Feist, Raymond - Die Erben von Midkemia
in jeder Stadt und jedem Dorf auf den Straßen sein. Alle können getötet werden. Horden von Banditen werden durchs Land streifen. Alle, die die Mittel dazu haben, werden sich verkriechen und jede Tür und jedes Fenster verbarrikadieren. Wir andererseits werden unterwegs sein und versuchen, einen idyllischen Hain im südlichen Teil der Stadt zu erreichen, und es wird uns den größten Teil der Nacht und des morgigen Tages kosten, dorthin zu gelangen.« Er sah von einem zum anderen. »Ich fürchte nicht wirklich um unsere Sicherheit. Jeder von uns sollte imstande sein, uns vor denen zu verteidigen, denen wir unterwegs begegnen.«
»Aber du fürchtest, entdeckt zu werden«, sagte Nakor.
»Ja«, erwiderte Macros. »Denn wenn jene, die wissen, wer ich bin, von eurer Existenz hören, oder jemand erraten sollte, wer ihr seid, wird das gesamte Gewicht des Kaiserreichs, jedes Mittel, das dem TeKarana und dem Dunklen Gott zur Verfügung steht, dazu verwendet werden, uns zu verfolgen und zu töten.«
»Dann lasst uns gehen«, sagte Pug.
Macros lächelte. »Ja, lasst uns gehen. Und wenn ihr nach allem, was ihr gesehen habt, noch ein Gebet übrig habt, wäre jetzt der Zeitpunkt, es zu sprechen.«
Vier
Kaiserreich
Miranda sah trotzig aus.
Zwei Mitglieder der Versammlung - Alenca und ein Magier namens Delkama -
hatten gerade eine Kugel der Illusion heraufbeschworen, eine durchscheinende Blase, die von Schichten von Energie, die sich über ihre Oberfläche bogen, in allen Farben leuchtete und zischelnde Flecken von hellem goldenem Licht und strahlendem Stahlblau aufwies. Sie hatte sich langsam ausgedehnt und bewirkt, dass mehr als nur einer der für gewöhnlich kaum zu beeindruckenden Tsurani-Adligen sichtlich zusammenzuckte. Es war ein Schutzzauber, der dafür sorgen sollte, dass kein feindlicher Magier belauschen konnte, was nun geschehen würde. Und mehr noch, sollte jemand versuchen, das Geschehen zu verfolgen, würde er nur drei Magier sehen, die mit dem Kaiser über Dinge diskutierten, die nichts mit dem zu tun hatten, was wirklich besprochen wurde. Diese ausgefeilte Scharade sollte verhindern, dass Leso Varen etwas erfuhr, falls er in der Nähe war und seine beträchtliche Kraft einsetzte, um den Rat zu belauschen.
Die anderen Angehörigen der Versammlung der Magier, die Miranda begleiteten, wirkten erschrocken. Obwohl sie zu den ranghöchsten Persönlichkeiten im Reich gehörten, waren sie durch die Tradition verpflichtet, dem Kaiser einen Respekt zu zeigen, der an Ehrfurcht grenzte. Aber Miranda stand beinahe lässig vor dem Licht des Himmels, den Blick auf den jungen Mann gerichtet, und ihre Miene war eine der Erwartung.
Sie hatte gerade das Oberhaupt des Kaiserreichs von Tsuranuanni unterrichtet
- nein, sie hatte ihm befohlen -, dass er nichts sagen sollte, ehe die Schutzmaßnahmen wirksam wurden.
Selten in der Geschichte des Kaiserreichs hatte ein Ausländer vor dem Kaiser gestanden. Die Kammer des Kaiserlichen Hohen Rats war sakrosankt, wie das gesamte Kentosani, die Heilige Stadt, und die wenigen Ausländer, die jemals hier gestanden hatten, waren entweder Botschafter oder gefangene Anführer gewesen. Selbst dann war eine persönliche Anwesenheit des Kaisers selten, denn er war die göttliche Präsenz, die Verkörperung himmlischer Großzügigkeit und ein Geschenk an das Volk der Tsurani. Aber die Botschaft der Versammlung an den kaiserlichen Thron war so schrecklich gewesen, dass Sezu, Erster dieses Namens, Herrscher der Nationen von Tsuranuanni, es auf sich genommen hatte, die Versammelten mit seiner Anwesenheit zu beglücken und sich persönlich die Warnung dieser fremden Frau anzuhören.
Die riesige Halle des Hohen Rats war brechend voll, da jeder Adlige von Rang
- jeder Mann und die wenigen Frauen, die über die hundert Häuser von Rang im Reich herrschten - sich Mirandas Warnung anhören musste. Das führte zu einem Aufruhr von Farben, denn alle trugen Gewänder in den Farben ihres Hauses - hier eines in Gelb mit leuchtend roten Besätzen, da eines in Schwarz mit Hellblau -, verziert mit Perlen und geflochtenen Schnüren, kostbaren Steinen und Schnallen aus Edelmetall. Sie waren entsprechend der Tsurani-Tradition in Gruppen aufgereiht, die für Clans standen, aber viele, die nun still dasaßen und auf eine Antwort des Kaisers warteten, warfen einen verstohlenen Blick zu Verbündeten in anderen Teilen der Halle, zu Mitgliedern ihrer eigenen politischen Parteien. Tsurani-Politik war nicht nur
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