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Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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Tochter hoch. »Das war Mel.«

17
    Abermals trat eine längere Pause ein. Peace atmete zitternd aus, als litte er unter heftigen Schmerzen. Abbie betrachtete ihn mit sorgenvollem Blick aus dunklen, unergründlichen Augen.
    »Vielleicht sollten Sie den Rest der Geschichte für später aufsparen«, schlug ich vor.
    Er schüttelte kurz und heftig den Kopf. »Es muss sein«, murmelte er. »Ich fühle mich sicher besser, sobald ich alles losgeworden bin.« Er hatte den Blick immer noch auf Abbie gerichtet. »Liebling«, sagte er, »ich muss dich jetzt einschlafen lassen. Gleich kommen einige Dinge zur Sprache … die du lieber nicht …«
    Er beendete den Satz nicht und verstummte, aber Abbie nickte bereits. »Mach’s nicht zu lang«, sagte sie, und ihre Stimme klang, als käme sie von weit her. »Ich möchte bei dir sein. Falls irgendetwas passiert.«
    Peace verlagerte sein Gewicht, damit er unter die Decke greifen konnte. Anspannung und Schmerz glitten abwechselnd über sein Gesicht, und seine Bewegungen waren langsam und mühsam, aber als er die Hand wieder hervorzog, befand sich darin ein Kartenspiel, das mit einem Gummiband zusammengehalten wurde. Er schnippte das Band einhändig mit dem Zeigefinger weg und legte den Kartenstapel neben seinem Kopf auf den Boden.
    »Das kann eine Weile dauern«, murmelte er.
    Ich schaute ihm fasziniert zu. Viele Exorzisten benutzen einen Rhythmus, um ihre spezielle Tätigkeit auszuüben, so dass es schon fast ein Schock ist, jemanden zu treffen, der sich einer völlig anderen Art und Weise der Strukturierung bedient. Ich hatte noch nie zuvor jemanden getroffen, der dazu ein Kartenspiel verwendete.
    Peace begann, indem er den Kartenstapel durchsuchte, und zwar nur mit der linken Hand. Anscheinend war es ein reguläres Kartenspiel, außer dass die Karten markiert waren – sehr deutlich sogar mit verschiedenfarbiger Tinte und an einigen Stellen mit Farbklecksen. Auf den meisten Karten befanden sich handgeschriebene Wörter und ganze Wortfolgen sowie gelegentliche Linien und Kreuze durch einige der Satzfragmente. Das Gesicht der Herzkönigin war herausgerissen worden, so dass in der Mitte der Spielkarte ein Loch prangte, durch das man den kleinen Finger stecken konnte.
    Aber es war die Pikdrei, die Peace herausangelte und auf den Kartenstapel legte – zuerst mit dem Gesicht nach oben, doch dann drehte er die Karte um, tippte darauf und starrte sie eindringlich an. Als er sie wieder umdrehte, kam ein Ass zum Vorschein. Und Abbie erlosch wie eine Straßenlaterne bei Sonnenaufgang.
    Peace steckte das Kartenspiel in die Tasche, beziehungsweise ließ es wieder unter seiner Decke verschwinden.
    »Jetzt zu Mel«, sagte er mit sachlichem Gleichmut. »Mel ist schlecht. Durch und durch und von Natur aus schlecht. Jemanden wie sie hatte ich noch nie zuvor kennengelernt. Mittlerweile schon, aber wie ich schon sagte, ich war damals noch ein halbes Kind. Ich meine, ich kam mir ziemlich krass vor, bis ich sie kennenlernte.« Er grinste, aber vielleicht zeigte er auch nur seine Zähne. »Die Schlampe zog perfekt diese Femme-fatale-Nummer ab. Die meisten Männer lieben ein richtig verdorbenes, böses Mädchen. Zumindest so lange, bis es schließlich zu ihnen böse ist.«
    Dem hätte ich früher sicherlich widersprochen. In diesem Moment musste ich jedoch an Juliet denken, und ich sagte nichts.
    »Diese Typen schreckten sofort zurück. Der Mann, auf den sie geschossen hatte, war erstaunlicherweise noch nicht tot. Er umklammerte mit den Händen seinen Hals und versuchte, das Blut zu stoppen oder es wenigstens aufzuhalten, aber er konnte noch atmen, daher nahm ich an, dass sie seine Luftröhre, oder wie immer man es nennt, verfehlt hatte. Aber seine Beine gaben nach, und seine Füße rutschten hin und her und es war offensichtlich, dass er jeden Augenblick umkippen würde, daher packten ihn seine beiden Kumpel an den Armen und zogen ihn weg in Richtung Tür. Dabei stießen sie heftige Flüche aus, aber zu Handgreiflichkeiten hatten sie offenbar keine Lust mehr.
    In diesem Moment bemerkte ich, dass der Barmann einen Polizeischlagstock in der Hand hatte. Keinen simplen Knüppel für Streifenpolizisten, sondern einen dieser schweren Konfliktregler, die eingesetzt werden, wenn Ergebnisse gefordert sind und keine Gefangenen. Er hatte ihn aus irgendeiner Nische unter der Theke hervorgezaubert, und er schlich sich von hinten an Mel heran, hielt das Ding unterm Arm und war bereit, damit auszuholen und ihr den

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