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Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1

Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1

Titel: Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Silberfalke
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wollen, als tränke ich mehr, als tatsächlich der Fall
ist?«
»Mach es dir zur Gewohnheit. Männer, die getrunken haben, benehmen sich häufig dumm. Und manchmal kann es
klug sein, einen dummen Eindruck zu erwecken.« Caleb stand
auf. »Ich gehe mich jetzt waschen.«
Talon nickte und lehnte sich zurück. Caleb verließ die
Schankstube durch eine Tür neben der Theke, von der Talon
annahm, dass sie zur Küche führte. Wie die meisten von seinem Volk war er außer in den kältesten Monaten in Flüssen
und Seen geschwommen. Er hatte sich im Schwitzhaus seines
Dorfes gesäubert, hatte dort bei den anderen Männern und
Frauen gesessen, während sie sich mit sanft gebogenen Stöcken den Dreck von der Haut schabten und sich dann mit einem Eimer lauwarmen Wassers abspülten, das nahe den Heizsteinen stand. Seife und Wasser zu benutzen – und auch noch
kaltes Wasser – war Talon seltsam vorgekommen, aber inzwischen hatte er sich daran gewöhnt. Er hatte bemerkt, dass viele Leute, selbst Adlige, badeten oder sich Hände und Gesicht
wuschen, wie es ihnen gerade passte, aber die Leute in
Kendricks Gasthaus verbrachten relativ viel Zeit damit. Talon
hatte Lela danach gefragt, und sie hatte gesagt, diese Gewohnheit hätte schon bestanden, als sie eingetroffen war, und
sie hatte nichts dagegen gehabt.
Der Gedanke an Lela bewirkte, dass sich Talons Magen
zusammenzog. Sie fehlte ihm, trotz der Aufregung der Reise.
Er war nie zuvor mit einer Frau zusammen gewesen; es war
Brauch bei seinem Volk, bis zur Hochzeitsnacht unberührt zu
bleiben. Dieser Brauch wurde nicht immer eingehalten, besonders nicht von denen, die in dem Jahr, in dem sie zum
Mann oder zur Frau wurden, keinen Gefährten fanden, aber es
war eine Tradition, der die meisten Orosini folgten. Talon
dachte manchmal noch an Teal Eye und die anderen Mädchen
in seinem Dorf; er fragte sich, ob sie die Liebe ebenso freudig
genossen hätten wie Lela, die häufig lachte und ebenso spielerisch wie leidenschaftlich sein konnte. Er schob die Gedanken
an sein Dorf und die Mädchen, mit denen er aufgewachsen
war, wieder beiseite, denn das war immer noch ein schmerzliches Thema; Robert hatte ihn gelehrt, seine Gedanken auf die
Gegenwart oder die nahe Zukunft zu konzentrieren: »In der
Vergangenheit zu verweilen bedeutet, im Bedauern zu leben.«
Talon begann, seine Umgebung genauer zu betrachten, wie
er es sich zur Gewohnheit gemacht hatte. Es gab etwa ein
Dutzend Tische, also hatten ungefähr fünfzig Gäste bequem
Platz, oder auch mehr, wenn es sie nicht störte, an der Theke
zu stehen. Talon erinnerte sich an das Äußere des Hauses,
verglich es mit Kendricks Gasthaus und nahm an, dass es
oben noch sechs oder acht Zimmer geben musste. Wie in vielen Gasthäusern der Gegend schliefen wahrscheinlich einige
Gäste für ein paar Kupferstücke auch hier in der Schankstube
unter den Tischen. Der Boden war vielleicht unbequem, aber
mit einem dicken Umhang, auf den man sich legen konnte,
war es eindeutig besser, als im Freien zu übernachten. Das
zugedeckte Feuer im Kamin würde die ganze Nacht schwelen,
und beim Aufwachen stand eine warme Mahlzeit bereit.
Nach einem Augenblick stillen Nachdenkens sah Talon,
wie die Vordertür aufging und ein halbes Dutzend kräftiger
Männer hereinkam. Sie waren alle staubig und trugen Kleidung aus grob gewebtem Tuch. Aus ihren schweren Stiefeln
mit doppelt verstärkten Kappen und ihrem gleichmäßig massiven Körperbau schloss Talon, dass es sich tun Lastenträger
handelte, die die Kaufmannswagen abluden und Kisten in
Läden und Lagerhäuser trugen. Sie gingen direkt zur Theke
und einer rief: »Angelica! Ella! Ist jemand hier? Wir sind am
Verdursten!«
Die anderen Männer lachten leise, aber sie warteten alle
ruhig, bis Angelica aus der Küchentür kam. Sie grüßte sie mit
Namen und zapfte ihre Getränke, ohne zu fragen, was sie
wollten – offensichtlich handelte es sich um Stammgäste.
Im Lauf der nächsten Minuten betrat noch ein weiteres
Dutzend Männer das Gasthaus, alles Arbeiter, entweder Lastenträger wie die erste Gruppe oder Fuhrleute.
Caleb kam zurück und setzte sich. »Was hast du herausgefunden?«
Talon warf ihm einen verdutzten Blick zu. Einen Moment
verstand er die Frage nicht, denn schließlich hatte er doch
ganz allein dagesessen, aber dann wurde ihm klar, dass Caleb
wissen wollte, was er aus seinen Beobachtungen geschlossen
hatte. Also begann er mit seinen Vermutungen, was die Größe

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