehe davon aus, daß Sie ausreichend instruiert worden sind und wissen, daß Sie nichts zusagen brauchen. Sergeant, lesen Sie dem Gefangenen dieses Gewäsch von wegen Recht auf Verweigerung der Aussage vor.«
    Während der Sergeant die Rechtsbelehrung vorlas, betrachtete der Inspektor Yapp mit unverhohlenem Interesse. Der Mann war verrückt, klarer Fall, aber es war eine hübsche Abwechslung, einen weithin bekannten geisteskranken Professor in die Zange zu nehmen. Nachdem der Inspektor mehrere von Yapps Fernsehproduktionen über die grausamen Lebensbedingungen im neunzehnten Jahrhundert gesehen hatte, freute er sich regelrecht auf dieses Verhör. Es würde eine Art Wettbewerb zwischen kriminellen Superhirnen werden, und wenn es ihm gelang, Yapp zu überfuhren, würden sich damit seine Chancen auf Beförderung erheblich vergrößern.
    »Also gut, bringen wir das Unangenehmste zuerst hinter uns«, sagte er. »Wann genau haben Sie beschlossen, den Verblichenen zu ermorden?«
    Yapp richtete sich zu voller Größe auf. »Gar nie«, entgegnete er. »Zum einen habe ich ihn nicht ermordet, und zum zweiten weist Ihre diesbezügliche Annahme ein Ausmaß an Voreingenommenheit auf, das ...«
    »Gefangener leugnet, Opfer ermordet zu haben«, diktierte der Inspektor dem Stenographen. »Wirft Polizei Voreingenommenheit vor.« Er beugte sich über den Tisch und schob sein Schnurrbärtchen unangenehm nahe an Yapps Gesicht heran. »Wann haben Sie die Leiche des Ermordeten in den Kofferraum Ihres Wagens gelegt?«
    »Gar nicht«, sagte Yapp. »Ich habe sie dort gefunden.«
    »Dort gefunden? Soso.«
    »Ja. Im fortgeschrittenen Stadium der Verwesung.«
    »Interessant. Hochinteressant. Sie haben also den bereits verwesenden Leichnam eines ermordeten Zwerges im Kofferraum Ihres Wagens entdeckt und fanden es nicht der Mühe wert, ihn zur Polizei zu bringen. Sehe ich das

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