Feist, Raymond E. - Krondor Saga 02
lächelte. »Oh, ja. Ich habe gehört, dass ein Herzog aus dem Osten im Palast ist.« Sie wandte James den Rücken zu und blickte William an. »Du musst mir alles darüber erzählen.«
James, der hinter Talia stand, schüttelte leicht den Kopf, um William zu bedeuten, dass er ihr ganz sicher nicht alles erzählen würde. »Ich bin sicher, William erinnert sich nur zu gut daran, was für Kleider die Damen des östlichen Hofes tragen, Talia«, meinte er dann.
William ließ sich von Talia hinausführen, und James setzte sich und wartete auf Lucas. Er musste nicht lange warten, denn wie Talia versprochen hatte, kam ihr Vater schon wenige Minuten später vom Hinterzimmer herein. »Talia!«, rief er; dann sah er, dass James allein im Gastraum saß.
»Wo ist meine Tochter?«
»Sie ist mit William zum Markt gegangen. Ich habe ihr gesagt, ich würde hier aufpassen, bis du zurückkehrst.«
Lucas warf James einen niedergeschlagenen Blick zu. »Du führst doch etwas im Schilde, Jimmy.
Ich kenne dich schon zu lange, um das nicht zu bemerken. Was ist es?«
James erhob sich und lehnte sich neben Lucas an die Theke. »Etwas wirklich Unangenehmes, Lucas. Ich möchte dir eine Frage stellen, aber das kann ich nur, wenn du zuerst schwörst, verschwiegen zu sein.«
Lucas rieb sich das Kinn, als würde er über eine Antwort nachdenken. »Das kann ich erst dann tun, wenn ich weiß, um was es geht. Ich habe auch Verpflichtungen, wie du sicherlich weißt.«
Das wusste James allerdings. Lucas war einer der wenigen erfolgreichen Schenkenwirte in Krondor, die nicht unter dem Schutz eines mächtigen Edlen, der Gilde oder der Spötter standen. Er hatte es im Laufe der Jahre geschafft, mehrere nützliche Allianzen zu schmieden, darunter auch Freundschaften mit einigen hochrangigen Edlen des Königreichs. James kannte er von seinen Geschäften mit den Spöttern, doch Lucas hatte verhindern können, dass er ihr Werkzeug wurde.
Der alte Mann hatte etwas Störrisches an sich, und es war bekannt, dass Lucas, sobald jemand versuchte, ihn zu kontrollieren, Möglichkeiten besaß, sich dagegen zu wehren. Es war also wesentlich einfacher, ihn zur freiwilligen Zusammenarbeit zu bewegen, als ihn zu etwas zu zwingen.
James war seine Rede mehrmals durchgegangen, und nachdem er tief Atem geholt hatte, begann er zu sprechen. »Wir wissen beide, dass die Spötter keine bedeutende Kraft mehr darstellen. Und wir wissen außerdem, dass jemand anderes versucht, die Fäden in die Hand zu nehmen – jemand, der als der Kriecher bekannt ist.«
Lucas nickte.
»Wir wissen ferner, dass der Aufrechte tot ist
– so weit man das überhaupt wissen kann.«
Lucas lächelte. »Nicht so voreilig. Er ist ein gerissener Mann. Vielleicht ist der Aufrechte tot, vielleicht ist er aber auch nur untergetaucht.«
»Kann sein«, räumte James ein, »aber wenn er untergetaucht ist, dann ist er so gut wie tot, denn er hat zugelassen, dass die Spötter auf üble Weise enden.«
»Möglicherweise verhält es sich wirklich so, aber vielleicht sieht es auch nur so aus.«
James grinste. »Hat dir schon mal jemand gesagt, dass es grauenhaft ist, sich mit dir zu unterhalten?«
»Allerdings«, meinte Lucas. »Das heißt, so viele nun auch wieder nicht.«
»Hör mal, ich brauche Freunde, die sich in guten Positionen befinden.«
Lucas lachte. »Solltest du dann nicht eher zum Prinzen von Krondor gehen, Junge? Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand in einer besseren Position ist als er.«
»Ich meine jemanden in einer guten Position in Krondor. Ich meine Leute, die etwas hören, die etwas mitkriegen.«
Lucas schwieg eine Zeit lang, während er James’
Worte sorgfältig bedachte. »Im Laufe der Jahre habe ich es mir zur Angewohnheit gemacht, sehr viel zu hören, Jimmy. Deshalb machen auch so viele Leute gerne Geschäfte mit mir. Da gibt es solche, die irgendwelche Ladungen bewegen wollen, aber nichts mit den Zollbeamten des Prinzen oder den Hehlern der Spötter zu tun haben wollen, und ich weiß, welcher Karawanentreiber gelegentlich ins Landesinnere geht.
Dann sind da solche, die mit welchen sprechen wollen, die vorhaben, sie ohne viel Federlesens zu töten, und ich kann sie manchmal ohne Blutvergießen zusammenbringen. Solche Sachen eben.
Aber all das würde in nichts zerfallen, wenn jemand auf den Gedanken käme, ich könnte ein Schnüffler sein.«
»Ich suche keine Schnüffler, Lucas«, entgegnete James. »Davon habe ich an jeder Straßenecke genug. Ich brauche
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