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Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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ging missmutig schweigend voraus. Ich entschied abzuwarten, bis er sich ein wenig abgeregt hatte, ehe ich das Thema erneut ansprach. Auf diese Art und Weise könnte ich mehr aus ihm herausholen. Aber die Räder in meinem Kopf drehten sich reibungslos weiter, wobei die Gänge so laut quietschten, dass ich sie fast hören zu können glaubte. Mel und Steve waren zwei Tage, bevor ich sie traf, gestorben. Demnach hatte ich es entweder mit zwei richtig guten Schauspielern zu tun, oder die Toten waren falsch identifiziert worden.
    Aber jetzt war Dienstag – oder genauer, Mittwochmorgen. Wenn die Cops am Samstagabend eine falsche Identifikation vorgenommen hatten, hätten sie bis Montag reichlich Zeit gehabt, die Torringtons aufzusuchen, das Missverständnis aufzuklären und sich freundlich von ihnen zu verabschieden. Und das wäre in den Akten vermerkt. Und Nicky hätte es sicherlich dort gesehen.
    Daraus ergab sich die andere Möglichkeit – dass die Personen, die ich getroffen hatte und die sich Mel und Steve Torrington nannten, jemand ganz anderer waren. Woraus sich die Frage ergab, weshalb taten sie so als ob? Weshalb stellten sie sich als jemand vor, der soeben gestorben war und dessen Ermordung am nächsten Tag die Schlagzeilen beherrschen konnte?
    Weil es niemand anderen gab, dem ich meine Hilfe zugesagt hätte. Sie brauchten mich, um Abbies Geist zu suchen, und diese Lüge war die einzige, die Erfolg versprach.
    Wir bogen um die Ecke in die Troy Town ein – an der bis auf den Namen nichts Episches oder Auffälliges zu finden war. Nicky überquerte die Straße, und ich folgte ihm. Auf der anderen Seite stand eine kurze Reihe georgianischer Terrassenhäuser. Jedes Haus besaß eine Treppe hinter einem schmiedeeisernen Gitter, die ins Kellergeschoss unterhalb des Straßenniveaus führte. Eine dieser Treppen stieg Nicky hinunter, und als ich seinem Beispiel folgte, hörte ich vor mir Stimmen und Musik, obgleich alles dunkel war. Dann öffnete er eine Tür, und Licht ergoss sich nach draußen. Nicht sehr viel, muss ich zugeben, und nicht sehr hell. »Heraussickern« ist vielleicht ein besseres Wort als »ergießen«.
    Die Bar befand sich eigentlich im Keller eines Hauses. Sie hieß The Level und wurde in der Tat von Warm und Kalt frequentiert, wie Nicky angedeutet hatte. Das hieß, dass Lebende und Tote gleichermaßen willkommen waren. Den toten Gästeanteil konnte man bereits riechen, wenn man von der Straße hereinkam. Es war ein leicht säuerliches Aroma wie von vermodertem Herbstlaub, gemischt mit dem scharfen chirurgischen Geruch von Formaldehyd. Sie zu sehen, war nicht so einfach. Das einzige Licht im Raum stammte von Kerzen in Flaschenhälsen, die strategisch günstig auf Tischen und Regalbrettern entlang den Wänden aufgestellt worden waren. Eine ansehnliche Anzahl von Gästen drückte sich in den tiefen Schatten herum und an einer winzigen Bartheke, die so eben eine Ecke des Gastraums ausfüllte. Ich bestellte einen Whisky, während Nicky verzichtete. Sein System mit fremdartigen organischen Stoffen in Berührung zu bringen, vermied Nicky tunlichst. »Wenn man tot ist, hat das körpereigene Immunsystem mehr oder weniger seinen Dienst quittiert«, erklärte er mir einmal. »Es fließt kein Blut mehr, klar? Daher werden keine Antibiotika, Phagozyten und der andere Mist transportiert. Wenn man dann infektiöse Wirkstoffe reinlässt, ist man schlicht und einfach im Arsch.« Wenn dies ein etwas gediegener Laden gewesen wäre, hätte er wahrscheinlich Rotwein bestellt und dessen Duft inhaliert. Aber das, was dieser Schuppen an Rotwein zu bieten hatte, konnte ihn nicht locken.
    Wir setzten uns an den abgelegensten Tisch, den wir finden konnten – jedoch wurde Privatsphäre auf jeden Fall durch andere Gespräche gewährleistet, die ringsum lebhaft geführt wurden. Alles, was wir sagten, würde im allgemeinen Lärm untergehen. Die Tapeten waren giftig rot und sahen aus wie beflockt. Ich streckte eine Hand aus und fuhr mit einem Finger darüber. Mein Eindruck war richtig gewesen. Vielleicht hatte sich hier früher ein indisches Restaurant befunden.
    »Du kannst weiterreden, wenn du willst«, sagte ich und trank einen Schluck Whisky, um mich zu wappnen.
    Nicky hatte sich einigermaßen beruhigt. Er war noch immer sauer auf mich, aber er liebte es mindestens genauso, sich als unerschöpfliche Quelle geheimen Wissens in Szene zu setzen, wie er gerne Jazz hörte. »Ich hätte es schon eher bemerkt«, sagte er, »nur hatten

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