Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
Vom Netzwerk:
wo Fankes Türwächter stehen musste. Den Mann selbst konnte ich jedoch nicht sehen.
    Jetzt war nicht der Zeitpunkt für raffinierte Bluffs, für Feinheiten oder besondere Cleverness. Alles, was mir in diesem Moment einfiel, war, die Hand auszustrecken und mit dem Lauf der Pistole gegen die Mauer zu schlagen. Das erste Mal erzielte ich keine Reaktion, ebenso wenig beim zweiten Mal. Der Verkehrslärm von der Straße überdeckte das leise Geräusch. Beim dritten Mal hatte ich Erfolg. Unter mir in der Dunkelheit erschien eine schwarze Gestalt, und ein bleiches Gesicht schaute zu mir hoch. Ich sprang einfach ins Leere.
    Der Knabe wusste nicht, wie ihm geschah, und vielleicht würde er niemals aufwachen, um es zu erfahren. Während ich auf ihm landete, schlug ich mit dem Pistolengriff zu und nutzte die Schwerkraft und meinen Schwung, um dem Schlag zusätzliche Wucht zu verleihen. Der Pistolengriff traf seinen Schädel mit einem soliden, leichte Übelkeit erregenden Laut, und der Mann brach unter mir zusammen und verhalf mir zu einer weitaus weicheren Landung, als ich erwartet hatte.
    Ich kostete sie jedoch nicht lange aus. Ich rollte mich zur Seite, kam hoch und huschte an der Rückwand der Kirche entlang bis zu dem Punkt, wo das Friedhofstor stand. Meine Füße knirschten auf dem Kies, aber das konnte ich nicht vermeiden. Ich musste annehmen, dass der Mann am Tor meine Landung gehört hatte und wissen wollte, was zum Teufel diese Unruhe zu bedeuten hatte.
    Ich erreichte die Ecke des Gebäudes im selben Moment, als er dahinter zum Vorschein kam. Das funktionierte ganz gut, denn ich erwartete ihn, und er rechnete überhaupt nicht mit mir. Er rechnete auch nicht mit der Faust, die sich in seine Magengrube bohrte. Mit einem erstickten, abrupt gekappten Grunzen brach er zusammen. Ich drehte ihn mit einer Hand auf seiner Schulter um und rammte seinen Kopf einmal, zweimal und ein drittes Mal gegen einen günstig platzierten Grabstein. Nach dem dritten Kontakt verlor er jedes Interesse an der Auseinandersetzung. Ich ließ ihn los, und er sackte wie eine Gummipuppe zu Boden.
    So weit, so gut. Ich drehte ihn, die Pistole schussbereit in der Hand, auf den Rücken, um mich zu vergewissern, dass er nicht bluffte. Er war wirklich bewusstlos, und aus einem Winkel seines schlaffen Mundes rannen Blut und Speichel in einem dünnen Rinnsal. Auch auf seinem Schädel glänzte Blut.
    Egal. In Anwesenheit des Herrn müsste die Rache eben mein sein.
    Ich ging zu »meiner« Eiche und sammelte die Filmdosen ein, dann kehrte ich zur Sakristeitür zurück und machte dabei einen Bogen um den ersten Wächter. Ich spielte kurz mit dem Gedanken, die beiden Körper aus dem Weg zu schaffen und zwischen die Gräber zu schleifen, aber in meinem Kopf tickte eine Uhr. Die Fenster der Kirche bestanden aus buntem Glas. Niemand würde die außer Betrieb gesetzten Männer sehen, es sei denn, Leute kämen durch das überdachte Tor und hätten die Absicht, die Kirche durch die Hintertür zu betreten. Und wenn das geschähe, wären sie mir gegenüber ohnehin im Vorteil.
    Ich lauschte für einen Moment an der Tür, dann schlüpfte ich hinein. Der Chorraum selbst war leer, wie ich es erwartet hatte. Ich ging weiter zur anderen Tür, die in die Kirche führte. Sie stand offen. Ein fernes Stimmengemurmel drang hindurch sowie das leise Klappern widerhallender Schritte, doch von meinem Beobachtungspunkt aus war nichts zu sehen. Der Altarraum war verlassen, wie ich gehofft hatte. Wenn mir das Glück gnädig war, fand das, was im Augenblick geschah, im Kirchenschiff in der Nähe des Hauptaltars statt.
    In der Sakristei lag ein Teppich für weiche priesterliche Füße. Bevor ich hinausging in den Altarraum, streifte ich meine Schuhe ab. Ich wollte nicht, dass mich die hervorragende Akustik der Saint Michael’s Church verriet, ehe ich Gelegenheit hatte, meine Vorbereitungen zu treffen.
    Der Steinboden war so kalt, dass ich mich beinahe peinlicherweise selbst verraten hätte, indem ich einen lauten Schrei ausstieß. Es fühlte sich an, als würde eine parasitäre Pflanze der gefrorenen sibirischen Tundra ihre Schösslinge durch meine Fußsohlen in meine zitternden Beine schieben. Ich bedauerte sofort, die Schuhe ausgezogen zu haben, aber jetzt war es zu spät, diese Entscheidung rückgängig zu machen.
    Ich stahl mich durch den Altarraum bis zu dem Punkt, wo er auf den Mittelgang des Kirchenschiffs traf. Das Licht kam von einem Ende des höhlenartigen Raums – vom

Weitere Kostenlose Bücher