Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)
schlechteste. Gehen wir einfach davon aus.«
Peace lachte bitter und schüttelte den Kopf. »Gib mir eine Chance, Castor. Ich war nicht der schlimmste, bei weitem nicht. Vielleicht hatte ich mir das eingeredet, aber verglichen mit einigen anderen Leuten, die ich damals kannte, war ich der reinste Musterknabe.
Wie dem auch sei, ich ging auf Reisen, weißt du. Zuerst mit dem 45. Regiment und dann nach meiner Entlassung. Ich wollte die Welt sehen. Ich war noch keine zwanzig, und Watford wurde mir zu eng und der Boden dort zu heiß, um mich festzuhalten. Ich ging nach Europa, Südostasien, in den Mittleren Osten. Wanderte von Ort zu Ort mit ein paar Habseligkeiten in einem Rucksack, lebte von den Leuten, die ich traf und nahm jeden Job an, der sich anbot. Nachdem ich die Armee verlassen hatte, arbeitete ich als Söldner – aber nicht sehr lange. Ich stellte fest, dass ich für dieses Spiel noch nicht ausreichend verdorben war. Dann lernte ich ein paar Gangster kennen und transportierte eine Weile Drogen für sie – vorwiegend als Kurier, gelegentlich auch als Dealer.
So gelangte ich nach Ouagadougou. Ich machte eine Lieferung und wurde ausgeraubt. Der Empfänger meinte, er habe bereits bezahlt, und als ich mich weigerte, ihm die Ware auszuhändigen, holte er ein paar von seinen Kumpels und prügelte mich halbtot. Am Ende lag ich ohne einen Penny auf der Straße und musste auch noch in Deckung bleiben, weil die Typen, die mich angeheuert hatten, nicht interessierte, wie ich ihre Ware losgeworden war – sie wollten nur ihr Geld, das ich ihnen nicht geben konnte, weil ich es nicht hatte.
Schlimmer hätte es mich nicht treffen können. Burkina Faso war damals das Ende der verdammten Welt – die letzte Grenze. Sie hatten soeben den korrupten Bastard Sankara aus dem Amt gejagt, und niemand wusste, ob es zu einem Staatsstreich kommen, oder ob ein Bürgerkrieg ausbrechen würde, daher waren die Menschen bereit, irrsinnige Risiken einzugehen und ihr Geld auszugeben, ehe es nichts mehr wert war, und sich gehen zu lassen. In einiger Hinsicht ein Ort, wie geschaffen für mich, wenn man außer Acht lässt, dass alle bettelarm waren und dass einem schon für einen Dollarschein die Kehle durchgeschnitten werden konnte.
Ouagadougou war die Hauptstadt, aber davon war nicht viel zu erkennen. Ein paar Blocks protzige Bauten im Zentrum, und dann bog man um eine Ecke und stand wieder zwischen den beschissensten, armseligsten Hütten. Sehr seltsam das Ganze.
Eines Abends war ich in einer Bar, und drei besoffene Penner fingen an, eine weiße Frau anzumachen, die allein an einem Tisch saß. Etwas an ihr war ein wenig seltsam. Sie war sehr elegant gekleidet, sogar für ein normales Geschäftsviertel, aber wir befanden uns dort am Arsch der Welt. Cocktailkleid, jede Menge Make-up, obgleich sie es nicht nötig hatte. Das Haar hochgesteckt und eine Halskette, die dort wahrscheinlich einige Jahreslöhne gekostet hätte. Diese Typen versuchten, sie anzubaggern, und sie meinte, sie sollten sich verpissen, woraufhin sie unangenehm wurden.
Ich stand auf und ging hinüber, um ihr zu helfen. Die Kerle waren nicht halb so toll, wie sie glaubten, und jeder konnte sehen, dass die Frau gut bei Kasse war – und gut aussah. Hochgewachsen, tolle Figur, absolute Klasse. Die Augen vielleicht ein wenig kalt. Blauäugige Blondinen sind eigentlich nie mein Ding gewesen, wenn ich es mir aussuchen konnte, aber dennoch – ich dachte, wenn ich mich an dieses Prachtstück ranmachen könnte, ergab sich vielleicht etwas Günstiges. Vielleicht ein Bett für die Nacht und ’ne schnelle Nummer, vielleicht sogar viel mehr.
Aber sie brauchte meine Hilfe nicht, wie sich herausstellte. Ehe ich an ihrem Tisch war, forderte sie einen der Kerle auf, seine schmierigen Finger bei sich zu behalten, und er reagierte – war wohl ein Witzbold –, indem er ihr an die Brust fasste. Seine Kumpels brachen in brüllendes Gelächter aus, und er genoss es. Aber nur für drei oder vier Sekunden. Dann holte die Lady eine Pistole aus der Handtasche und schoss ihm ein Loch in die Gurgel.«
Peaces Stimme hatte einen leicht verträumten Klang angenommen, und seine Augen blickten in eine völlig andere Dunkelheit, in eine andere Nacht vor fast fünfzehn Jahren. Dann riss er sich zusammen, kehrte in die Gegenwart zurück und schüttelte den Kopf mit einem Ausdruck schmerzlicher Verwunderung.
»Das war deine Mutter, Abbie«, sagte er und schaute fast entschuldigend zum Schatten seiner
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