Feist, Raymond - Die Erben von Midkemia
konnte. Nun stand diese kostbare Seide in Flammen, als hätte ein verirrter Blitz magischer Energie sie entzündet.
Miranda brauchte nur einen Augenblick, um die Situation zu erfassen. Zwei Dasati-Todespriester lagen tot neben einem Brunnen. Die zahlreichen Leichen, die sie umgaben, legten nahe, dass sie ohne weiter über ihre Situation nachzudenken ihre Todeszauber in alle Richtungen entladen hatten, auf jeden Menschen in der Nähe. Der Tsurani-Magier, der beim Kaiser gewesen war, hatte sofort mit einem Feuerball reagiert, wahrscheinlich um den Rückzug des Kaisers zu decken oder um zu verhindern, dass die Todespriester ihn schnell finden konnten. Wie auch immer, das Ergebnis bestand in einem Brand, der ein kleines Vermögen an Seide und Kissen vernichtet hatte. Miranda schaute sich um, behindert von Rauch und ersterbenden Flammen. Nach dem, was sie sehen konnte, hatten viele Diener und kaiserliche Wachen einen schrecklichen, schmerzhaften Tod gefunden. Keine der Leichen trug kaiserliche Gewänder, also musste der Kaiser sich in einem anderen Teil des Komplexes aufhalten. Miranda war sehr erleichtert, als sie das erkannte.
Der Kaiser war jung und unverheiratet, also wurde sein Leben als doppelt kostbar betrachtet: Ohne Erben, der gekrönt werden konnte, wenn der Kaiser vor seiner Zeit starb, würde das Reich ohne Herrscher sein, und das politische Chaos in einer solchen Zeit großen Aufruhrs wäre katastrophal. Wie es der Brauch der Tsurani war, war nach dem öffentlichen Brechen des Roten Siegels an den großen Toren des Tempels des Kriegsgottes ein Herold mit der kaiserlichen Kriegstrompete in der Nähe postiert gewesen, um jede Gefahr für das Licht des Himmels zu mel
den. Auch ein Priester des Ordens von Jastur hielt vor der Tür des Kaisers Wache.
Miranda kam direkt hinter der ersten Welle kaiserlicher Wachen, die vor dem Familienkomplex gestanden hatten, und gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie der Priester von Jastur seinen magischen Kriegshammer losließ. Er flog auf einen Todespriester zu, traf ihn in die Brust und riss ihn rückwärts durch die Luft. Eine Fontäne orangefarbenen Blutes explodierte aus der Brust des Dasati, als er ein halbes Dutzend Schritte über den Steinboden und beinahe vor Mirandas Füße rutschte.
Miranda hob die Stimme, um sich über den Tumult hinweg verständlich zu machen: »Wir brauchen den anderen lebendig!«
Sie wusste sofort, dass ihr Ruf vergeblich war, denn Tsurani-Soldaten, die geschworen hatten, ihr Leben für den Kaiser zu geben, schwärmten über den überlebenden Todespriester, begruben ihn regelrecht unter sich, und bevor Miranda die Masse von Körpern erreichen konnte, hatten sie ihn zahllose Male mit Schwertern und Dolchen durchbohrt. Sie schob ihren Ärger über Dinge beiseite, die sie nicht beherrschen konnte, wandte sich um und sah einen Offizier der Garde mit gezogenem Schwert, das mit orangefarbenem Blut bedeckt war. »Wo befindet sich das Licht des Himmels?«, fragte sie.
»In seinem Schlafgemach«, antwortete der Offizier.
Miranda bemerkte, dass die Haut des Mannes Blasen warf, wo das Dasati-Blut sie berührt hatte, und sagte: »Wascht das lieber ab, bevor es Euch noch größeren Schaden zufügt.«
»Wie Ihr wünscht, Erhabene«, erwiderte er. Sie hatte zwar keine offizielle Stellung in der Versammlung der Magier, aber weil sie die Frau von Milamber und Vertraute
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des Kaisers war, bestand der traditionsgebundene Tsurani darauf, sie so anzusprechen. Sie hatte aufgehört, die Leute zu verbessern; das war ohnehin sinnlos.
Sie eilte an Gefolge und Soldaten vorbei, dorthin, wo Gardisten den Eingang zum Schlafzimmer bewachten. »Die Gefahr ist vorüber«, erklärte sie. »Ich muss Seine Majestät sehen.«
Der ranghöhere Soldat bedeutete ihr, stehen zu bleiben. Er ging ins Zimmer und kehrte einen Moment später mit der Nachricht zurück, der Kaiser werde sie jetzt empfangen. Sie hatte die Tür schon durchquert, bevor der Mann fertig war, und fand den jungen Herrscher in seiner traditionellen goldenen Rüstung, ein antikes metallenes Schwert in der Hand und bereit zum Kampf.
Etwas in seiner Haltung bewirkte, dass er dabei nicht lächerlich aussah. Jeder Zoll von ihm verkörperte den Tsurani-Krieger, obwohl er ein so behütetes Leben führte.
Neben ihm stand ein schlanker Magier namens Manwahat, der Miranda knapp zunickte. Er sah sie fragend an. Sie erwiderte das Nicken und spürte, dass irgendwo unter dieser unbeweglichen Tsurani-Fassade ein
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