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Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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einen Moment irritiert an. Er schien die Situation nicht auf Anhieb zu begreifen und wollte nach seiner Pistole greifen. Dann fiel ihm anscheinend wieder ein, wer ich war und was meine Anwesenheit zu bedeuten hatte. »Da hinten ist Kaffee«, murmelte er schwerfällig und deutete auf einen kleinen Stapel Pakete und Gläser vor der Wand neben dem Gaskocher. »Und Mineralwasser.«
    Ich bereitete Kaffee, nur um überhaupt irgendetwas zu tun. Während das Wasser zu kochen begann, hob ich meinen Mantel vom Boden auf. Die Nacht war nicht kalt, aber ich habe meine Tin Whistle gerne in Reichweite, falls ich sie mal eilig brauche. Geistesabwesend überprüfte ich den Inhalt der einzelnen Taschen, fand alles dort, wo es sein sollte. Und einen fremdartigen Gegenstand, den ich nicht erkannte, bis ich ihn ans Licht holte. Es war der Porzellankopf von Abbies Puppe, leicht beschädigt, aber wie durch ein Wunder immer noch in einem Stück. Ich ließ ihn schnell wieder in der Versenkung verschwinden. Ich hatte keine Ahnung, welche Erinnerungen er bei ihr wecken würde, und hatte wenig Lust, es in diesem Moment zu erfahren.
    Natürlich gab es nur Instantkaffee, aber ich kippte einen kräftigen Schluck aus meinem Flachmann in jede Tasse, um dem Gebräu mehr Würze zu verleihen. Ich brachte eine Tasse zu Peace hinüber und stellte sie neben ihm auf den Boden. Er bedankte sich mit einem Kopfnicken.
    »Wie lautet denn nun die Geschichte?«, fragte ich und ließ mich auf dem Koffer nieder, der das Einzige war, das halbwegs als Sitzgelegenheit zu benutzen war.
    Peace seufzte und schüttelte den Kopf. »Keine Geschichte. Geschichten ergeben immer irgendeinen Sinn. Mein Leben … es sind nur Dinge. Dinge, die passieren. Ich wusste eigentlich nie, was ich eigentlich wollte.« Er sah müde und alt aus, obgleich ich vermutete, dass er nur wenige Jahre älter war als ich.
    »Ich meinte die Geschichte mit Abbie«, sagte ich geradeheraus. »Sie nennt Sie Dad. Ist das nur irgendein Wort, oder waren Sie tatsächlich an ihrer Entstehung beteiligt?«
    Er starrte mich düster an. »Was glaubst du denn?«, fragte er schließlich.
    »Ich denke, es gibt in Burkina Faso eine Geburtsurkunde, aus der hervorgeht, dass Sie der Vater eines Kindes sind, das dort geboren wurde. Aber laut den polizeilichen Akten war das Mädchen, das am vergangenen Samstag in Hendon starb, die Tochter eines Mannes namens Steve Torrington.«
    »Ja? Nun, dann solltest du Stephen Torrington deine Fragen stellen. Du wirst aber deine Tin Whistle brauchen. Wahrscheinlich muss man ihn ein wenig anstupsen, damit er redet.«
    »Und ihre Mutter war eine Frau namens Melanie – aber danach wird es ein wenig verworren, weil sie offensichtlich ihren Nachnamen genauso oft wechselt wie andere Leute ihre Unterwäsche.«
    »Als ich sie kennenlernte, lautete er Melanie Jeffers.«
    Ich wollte das Thema fallen lassen, aber ich dachte, dass es Peace vielleicht guttun würde, reden zu können. Mir würde es auf jeden Fall guttun zuzuhören. »Peace«, sagte ich sanft. »Ich habe gerade drei Tage lang in einer Whitehall-Farce gelebt, wo in jeder Ecke ein Cop, ein Katholik oder irgendein verrückter Satanist gelauert hat. Ich könnte zehn Jahre allein schon dafür kriegen, dass ich wusste, dass Abbie längst tot war, während die Polizei noch glaubte, sie sei am Leben. Meinen Sie nicht, Sie könnten versuchen, sich unter diesen Umständen ein wenig ausführlicher zu äußern?«
    »Es ist mein Leben, Castor.«
    »Meins auch.«
    Wir starrten einander an. Diesmal kapitulierte er zuerst.
    »Ja«, murmelte er. »Warum nicht? Aber gib mir vorher einen Schuss von dem Brandy. Ich hasse es, den ganzen Scheiß noch einmal aufzuwärmen. Ich hasse den Wichser, der ich war, als ich diesen Mist gemacht habe.«
    Peace schien die Hemmungen verloren zu haben, vor Abbie zu fluchen – aber sie hatte es anscheinend gar nicht bemerkt, daher war es wahrscheinlich nicht das erste Mal. Ich reichte ihm den Flachmann und nahm an, er würde seinen Kaffee damit taufen. Stattdessen setzte er ihn an die Lippen und leerte ihn, dann gab er ihn mir mit einer anerkennenden Grimasse zurück.
    »Das Zeug hat es in sich«, sagte er.
    »Es macht Ihnen aber offenbar nicht viel aus.«
    »Ich hab’s jetzt gebraucht. Abbie?«
    »Ja, Dad?«
    »Dies ist auch deine Geschichte, und du hast jedes Recht, sie mit anzuhören. Aber nicht alles. In der Mitte kommt ein Stück, da schicke ich dich schlafen, denn – denn da kommen Dinge zur Sprache, von

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