Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 4
hundert solcher
Banden, alle mit entsprechend blumigen Namen: die Süßen Hunde, die Karawanenjäger und viele andere. Ein
Dieb kann in seinem Viertel ungestört arbeiten, aber falls
er in einem anderen erwischt wird, wird sehr grob mit
ihm umgegangen; so regeln wir die Dinge hier in Kesh.
Unter der Erde sind die Abflusskanäle ebenfalls in Bezirke eingeteilt, und sie sind das Zuhause jener, die von der
überirdischen Bande geduldet werden. Der Rest ist Niemandsland, in dem sich jeder bewegen kann, aber auf
eigene Gefahr. Es gibt keine bestimmten Regeln, aber es
gibt Bräuche und Gewohnheiten.«
»Und Ihr?«, fragte Tal.
»Mein Platz in all dem ist nicht besonders wichtig; ich
verhandle und schlichte. Ich bin so etwas wie ein Richter
bei den Lumpenbrüdern, und daher nennen sie mich auch
so. Wenn es zu einem Konflikt kommt, ruft man mich,
um als Schiedsrichter zu fungieren. Ich leiste auch gewisse Dienste und … liefere Informationen.«
»Für einen Preis«, sagte Caleb.
Der Mann lächelte und zeigte zwei Reihen von Goldzähnen. »Offensichtlich. Ich werde alt und muss an meine Zukunft denken. Ich habe einen kleinen Bauernhof auf
der anderen Seite des Overnsees. Eines Tages werde ich
mich dorthin zurückziehen und zusehen, wie meine Diener den Boden bebauen. Aber ich habe es nicht eilig; ich
kann Landwirtschaft nicht ausstehen. Nun, Ihr möchtet
also wissen, wo sich das Hauptquartier der Nachtgreifer
befindet. Das wird Euch viel Gold kosten.«
»Wie viel?«, fragte Caleb.
»Viel.«
»Und wie viel ist viel?«
»Tatsächlich ziemlich viel«, erwiderte der Mann. »Ich
werde viele verängstigte Diebe bestechen müssen. Je
mehr Angst sie haben, desto höher ist ihr Preis, und es
gibt nicht viel in dieser Stadt, was ihnen mehr Angst
macht als die Nachtgreifer. Es gibt mehrere Bereiche der
Stadt, und das betrifft auch die Abflusskanäle darunter, in
die sich kluge Diebe nicht wagen. Jene, die es tun, neigen
dazu zu verschwinden. Es gibt die üblichen Geschichten
von Ungeheuern, kaiserlichen Diebesfängern und abtrünnigen Banden. Aber einer dieser Bereiche wird sich als
der Ort erweisen, in dem Eure schwarz gefiederten
Freunde ihr Nest gebaut haben.«
»Und könnt Ihr herausfinden, welcher?«, fragte Tal.
Der fette Mann nickte. »Es gibt Gerüchte über Magie
und böse Geister. Diebe gehören zwar zu den abergläubischsten Narren in ganz Kesh, aber ich würde diese Gerüchte nicht einfach abtun. Wenn sie der Wahrheit entsprechen, dann wird es selbst für die tückischsten unter
den Lumpenbrüdern schwierig sein, sich diesem Bereich
zu nähern. Es gibt keinen einfachen Weg vorbei an einem
Schutzzauber, der einen umbringt, wenn man ihn auch
nur ansieht. Also kann ich nichts garantieren. Und nun
zum Geschäft. Ich werde am Anfang dreihundert Goldmünzen brauchen, für Bestechungen und Belohnungen,
und als meine Gebühr verlange ich weitere hundert. Sobald wir die gesuchten Informationen haben, will ich
zehn Goldmünzen Blutgeld für die Banden, für jeden
Mann, der bei der Suche getötet wurde, und weitere
fünfhundert für mich.«
»In Ordnung«, erwiderte Caleb und stand auf.
»Ah«, sagte der dicke Mann und lachte. »Ich wusste,
ich hätte noch mehr verlangen sollen. Aber was geschehen ist, ist geschehen.«
Die anderen standen ebenfalls auf, und Tal fragte:
»Wo werden wir Euch finden?«
»Ich werde Euch finden, Tal Hawkins. Kaspar wohnt
im Palast, und das ist ein sehr schwierig zu erreichender
Ort, und Caleb muss sich gut verstecken, denn sie jagen
ihn. Aber obwohl da noch die Frage eines Angriffs auf
einen ausländischen Adligen in der Herrin des Glücks zu
klären wäre, denke ich, Ihr werdet Euch zumindest ein
paar Tage in der Stadt bewegen können, ohne dass Ihr
um Euer Leben fürchten müsst.«
»Warum sagt Ihr das?«, fragte Tal. »Sie hatten in der
Herrin des Glücks keine Angst davor, mich anzugreifen.«
»Wenn die Nachtgreifer Euch umbringen wollten,
junger Herr, dann wärt Ihr jetzt tot. Eure Kunstfertigkeit
mit dem Schwert ist berühmt, also hätte man einen tödlichen Wurfpfeil oder einen Tropfen Gift in Eurem Getränk benutzt, und es wäre niemandem aufgefallen. Nein,
sie wollten Euch lebendig haben, um Euch verhören zu
können. Zweifellos auf die gleiche Weise, die Ihr jetzt
bei Eurem Gefangenen anwendet.«
»Ihr wisst davon?«
»Es ist mein Geschäft, Dinge zu wissen«, sagte der
dicke Mann und stand auf. »Macht Euch keine Sorgen.
Die Nachtgreifer sind eine Gefahr,
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