Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)
Aufmerksamkeit auf mich lenke. Auf jeden Fall wird der Wiederaufbau zehnmal besser. Scheiß auf das Air-Conditioning. Ich habe bei einem Laden in Deutschland, der unsere Krankenhausleichenhallen ausrüstet, einen Kühlraum bestellt. Du wirst diese Hütte nicht wiedererkennen.«
Ich betrachtete die Außenseite der Tür zum Projektionsraum. Das Holz war mit Brecheisen und Äxten gespalten und zertrümmert worden – aber dabei war lediglich der stählerne Kern zum Vorschein gekommen.
»Es muss eine schlimme Belagerung gewesen sein«, sagte ich.
Nicky zuckte die Achseln, und ein Teil seiner guten Laune verflüchtigte sich. »Ja, es war schon verdammt beängstigend. Ich musste zusehen, als sie alles zertrümmerten. Dann entdeckten sie die Kameras und legten sie lahm. Noch nicht einmal das konnte ich verhindern. Es war … ich weiß nicht … als hätte man die Krätze oder so etwas, als müsste man zuschauen, wie winzige Insekten unter der eigenen Haut herumkriechen.«
Er runzelte die Stirn. »Hey, das mit deiner Freundin tut mir leid. Verstehst du? Wenn ich irgendetwas hätte tun können, hätte ich es ganz sicher getan. Sie haben verdammte Schneidbrenner mitgebracht, um Himmels willen. Sobald sie mich hier drin isoliert hatten, waren sie durch nichts mehr aufzuhalten. Ich habe mehrmals versucht, dich anzurufen, als sie sie kassierten, aber gleichzeitig schoben sie einen dieser Telefonstörsender herein, daher hörte ich nur Rauschen.«
Er zögerte, als würde er zu spät begreifen, dass er diesen Teil unseres Gesprächs vielleicht an die erste Stelle hätte setzen sollen. »Geht es ihr gut?«
»Juliet?«
»Ajulutsikael. Du darfst sie nicht vermenschlichen. Damit wirst du irgendwann bösen Ärger kriegen.«
»Vermenschlicht sie nicht schon längst der Gebrauch eines weiblichen Pronomens?«, fragte ich.
Nicky machte ein finsteres Gesicht. »Jeder, der einem toten Mann zu einer Erektion verhilft, hat dieses Pronomen verdient, Castor. Betrachte es als Ehrentitel.«
»Es geht ihr gut, Nicky. Danke der Nachfrage. Sicher ist sie mittlerweile wieder ganz die Alte.«
»Und mein Honorar? Du weißt, die fünf Fragen.« Er sah mich hoffnungsvoll an.
Ich zuckte die Achseln. »Alles, was ich tun kann, ist, sie fragen. Die Abmachung war, dass du für ihre Sicherheit sorgst, Nicky. Es könnte sein, dass sie der Meinung ist, dass du den Vertrag gebrochen hast.«
»Den Vertrag gebrochen?« Er geriet in Rage. »Hey, ich wurde überfallen, Castor. Ich habe meinen Teil der Abmachung eingehalten, aber mindestens um das Zehnfache.«
Da hatte er nicht ganz unrecht. Ich versprach, mich wieder bei ihm zu melden. Als ich ihn verließ, blätterte er in einem Katalog für Thermostatventile. Auf diesem Sektor gab es neuerdings einige sehr schöne Modelle.
Zu meiner nicht allzu großen Überraschung fand ich bei Pen meine gesammten weltlichen Besitztümer in der Auffahrt liegend vor. Ich steckte den Schlüssel ins Haustürschloss, und fast wie erwartet passte er nicht. Schnelle Arbeit unter den gegebenen Umständen.
Ich klingelte, und Pens Schwester Antoinette öffnete. Sie verschränkte die Arme in einer
no pasarán
-Geste, was bei ihr recht überzeugend aussah, obgleich sie höchstens drei Zentimeter größer war als Pen. Sie war in vieler Hinsicht Pen sehr ähnlich, ging jedoch in die Politik, bewarb sich um einen Platz im Stadtrat, verlor dreimal die Wahl und handelte sich damit ein Raubvogelgesicht ein, das niemals lächelte.
»Hey, Tony«, sagte ich. »Kann ich sie sprechen?«
»Wenn sie mit dir reden wollte, Castor, hätte sie nicht die Türschlösser ausgetauscht.«
»Warum fragst du sie nicht?«
»Weil ich keine Lust habe, sie nach einem weiteren hysterischen Anfall beruhigen zu müssen. Warum schickst du ihr keine E-Mail?«
»Kein Computer.«
»Dann benutz einen Heliographen.«
Ich schaute zum bedeckten Himmel hoch. Antoinette tat es ebenfalls.
»Sieht so aus, als wärst du in den Arsch gekniffen«, stellte sie fest und schloss die Tür.
Drüben im Stanger-Sanatorium war Rafi mit starken Betäubungsmitteln ruhiggestellt worden, nachdem er den Kopf so lange gegen die Zellentür geschlagen hatte, bis fast sein halbes Gesicht zerstört war. Davon würde er sich natürlich erholen. Asmodeus war wieder eingezogen, daher hatte er großes Interesse daran, dass sich sein Ausweichquartier stets in bestem Zustand befand.
Aber unter den gegebenen Umständen war das vorgeschriebene Nachfolgegespräch, um zu entscheiden, ob
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