Feist, Raymond - Die Erben von Midkemia
Gottesmörder?«
»Vielleicht, vielleicht auch nicht«, antwortete der kleine Spieler, als Magnus sich und seine beiden Begleiter wieder höher hob. »Aber er hat eine Rolle bei diesem Unternehmen. Wenn ich sicher bin, dass es in Ordnung ist, ihn allein zu lassen, gibt es ein paar Orte, die ich besuchen muss.« »Wo?«, fragte Pug.
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»Es gibt überall in diesem Tempel Räume, viele voller Schriftrollen und anderer Dinge, die sich niemand mehr ansieht. Das hier war einmal ein großes Volk, Pug. Sogar großartig, und ich denke, es waren tatsächlich die Dasati, die diese erstaunlichen Gebäude errichtet haben. Das bedeutet, dass sie wie die Ipiliac waren. Viel von der kreativen Größe der Ipiliac ging wegen der Notwendigkeit verloren, zwischen den Ebenen zu überleben. Hier wendeten die Dasati all ihre Energien dem Bauen zu, dem Schöpfen, dem Erforschen. Sie müssen große Gelehrte gehabt haben, Dichter, Künstler, Musiker, Heiler und Ingenieure. Sie müssen selbst beinahe Götter gewesen sein, als dieses Entsetzen sie überfiel.«
»Es gibt so viel, was wir nie erfahren werden«, sagte Pug. »Wie ein Geschöpf der Leere dazu kam, im Herzen dieser Welt zu leben …«
»Beeil dich lieber, Magnus«, sagte Nakor. »Die Zeit vergeht rasch.«
Magnus flog sie nun schneller als auf ihrem Weg hierher, also erreichten sie rasch das obere Ende der gewaltigen Grube. Als sie wieder zu dem Tunnel herabstiegen, der zu der Lore führte, sagte Nakor: »Was immer Beks Rolle sein mag, ich glaube, er muss versuchen, den Schreckenslord umzubringen.«
»Aber du sagtest, du wüsstest nicht, ob er der Gottesmörder ist«, entgegnete Magnus.
»Ja, vielleicht ist er es auch nicht, aber er muss es versuchen.«
»Woher weißt du das, Nakor?«, fragte Pug.
Der kleine Spieler trat aus der Unsichtbarkeit. »Ich weiß nicht, woher ich es weiß, Pug. Ich weiß vieles, von dem ich nicht weiß, woher ich es weiß. Ich tue es einfach. Und jetzt sollten wir uns lieber beeilen.«
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Auch Pug und Magnus wurden sichtbar, und Nakor lief den Tunnel entlang auf die Lore zu. Vater und Sohn wechselten einen fragenden Blick. Beide wussten, dass Pug die Unsichtbarkeit nicht von Nakor genommen hatte. Nakor hatte es selbst getan.
Pug eilte hinter dem seltsamen kleinen Mann her und fragte sich, ob er je die Wahrheit über ihn erfahren würde.
Sechzehn
Sonnenelfen
Miranda schrie verärgert auf.
Unfähig, ihre Frustration zu verbergen, warf sie die Nachricht quer durchs Zimmer. Sie fluchte, dann sagte sie: »Der König will mich nicht sehen.«
»Das ist verständlich, Mutter«, erwiderte Caleb. »Vater hat schon seit vielen Jahren kein besonders gutes Verhältnis zur Krone der Inseln. Tatsächlich versteht er sich mit überhaupt keinen Adligen mit Ausnahme von denen, die für das Konklave arbeiten.«
»Ich bin deine Mutter! Ich erwarte nicht, dass du vernünftig bist. Ich erwarte, dass du mir zustimmst.«
Caleb blieb einen Moment reglos, dann fing er an zu lachen. »Ich verstehe. Tut mir leid.«
»Ich verliere noch den Verstand«, sagte Miranda und fing an, im Arbeitszimmer ihres Mannes auf und ab zu gehen. »Ich fürchte, ich werde deinen Vater nie wiedersehen, trotz seiner Versicherungen, dass er zurückkehren wird. Ich fürchte um Magnus und sogar um Nakor.« Leise fügte sie hinzu: »Ich weiß nicht, was ich als Nächstes tun soll, Caleb.«
Caleb hatte seine Mutter nie so verzweifelt gesehen. Sie 199
klang sogar hilflos, als sie ihre Unsicherheit zugab. Seine Mutter war vieles, aber noch nie im Leben hilflos gewesen! Es musste einen Grund für diesen Mangel an Entschlossenheit geben. »Was ist denn?«
Sie setzte sich auf den Stuhl ihres Mannes. »Ich frage mich, was dein Vater in dieser Situation tun würde. Würde er einfach im Gemach des Königs erscheinen und ihm drohen?«
»Kaum«, erwiderte Caleb. Dann fügte er mit einem Lächeln hinzu: »Das ist etwas, das du vielleicht tun würdest, aber nicht Vater.«
Sie sah ihn einen Moment wütend an, dann musste sie lächeln. »Ja, du hast recht.«
»Ich denke, er würde die einflussreichsten Adligen aufsuchen, die uns am freundlichsten gesinnt sind und mit ihnen sprechen.«
»Das wäre entweder Lord James oder Lord Erik.«
»James ist ein entfernter Vetter«, sagte Caleb. »Das könnte einiges Gewicht haben, wenn du ihn überreden willst, beim König für dich zu sprechen. Erik andererseits ist ein alter Kamerad von Nakor, und er hat aus erster Hand gesehen, was Feinde wie die Dasati
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