Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman
schon gar nicht mehr richtig zu. Mit gutem Grund, wie sich ein paar Minuten später herausstellen sollte. Denn synchron mit dem Aufleuchten einer imposanten Blitzverästelung draußen wurde ich gewissermaßen selber erleuchtet und hatte eine geniale Eingebung. Ich wunderte mich, daß mir das nicht schon früher eingefallen war.
»Gut, du sollst deinen endgültigen Beweis kriegen, Hektor!« triumphierte ich. Um dann etwas kleinlaut zu ergänzen: »Mit ein bißchen Glück.«
Wir verließen den Palazzo, nachdem ich mein Vorhaben kurz geschildert hatte, und liefen in den monsunartigen Regen hinaus. Ziel war wieder einmal mein Zuhause, genauer: Archies Chaoskabuff. Sowohl Hektor als auch ich rechneten nicht mehr damit, daß das Gebäude von denen, die mich unbedingt mit den Reißzähnen streicheln wollten, weiterhin umstellt wurde. So wie wir die Brüder kannten, hatten sie bei solch sintflutlichem Ungemach bestimmt die Schwänze eingekniffen und waren flugs ins Trockene zu Herrchen und Frauchen geflüchtet. Auch Rachegelüste hatten ihre Grenzen, besonders wenn einen das Schicksal zum Schwamm degradieren wollte.
Blitze und Donnergrollen begleiteten uns, während wir über Mauern hasteten und durch Gärten, die sich in kleine Seen verwandelt hatten, vorbei an vom Sturm umgeworfenen Gartenmöbeln und Grillöfen. Unser triefnasses Fell verlor schnell seine temperaturausgleichende Funktion, und wir fingen an zu zittern. Oft sahen wir unser Revier unter den Blitzen hell aufleuchten, in seiner ganzen altmodischen Pracht und seiner einstigen altmodischen Friedfertigkeit, und ich nahm an, daß sich auch Hektor bei diesem Anblick nichts sehnlicher wünschte, als daß diese schönen Zeiten möglichst bald wieder zurückkehren mögen.
Als wir endlich das Haus erreichten, waren wir von Wasserleichen nicht mehr zu unterscheiden, außer vielleicht durch unseren wummernden Herzschlag. Wir passierten die Hintertür und eilten die Treppe zu Archies Wohnung hinauf. Wie gern hätte ich mich im Parterre von Hektor verabschiedet und wäre zu Gustav, zu meinem Söhnchen, und dem herrlich muffelnden Bett gehuscht. Doch ich war wohl pflichtbewußter - vielleicht auch nur bornierter -, als ich mir eingestehen wollte.
Als wir ins Schlafzimmer stürzten und dabei allenthalben Pfützen hinterließen, stellte ich fest, daß Archie seine Toter-Mann-Pose auf dem Bett nicht verändert hatte, seit ich gegangen war. Anscheinend hatte ihn die wissenschaftliche Sensation, daß ein Mäusequäler mit Datenverarbeitung umzugehen wußte, nicht davon abgehalten, seinen Rausch auszuschlafen. Ich machte einen Satz auf den Computertisch, während mein Partner sich lediglich auf die Hinterpfoten stellen und mit den Vorderpfoten an der Tischkante abstützen konnte.
»Nun paß genau auf, Partner«, tönte ich, nachdem ich mich aus dem Handbuch neben der Tastatur auf die Schnelle noch einmal schlau gemacht hatte. »Ich stelle die Verbindung mit dem Netz her und rufe dann die Anwendung ›finger‹ auf ...«
Mit ein paar rasanten Pfotenhieben auf die Tasten tat ich wie angekündigt und zauberte (offen gesagt auch zu meiner eigenen Überraschung) ein Display mit verschiedenen Feldern zum Ausfüllen auf den Bildschirm.
»Angeblich ist es mit diesem Kommando möglich, über die E-Mail-Adresse des Teilnehmers den Ort des Anschlusses zu ermitteln, wenn vorher bei der Anmeldung das Einverständnis dafür erteilt worden ist. Es ist sehr wahrscheinlich, daß Neptun das getan hat, denn mir sagt so ein komisches Kribbeln in der Schwanzspitze, daß er es darauf anlegt, enttarnt zu werden. Verstehst du ungefähr, worauf ich hinaus will?«
Hektor geriet erneut in Versuchung, sich das Wasser aus dem Fell zu schütteln, bemerkte jedoch meinen abschätzigen Blick und unterließ es.
»Ähm - nein! Ich verstehe nur Bahnhof.«
»Das ist doch ganz simpel, Hektor. Wir kennen nur diesen Absender »www.neptun.org«. Wir wissen aber nicht, von wo aus Neptun seine geheimnisvollen Botschaften an mich gesandt hat. Ich bin aber überzeugt, Neptuns Internetanschluß befindet sich nirgendwo anders als in der Baracke von Horche. Und dieses Programm wird uns verraten, wie die wahre Adresse heißt.«
»Ähm - ich glaube, ich will es gar nicht wissen.«
Er wandte den Kopf vom Monitor ab und ließ ihn traurig sinken. Auch ich wußte um die seelische Not, in die er gestürzt würde, sollte ich recht behalten. Wo sollte ein so ausgebrannter und für Menschenaugen völlig unattraktiver
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