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Andeutungen. Böckelmann pfiff auf Paris. Die Landserherrlichkeiten an der Seine, von denen auch er einmal geträumt hatte, waren vergessen und abgestanden, schon vor dem Genuß. Er gönnte sie ihnen, im übrigen taten sie ihm leid.
Manchmal fuhr er mitten in der Nacht hoch. Dann lag er wieder in seinem Panzerdeckungsloch und machte sich so klein, wie es nur die Todesangst schafft … und dann sprang er wieder hoch, und warf noch eine geballte Ladung gegen den englischen Panzer, und dann lief er um sein Leben, überschlug sich, zuckte die Schultern und sagte zu sich selbst … ich hab' doch alles getan, Gerd … mehr war nicht drin … und eigentlich hätte es mich ja auch erwischen müssen … und deine Schwester Marion ist so hübsch, und ich mag sie so gern … viel mehr noch, aber du sollst nicht denken, daß ich vergessen würde, daß sie deine Schwester ist …
Marion forderte ihn auf, mit ihr auszugehen, und er lief mit ihr nicht durch Berlin, sondern quer durch einen Traum, der niemals unbescheiden wurde. Ab Spätsommer sagten sie ›du‹ zueinander. Wer die beiden sah, hielt sie für ein Pärchen, aber sie waren es nicht. Gelegentlich berührten sich ihre Hände, mehr versehentlich. Dann zuckten sie auseinander, als hätten sie eine Stromleitung angefaßt. Das war alles, und doch für den netten Jungen mehr, als er je erlebt hatte.
Marion lieferte Böckelmann wieder in seinem Lazarett ab. Die Kameraden standen am Fenster und grinsten. Man sah ihren Gesichtern schon von weitem an, daß sie beim Hauptthema eins waren.
Der Obergefreite mit dem Lungensteckschuß schnalzte anerkennend mit der Zunge. »Hübsch ist sie ja«, sagte er, »läßt sich nichts dajejen sajen, jar nischt …«
Böckelmann lächelte nur versonnen vor sich hin, denn er glaubte zu spüren, wie arm sie waren, gemessen an seinem Reichtum.
»Hab' ooch schon mal so 'ne Rotblonde jehabt …«, fuhr der Lungensteckschuß fort, »na, ick sage dir … die jing 'ran wie Blücher … die war scharf wie Holzessig.«
Der Gefreite Böckelmann wollte weitergehen, aber sein Stubengenosse ließ ihn nicht aus. »Na«, sagte er beinahe mitleidig, »hast's noch immer nicht geschafft?«
»Geht dich nichts an!« versetzte Böckelmann heftig.
»Ach nee …«, höhnte der Kumpel, »du wartest wohl, bis se dir 'n Offizier wegschnappt?«
Böckelmann ging auf seine Bude. Das Geschwätz langweilte ihn. Aber der Lungensteckschuß gönnte ihm keine Ruhe, zog einen Stapel Fotos aus der Tasche, breitete sie vor seinen Kameraden aus. »Siehste«, triumphierte er, »lauter abjelegte Bräute … kannste eene aussuchen … die meisten sowieso von Berlin …«
Böckelmann haute sich auf seine Klappe. Er war gar nicht böse auf den Lungensteckschuß, der ohnedies bloß angab. Manchmal glaubte er sich selbst zu hören, wie damals, bevor es ihn erwischt hatte. Diese Burschen sind einsam in der Masse, dachte er, sie kommen sich nackt vor in der Uniform, sie brauchten Zärtlichkeit und ersetzen sie durch Banalität …
Dann kam der Herbst. Das Laub war schon von den Bäumen gefallen. Die Luft wirkte feucht und schwer. Böckelmann saß mit Marion auf einer Anlagebank. Sie waren leicht aneinander gelehnt und ließen sich von der Nacht verwöhnen. Irgendwo raschelte es, und Marions Druck an seiner Schulter wurde stärker. Er spürte es, und es wurde ihm heiß, obwohl der Abend schon kalt war, und er holte die Luft tief von unten her, wo die Sehnsucht sitzt.
Ab und zu zogen flüsternde Gestalten an ihnen vorbei, und es waren jeweils zwei junge Menschen, die genauso wenig wußten, wie lange sie sich noch haben würden.
»Wann wirst du aus dem Lazarett entlassen?« fragte Marion unvermittelt.
»In drei, vier Wochen etwa …«
»Und dann?«
»Dann bin ich weg«, antwortete er lapidar.
»Du solltest die Zeit besser nutzen«, versetzte Marion lächelnd.
»Wieso?«
»Dir ein nettes Mädchen suchen, und …«
»Aber Marion«, er brach ab. »Ich hab' doch dich«, wollte er sagen, und schaffte es wieder nicht …
Sie sahen sich an. Die Dunkelheit verschluckte Marions Lächeln. Aber ihre Augen sah Böckelmann ganz groß und klar, und sie lockten und verwirrten ihn wie Irrlichter.
»Magst du mich eigentlich?« fragte Marion.
»Wie kannst du nur fragen«, entgegnete er heftig.
»Und warum sagst du mir das nicht, du … dummer Kerl?« schalt sie ihn.
»Weil … weil ich …«
»Steh auf!« erwiderte sie.
Böckelmann verstand sie nicht, aber er
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