Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)
ist mehr als eine Seite lang – wo immer Peace sich niederlässt, macht er Ärger. Nach diesem Gastspiel bei der Army, von dem ich dir erzählt habe, fand er eine Möglichkeit, sich mit Hilfe seiner Ausbildung profitabel zu vermarkten. Er wurde Söldner – er unterschrieb bei einer privaten Sicherheitsfirma im Mittleren Osten, die einen ziemlich üblen Namen hatte, doch dann wurde der halbe Firmenvorstand verhaftet, weil die Leute einen Regierungsumsturz in Libyen auslösen wollten, und er stand wieder auf der Straße.«
Irgendetwas in Nickys Augen sagte mir, dass er sich das Beste bis zum Schluss aufgespart hatte. Unter anderen Umständen wäre meine Geduld ausreichend strapaziert gewesen, um ihn deshalb zu beschimpfen. Diesmal hingegen entschied ich, ihm lieber seinen Willen zu lassen.
»Sonst noch was?«, fragte ich und machte den Stichwortgeber.
»Ja. Wo du fragst, da ist tatsächlich etwas.«
»Rede weiter.«
»Peace hat 1999 im Staat New York eine Klage eingereicht. Gegen Anton Fanke – du erinnerst dich, er ist dieser Satanist, von dem ich dir erzählt habe – und gegen eine Frau, deren Name auf der eidesstattlichen Erklärung als Melanie Carla Jeffers alias Melanie Carla Silver alias Melanie Carla Torrington erscheint.«
Ich fluchte laut, und Nicky nickte zustimmend. »Ja, das ist ein Knaller, nicht wahr? Nur ist das nicht der Punkt, der mich die Ohren spitzen ließ. Hör dir das an: Es ist eine Sorgerechtsklage. Der Kläger beschuldigt die Beklagte, nicht fähig zu sein, ihren elterlichen Pflichten nachzukommen, und verlangt vom Gericht die Übertragung des Sorgerechts für … nun, du weißt sowieso, was jetzt kommt, daher hat es keinen Sinn, das Ganze spannend hinauszuzögern.«
In meinen Ohren war plötzlich ein Rauschen. Ich hatte keine Ahnung, was davon ein Fieberschub war und wie viel Adrenalin beteiligt war, als meine Gedanken dorthin vorauseilten, wo Nick hinwollte.
»Ein kleines Mädchen namens Abigail?«, fragte ich, und meine Stimme klang in meinen Ohren hohl und brüchig.
»Du hast es genau getroffen. Abigail Fanke hieß sie zu diesem Zeitpunkt.«
»Ist sie die Tochter von Peace?«
»Nun, er nimmt es an. Und die Gerichtsunterlagen bestätigen das weitestgehend, denn ungeachtet des Nachnamens existiert eine Geburtsurkunde für sie, ausgestellt am dreizehnten März 1993 in Burkina Faso. Mutter: Melanie Carla Jeffers. Vater: Dennis Peace.«
»Da war er aber noch nicht lange aus dem Gefängnis«, sagte ich.
»Gut zu wissen, dass du zuhörst. Ja, das stimmt. Und in Kenntnis dieses kleinen Details habe ich mir noch einmal die Gerichtsakten angesehen. Was verdammt mühselig war, weil ich wohl kaum hervorheben muss, dass sie handgeschrieben sind. Ich musste um die ein oder andere Gefälligkeit bitten, aber am Ende wurde ich fündig. Melanie Wie-immer-sie-heißen-mag hat Peace durch Kaution aus dem Knast geholt und vermutlich auch die Schmiergelder verteilt. Das ergibt mehr Sinn, denke ich. Wie ich schon vorher meinte, wenn er selbst das Geld gehabt hätte, wäre es ihm ein Leichtes gewesen, den Richter zu kaufen, ehe er verurteilt wurde, und das auch noch höchstens zum halben Preis. Aber vielleicht hatte er das Geld nicht. Vielleicht brauchte er einen wohltätigen Engel.«
»Einen Engel. Richtig.«
»Dann haben sie in der Nacht leidenschaftlich seine Freilassung gefeiert, und neun Monate später wird die kleine Abbie geboren. Irgendwie klingt das einleuchtend. Und jetzt ist er mit ihr auf der Flucht – ob tot oder lebendig, ist uns offiziell nicht bekannt.«
»Ich weiß.«
»Natürlich weißt du das. Nur was du nicht wusstest, war, dass er auf seinem Weg einen Zwischenstopp eingelegt hat, um ihre Mutter und deren augenblicklichen Freund zu töten. Und dass jemand derart scharf darauf ist, an ihn heranzukommen, dass er sich all diesen Blödsinn ausdenkt, um dich mit an Bord zu nehmen.«
Ich schüttelte den Kopf, der mittlerweile derart schmerzte, dass ich das Gefühl hatte, er könne jeden Moment abfallen. Nicky war sichtlich pikiert. »Was ist? Habe ich etwa deinen professionellen Stolz verletzt?«
»Nein. Aber du sagtest, dass sie hinter Peace her sind. In dieser Sache geht es nicht um Peace, Nicky – es geht um Abbie.«
»Nun ja, von seinem Standpunkt geht es offensichtlich um Abbie. Ich meine, es sieht aus, als hätte er zwei Leute getötet, um sich ihrer zu bemächtigen. Aber die Typen, die ihn suchen …«
»Wenn sie so sehr an Peace interessiert sind, warum heuern sie
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