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Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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wir, wie ich schon mal erwähnt habe, was Morde betrifft in letzter Zeit ein überreiches Angebot.«
    Natürlich. Die Spitze der glockenförmigen Kurve. Plötzlich erinnerte ich mich auch an eine der Schlagzeilen. EHEPAAR ERMORDET , ES WAR EINE HINRICHTUNG . Verdammt noch mal, es befand sich direkt vor meinen Augen, und ich hatte nicht darauf geachtet.
    »Sie wurden in ihrem Haus gefunden«, fuhr Nicky fort. »Irgendwo draußen in Maida Vale.«
    »Maida Vale?«, unterbrach ich ihn. »Der Steve Torrington, den ich kennengelernt habe, nannte mir eine Adresse auf der Bishop’s Avenue.«
    »Welche Hausnummer?«
    Ich kramte in meinem Gedächtnis. »Irgendwas mit sechzig. Zweiundsechzig, glaube ich.«
    »Das ist das besetzte Haus, du verdammter Schwachkopf. Und weshalb hat er dir überhaupt die Adresse gegeben? Hat er dich auf einen Cocktail eingeladen?«
    »Er gab sie mir, damit ich ihm eine Rechnung schicken könnte«, gestand ich.
    »Genau. Als ob es ihn einen Dreck interessiert hätte, wo die ankäme. Wie dem auch sei, der echte Steve Torrington wohnte in Maida Vale – und dort wohnt er verdammt noch mal ganz bestimmt nicht mehr. Ich habe die Adresse, falls du sie wissen möchtest, aber ich rate dir, dich von dort fernzuhalten.
    Der Tatort war das Wohnzimmer. Einige Möbel waren beiseitegeschoben, um reichlich Platz zu schaffen – der Mörder hatte Sinn für Theatralik. Das gesamte Haus war durchwühlt worden. Jede Schublade, jeder Wandschrank wurde geleert und alles auf den Fußboden gestreut. Als hätte eine Suche stattgefunden, steht in den Polizeiakten, aber das ist nur eine Vermutung der Ermittlungsbehörden. Bei dem Durcheinander, das dort herrschte, konnten sie nicht einmal feststellen, ob irgendetwas fehlte. Und sie konnten keinen Hinweis darauf finden, was mit dem Mädchen passiert war.«
    »Abbie«, warf ich leise ein.
    »Ja, die meine ich. Sie wussten, dass es dort ein Kind gegeben hatte, ohne sich eingehend über die Torringtons zu informieren, denn es gab ein Zimmer, das offensichtlich von einem Kind bewohnt wurde. Auch das war auf den Kopf gestellt worden, ebenso wie der Rest des Hauses.«
    Natürlich war es das. Und einige Dinge sind dabei mitgenommen worden. Ich wusste es, denn außer dem Puppenkopf in meiner verdammten Manteltasche stand in meinem Büro ein großer schwarzer Müllsack voller Kram – ein Geschenk von einem Typen, der sich Steve Torrington nannte. Ich stellte mir vor, wie er in Abbies Sachen herumwühlte, während ihre Eltern ermordet im Zimmer darunter lagen, und ich verspürte eine völlig sinnlose Wut über meine eigene Naivität. Kein Wunder, dass er die Frau zum Wagen geschickt hatte. Wer immer sie gewesen sein mochte, er wusste, dass seine schauspielerischen Fähigkeiten für den Job bei Weitem ausreichten, aber er wollte sich nicht auf ihre verlassen. Und er hatte recht. Er konnte ganz gut den Leidenden und Besorgten mimen – nur dass sich jemand, der in Trauer ist, niemals derart geschliffen und geordnet ausdrückt. Ich hätte es wissen müssen. Irgendeine Ahnung hätte ich haben müssen.
    Aber wenn ich etwas geahnt hätte, was hätte ich daraufhin getan? Mich geweigert, den Auftrag anzunehmen? Abbie war tot – so viel wusste ich, denn ich hatte ihren Geist in der Londoner Nacht berührt. Und ich hatte diese abgrundtiefe Traurigkeit gespürt, die alles war, das sie kennengelernt hatte, als sie noch am Leben war.
    Ganz gleich ob Lüge oder nicht, ich hatte den Auftrag wegen ihr angenommen. Daher sollte ich den Auftrag auch für sie erfüllen. In jenem Moment hoffte ich, dass ich dabei irgendwann und irgendwo möglicherweise auf den
soi-disant
Steve Torrington treffen würde, so dass ich einen Teil meiner Selbstachtung mit Hilfe des sorgfältig gezielten Einsatzes eines massiven Wagenhebers zurückgewinnen konnte.
    Das erinnerte mich an »Mels« Blessuren. Sie waren reine Effekthascherei gewesen, war ich mir sicher. Eine Bühnenrequisite, um mein Mitgefühl zu wecken und vielleicht von ihrer relativen Unbeholfenheit und von dem Mangel an Ausdruck in ihrer Stimme abzulenken. Dieser Bastard ließ keinen Trick aus – und es war ihm egal, wer darunter leiden musste.
    »Was vermuten denn die Cops, was geschehen ist?«, fragte ich und empfand einen Anflug von Unbehagen, als ich mich zwang, diesen Gedankengang nicht weiterzuverfolgen.
    Nicky hob eine Schulter. »Sie wissen nichts«, sagte er. »Zumindest steht bis jetzt nichts Derartiges in den Akten. Sie haben die Kugeln von allen

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