Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)
den Kopf von Abbies Puppe vom Wagenboden auf. Er musste sich vom Körper getrennt haben, als mein Kopf dagegengeprallt war, und es war ziemlich erstaunlich, dass er beim Herabfallen nicht zersprungen war. Ich steckte ihn automatisch in die Manteltasche. Brav wie jeder Serienmörder mit ausgeprägtem Reinlichkeitsgefühl stopfte ich den enthaupteten Körper zurück in den Sainsbury-Beutel.
Ich denke, in diesem Moment wurde es zu einer förmlichen Herausforderung, zumindest für mich. Ich befand mich in einem geistigen Duell und lag drei Punkte zurück. Der Mann war gut, ohne Zweifel, und um ihm beizukommen, müsste ich mir etwas einfallen lassen. Aber bekanntlich führen viele Wege nach Rom, wie Sie sicher wissen, wenn Reisen Ihr Hobby ist.
Ich konnte es kaum erwarten, mit ihm zusammenzutreffen.
Und ihm die Zähne einzuschlagen.
Immer noch ein wenig zittrig startete ich und lenkte den Wagen durch die Nebenstraßen zurück in die Du Cane Road. Ich passierte die Kirche, fuhr nach Osten und entdeckte ein Stück voraus sofort eine vertraute Gestalt auf dem Bürgersteig. Es war Susan Book, nun in einen langen, rehbraunen Dufflecoat gehüllt, aber immer noch zu erkennen, weil sie auf die Kapuze verzichtet hatte und sich ständig umschaute, als glaubte sie zu hören, dass jemand ihren Namen rief.
Ich brachte den Wagen ein paar Meter vor ihr zum Stehen und drehte das Seitenfenster nach unten. Sie schickte sich an, dem Wagen auszuweichen, dann sah sie, dass ich darin saß.
»Soll ich Sie mitnehmen?«, fragte ich.
Sie schien überrascht und ein wenig verwirrt zu sein. »Nun, ich wohne nur ungefähr eine Meile von hier«, sagte sie. »In Royal Oak. Der Bus fährt dorthin.«
»Ich auch«, sagte ich. »Jedenfalls fahre ich hindurch. Es macht mir nichts aus, Sie dort abzusetzen.«
Susan focht einen kurzen, beinahe spaßigen Kampf mit sich aus. Ich konnte erkennen, dass ihr die Vorstellung, von einem Fremden mitgenommen zu werden, nicht behagte, was völlig okay war. Auch dass sie sich nicht gerade darauf freute, an der Bushaltestelle zu warten, während die Nacht hereinbrach.
»Na schön«, gab sie sich geschlagen. »Vielen Dank.«
Ich öffnete die Tür, und sie stieg ein. Für eine Weile fuhren und schwiegen wir – es war eine Art geladenes Schweigen. Sie war derart angespannt, dass es im Wagen beinahe summte wie in einem Elektrizitätswerk.
»Kennen Sie Miss Salazar schon lange?«, fragte sie schließlich mit sehr leiser Stimme, die ich bei dem Motorenlärm kaum hören konnte.
»Juliet? Nein«, gab ich zu. »Sie … wohnt noch nicht lange hier. Aber sie ist jemand, der schon bei der ersten Begegnung einen tiefen Eindruck hinterlässt.«
Sie nickte heftig und verstehend. »Und sind Sie … so etwas wie Partner«, fragte sie und fügte schnell hinzu, »im rein beruflichen Sinn, meine ich? Arbeiten Sie zusammen?«
»Nicht wirklich«, antwortete ich und hatte das Gefühl, als würde ich mit jeder Antwort in Susans Wertschätzung tiefer sinken. »Wir taten es nur für kurze Zeit, während Juliet die Grundlagen erlernte. Sie arbeitete eine Zeit lang neben mir, damit sie sehen konnte, wie der Job auf täglicher Basis abläuft. Sie arbeitet jetzt selbständig, daher war das heute eher so etwas wie eine … nennen wir es Beratung.«
»Ja. Ich verstehe«, sagte Susan und nickte abermals. »Das muss beruhigend sein. Sich gegenseitig um einen Gefallen bitten zu können. Zu wissen, dass jemand …« Sie verstummte, als suchte sie nach den richtigen Worten.
»… einem den Rücken stärkt?«, bot ich an.
»Ja. Genau. Dass jemand einem den Rücken stärkt.«
Wir hatten Royal Oak bereits erreicht, und ich verließ den Westway und gelangte auf das Ende der Harrow Road, ohne dass sie es offenbar bewusst mitbekam.
»Wo genau wohnen Sie?«, fragte ich.
Susan schreckte hoch und sah sich überrascht um.
»Bourne Terrace«, sagte sie und deutete in die entsprechende Richtung. »Dort entlang. Dann die erste links und gleich wieder links.«
Ich folgte ihren Anweisungen, und wir stoppten vor einem kleinen, in Terrassen angelegten Haus, das bis auf eine einzige Lampe im obersten Stockwerk völlig im Dunkeln lag. Ein Garten mit den Ausmaßen einer Badematte trennte es von der Straße. Das Tor war krankenhausgrün lackiert und mit einem Schild HAUSIEREN VERBOTEN versehen.
»Ich würde Sie gerne zu einem Tee einladen«, sagte Susan so steif, dass sie beinahe verängstigt erschien. »Oder zu einer Tasse Kaffee. Aber ich wohne bei
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