Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 4
könnt den Wagen gern
durchsuchen, aber lasst mich und die Jungen gehen.«
»Du hast etwas an dir, das mir nicht gefällt«, sagte der
Bandit und zog sein Schwert. »Du bist ebenso wenig
Fuhrmann wie ich. Vielleicht ein Söldner. Und niemand
stellt einen Söldner ein, um einen Wagen zu fahren,
wenn es nicht etwas gibt, das es wert wäre, dafür zu töten.« Er sah die kleine Truhe unter dem Kutschbock.
»Vielleicht hast du etwas Wertvolles in dieser Truhe.« Er
lachte und schaute erst nach links, dann nach rechts, wo
seine Kumpane standen. »Außerdem bin ich sicher, dass
du uns in allen Einzelheiten den Wachtmeistern beschreiben würdest. Das würde es uns schwer machen,
unsere Beute auszugeben.« Er hob sein Schwert und sagte: »Erledigt sie.«
Caleb rief: »Lauft!«, und griff nach seinem Schwert.
Er sprang nach rechts, brachte den Wagen damit zwischen sich und drei der Männer und fuhr zu den beiden
anderen herum.
Ohne zu zögern sprangen Tad und Zane vom Wagen,
stolperten bei der Landung und gewannen nur mühsam
das Gleichgewicht wieder, dann rannten sie hügelabwärts
und wichen dabei so gut wie möglich Steinen und Bäumen aus.
Hinter ihnen erklangen Kampfgeräusche, und in größerer Nähe waren Stiefelschritte zu hören, als mindestens
einer der Banditen sie verfolgte. Tad und Zane verfügten
beide über die verwegene Überzeugung von Jungen in
diesem Alter, dass sie schon irgendwie unbeschadet
durch diesen abschüssigen, dunkler werdenden Irrgarten
aus Bäumen und Unterholz kommen würden. Dennoch
hätte Zane beinahe erneut das Gleichgewicht verloren,
als er einen Blick zurückwarf und zwei Verfolger entdeckte.
Sie brachen beide durch dichtes Unterholz und kamen
dann zu einem lang gezogenen Steinsims mit einem
Wildpfad, der sich an der Seite des Hügels entlangzog.
Sie eilten ein paar Schritte den Pfad entlang, dann fanden
sie ein Rinnsal, das hügelabwärts verlief. Sie erinnerten
sich an Calebs Anweisung, dass sie zum Bach gehen sollten, und fingen an, den Hang hinunterzurennen in der
Hoffnung, dass die Bäume sie lange genug verbargen,
um ihren Verfolgern zu entkommen.
Tad packte Zanes Arm und zeigte nach rechts. Zane
zögerte nicht, und beide eilten durch das Bett eines weiteren dünnen Wasserlaufs.
Es wurde schnell dunkler, und sie wären beinahe von
einem Sims gefallen und vermieden nur knapp einen unangenehmen Sturz, indem sie sich an einem Baumstamm
festhielten. Tad deutete die Richtung an, und Zane folgte,
als sie am Rand eines tieferen Kanals entlangrannten, der
sich schräg zum Talboden nach unten zog.
Das dichte Unterholz hielt die Jungen auf. Sie konnten
hören, wie ihre Verfolger hinter ihnen lauter wurden.
Zane blieb vor einem Baum stehen und schaute nach
oben. Er bildete mit den Händen einen Steigbügel und
bedeutete Tad hinaufzusteigen. Tad trat auf die Hände
seines Freundes und ließ sich zu einem Ast vier Fuß über
ihren Köpfen heben. Zane sah sich um und entdeckte
einen abgebrochenen Ast, etwa so dick wie sein Unterarm, der als Keule dienen konnte, hob ihn auf und warf
ihn Tad zu.
Tad fing die improvisierte Waffe geschickt mit einer
Hand auf, dann streckte er den anderen Arm nach unten.
Zane sprang, packte den Unterarm seines Bruders und
kletterte zu ihm auf den schweren Ast. Beide versuchten,
ihren Atem zu beruhigen und nicht mehr so laut zu keuchen. Sie streckten sich aus und legten sich auf die Seite,
damit ihre Füße nicht nach unten hingen.
Einen Augenblick später kamen zwei Männer in Sicht,
die schnell den Hügel hinunterliefen. Sie blieben direkt
unter den beiden Jungen stehen. »Verdammt«, sagte der
erste Bandit, ein großer, hagerer Mann mit schmutzigblondem Haar, das ihm strähnig bis auf den Kragen hing.
»Wo sind sie hin?«
»Ich wette, sie haben sich versteckt«, sagte der andere,
der breitschultrig war und einen dichten schwarzen Bart
hatte. »In diesem verdammten Unterholz lassen sich
kaum Spuren erkennen. Geh du dort entlang« – er zeigte
auf einen Pfad am Rand des Bachbetts, das durch das Tal
verlief –, »und ich arbeite mich wieder nach oben. Ich
werde sie auf dich zutreiben.«
Die Männer gingen weiter, und die Jungen warteten.
Tad legte den Finger an die Lippen. Diese Vorsicht erwies sich als klug, denn ein paar Minuten später kam der
große blonde Bandit wieder den Pfad entlang. Zane nahm
Tad leise die Keule ab und wartete, während der Mann
durch den schnell dunkler werdenden Wald stapfte und
nicht einmal versuchte
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