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Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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in dieser Richtung, ja.«
    Rich runzelte gedankenvoll die Stirn, aber ich vermutete, nur um seinen guten Willen zu demonstrieren. »Mir kommt nichts in den Sinn«, gab er zu. »Das Problem ist, solche Dinge geschehen andauernd. Es sei denn, man kann es an etwas festmachen – ich meine etwas besonders Auffälliges, das zum gleichen Zeitpunkt stattfand – sonst erinnert man sich nicht gut genug, um sagen zu können, wann es war.«
    »Die erste Erscheinung des Geists«, sagte ich. »Es geschah fast genau zu dieser Zeit. Hilft das?«
    Er zuckte hilflos die Achseln. »Tut mir leid.«
    »Nicht schlimm. War nur ein Versuch. Aber wenn Ihnen etwas einfallen sollte, dann lassen Sie es mich wissen. Fragen Sie auch Cheryl und die Teilzeitkräfte.«
    »Jon auch?«
    Ich musste überlegen. »Ja«, sagte ich schließlich. »Jeden, den Sie treffen. Es kann nicht schaden nachzufragen.«
    »Viel nützen tut es auch nicht, meistens jedenfalls«, stellte er mit leisem Spott fest.
    »Das ist mir durchaus klar, Bruder«, gab ich zu. »Aber die Hoffnung stirbt zuletzt, nicht wahr?«
    *
    Ich verließ das Archiv um die Mittagszeit und ging über die Straße zur Euston Station. Gefallen hatte sie mir nie. Sie sah aus wie ein vergrößertes Modell von irgendeiner Bastelei, die ein Sesamstraßen-Moderator aus den Holzlatten von Obstkisten gebaut hatte. Aber es wimmelte dort rund um die Uhr von Menschen, und sie war damit der ideale Ort für ein geheimes Treffen. Mich wegen der Dinge, die ich unter meinem Hemd trug, schuldig und verfolgt fühlend schaute ich mich um. Für einen Augenblick teilte sich die Menschenmenge, und eine weibliche Gestalt gut zehn Schritte hinter mir drehte sich weg und interessierte sich plötzlich für einen Zeitungsstand. Ich war nicht sicher, aber auch dieses Mal glaubte ich, Damjohns Mädchen Rosa zu erkennen. Ich zögerte. Ich musste Nicky treffen und wusste, er würde nicht warten, aber ich befand mich in einem Labyrinth, in dem jede Ariadne eine Hilfe sein konnte. Ich machte ein paar Schritte, doch dann drängten sich weitere Menschentrauben vorbei, und als ich den Zeitungsstand erreichte, war von ihr nichts zu sehen.
    Ich murmelte halblaut einen Fluch und ging weiter zu Burger King. Der Schnellimbiss hatte keine Türen, sondern war zum Bahnsteig hin offen, weshalb ich ihn ausgesucht hatte. Nicky hatte gerne ein freies Blickfeld in alle Richtungen.
    Sobald ich mich im Café an einen Tisch gesetzt hatte, zog er einen Stuhl heran und ließ sich neben mir nieder. Er musste eine Weile flaniert sein und auf mich gewartet haben. Es wäre ihm gegen den Strich gegangen, sich zuerst zu setzen. Ich spürte die Kälte, die er ausstrahlte. Er trug sicher Kühlelemente und wahrscheinlich auch noch einen Thermobehälter mit Trockeneis, um die Elemente notfalls aufzufrischen, unter seinem weiten Mantel. Im Gegensatz zu den meisten wandelnden Toten war Nicky stets pragmatisch und auf alle Eventualitäten vorbereitet.
    Aus der Tasche holte er einen dünnen Stapel DIN-A4-Papierbögen, auf die Hälfte und danach auf ein Viertel zusammengefaltet. Er reichte sie mir, und ich machte wohl ein fragendes Gesicht.
    »Tote Mädchen«, erläuterte er. »Worum du mich gebeten hast.«
    »Das ging aber schnell«, sagte ich beeindruckt.
    »Es war leicht. Aber wie gesagt, du hast mir recht bescheidene Infos geliefert. Es ist eine ganze Menge zusammengekommen. Du hast einiges an Arbeit vor dir. Welche Krise liegt heute an?«
    Ich holte das kleine, schwere Bündel aus meinem Hemd und schob es ihm über den Tisch zu. Hart, rechteckig, eingewickelt in ein Exemplar der Morgenausgabe des Guardian . Er wickelte es aus und starrte es an, als hätte er so etwas noch nie gesehen.
    Es hatte mich verdammt viel Mut gekostet, mit dem Ding unter meinem Hemd an Frank vorbeizugehen. Ich hatte daran gedacht, ihn um meinen Mantel zu bitten. Aber ich hatte nicht noch mehr Aufmerksamkeit erregen wollen. »Jemand muss sich das mal ansehen«, sagte ich zu Nick, »und zwar eingehend. Sezieren und ausführlich beschreiben. Was du dir ansehen sollt, trägt die Bezeichnung ›Russisch 1‹. Es ist eine Datei. Ich will wissen, ob irgendwie darin herumgepfuscht wurde – ob im Laufe der Zeit irgendetwas Ungewöhnliches damit gemacht wurde.«
    »Das ist jemandes Laptop«, stellte Nicky fest.
    »Ja.«
    »Nicht deiner?«
    »Nein.«
    »Gestohlen, Castor?«
    »Ausgeliehen. Er geht natürlich an seinen rechtmäßigen Besitzer zurück.«
    »Du hast die Dreistigkeit, ihn mir zu

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