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Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman

Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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weniger flach am Körper an. Der lange Schwanz sieht wie eine Vogelfeder aus. Gewöhnlich hat die Bali einen feingliedrigen, schlanken Körperbau und einen keilförmigen Kopf, doch was mir hier vor Augen trat, war die abgespeckte Variante. Ihr cremeweißes Fellkleid, welches lediglich von geisterhaften beigen Schatten um Schnauze, Schwanz
und Beine abgedunkelt wurde, schien wie von einem Schmutzfilm belegt und von klebrigen Knäueln verunziert. Ich hatte es mit einer Halb-Verhungerten zu tun. Dennoch verfiel ich ihrer zerbrechlichen Erscheinung so blindlings, wie man dem Duft einer Blume im höchsten Stadium ihrer Blüte verfällt.
    »Gut, dass du vom Gang weg bist«, sagte sie mit einer quecksilbrigen Stimme, als ich schließlich vor ihr haltmachte. In ihren Kupferaugen schienen Strudel zu kreisen wie in einem hell erleuchteten Orkan. »In der nächsten Station steigen nämlich die Besoffenen ein, die um diese Zeit von einer berüchtigten Kneipe in der Nähe kommen. Und die achten erst recht nicht darauf, wo sie hintreten. Manche von ihnen machen sich sogar einen Spaß daraus, unsereins zu verletzen.«
    »Na, die Nüchternen, mit denen ich eingestiegen bin, waren in dieser Beziehung auch nicht gerade zimperlich«, erwiderte ich. »Francis, mein Name. Ich gehe mal davon aus, dass du nicht die Fahrkartenkontrolleurin bist. Ach, deinen Namen hätte ich auch noch gern gewusst.«
    »Ich heiße Sybilla. Du hast recht. Ich bin nicht beruflich hier.«
    »Sondern?«
    »Ich bin einfach so hier.«
    »Was bedeutet das?«
    »Das bedeutet, dass ich hier wohne.«
    »Du wohnst in einem U-Bahn-Waggon?«
    »Manchmal. Aber vorwiegend lebe ich im gesamten Areal der U-Bahn. Was verschlägt dich in meinen Sektor? Hast du dich verlaufen, Francis?«
    »Nicht direkt …« Ich wollte ihr antworten, doch in Anbetracht dieser außergewöhnlichen Mischung aus Kaputtheit und Keckheit war mein eigenes Schicksal plötzlich nicht mehr so sehr von Bedeutung. Ich war ganz und gar fasziniert von Sybilla, als sei sie ein Wunderwesen aus einer anderen Welt. »Ich würde dir gern etwas darüber erzählen, wie ich in den Untergrund geraten bin, Sybilla«, fuhr ich fort. »Doch habe ich das komische Gefühl, dass meine Gründe nicht annährend so interessant sind wie deine.«
    »Du meinst, warum ich hier lebe?« Sie machte ein trauriges Gesicht und schaute demonstrativ in eine andere Richtung. Ihre Schnurrhaare fingen an zu zittern. Ich hatte die Befürchtung, dass mein Herz jeden Moment aus meiner Brust herausspringen und ihr vor die Pfoten fallen würde. »Kannst du dir das echt nicht denken? Wie du siehst, gehöre ich einer edlen Rasse an. Für ein Exemplar dieser Rasse ist so manch ein Mensch bereit, mehrere Tausend Euro auf den Tisch zu blättern. Aber schau mich an.«
    Ich tat wie geheißen, wobei ich natürlich nichts lieber tat. »Ja, also wenn ich über Geld verfügte, würde ich auch mehrere Tausender für dich hinblättern«, sagte ich. Hoffentlich hörte sich das nicht zweideutig an.
    »Nein, du schaust nicht richtig hin«, sagte sie, und die langen Schnurrhaare über ihren Augen kräuselten sich. »Oder du hast keine Ahnung von der Rasse der Balinesin.«
    »Also, für mich sieht das alles völlig in Ordnung …«
    »Eben nicht!« Sie benahm sich jetzt wie eine überkandidelte Menschenfrau, die in Hysterie verfällt, weil sie sich zu einer Party das vermeintlich unpassende Outfit übergestülpt hat. »Siehst du meine Beine? Sie sind zu kurz. Und
an meinem einen Ohr fehlt teilweise der für die Balinesen typische beige Farbton. Außerdem sind meine Augen nicht rassetypisch blau, sondern kupferfarben …«
    Großer Gott, diese komische Bahnhofspennerin führte sich in der Tat wie ein Fashion Victim auf, das stundenlang vor dem Spiegel steht und ob der Unmöglichkeit, hundertprozentig wie Gisele Bündchen auszusehen, einen Schreianfall nach dem anderen bekommt.
    »Stopp, stopp, stopp!«, unterbrach ich sie und machte ein gestrenges Gesicht. »Du brauchst nicht weiter alle deine Makel aufzuzählen, die für mich reichlich eingebildet wirken. Du siehst wundervoll aus, wenn auch ein bisschen mitgenommen. Schluss, Punkt, aus!«
    Sie lächelte ein bitteres Lächeln und wandte sich von mir ab. Vermutlich, damit ich die ersten aufsteigenden Tränen in ihren Augen nicht sah. »Du glaubst im Ernst, ich leiere dir die Liste dieser Rassemakel aus reiner Eitelkeit herunter? Weit gefehlt, Fremder. Du kennst das schmutzige Geheimnis der kommerziellen

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