Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)
meinte, das reiche völlig aus, und rief sie an.
»Und jetzt sind Sie hier«, schloss sie fröhlich. »Zwei für den Preis von einem.« Sie lächelte uns beide zaghaft an und musste dazu den Kopf nach links und nach rechts drehen. Es war das erste Mal, seit sie begonnen hatte, ihre Geschichte zu erzählen, dass sie meine Anwesenheit offiziell zur Kenntnis nahm.
»Ja, da sind wir«, bestätigte ich. Ich stand auf. »Ich denke, wir sollten uns über diesen Fall am besten in Ruhe beraten. Könnten Sie uns für einen Moment entschuldigen?«
»Natürlich«, sagte Susan und hatte plötzlich abermals diese hektische Röte im Gesicht. »Ich muss sowieso wieder abschließen.«
Sie stand auf und entfernte sich eilig mit klirrenden Schlüsseln. Juliet und ich stiegen den Hügel zum Rybrandt-Grabmal hinauf, während die Nacht hereinbrach.
»Meinst du, es ist ein Dämon und keine menschliche Seele?«, fragte ich, als ich sicher war, dass man uns nicht belauschen konnte.
Juliet ließ sich mit einer Antwort Zeit. Als sie schließlich redete, hatte ich den Eindruck, dass sie ihre Worte sehr sorgfältig wählte. »Die Geschöpfe der Hölle«, sagte sie, »erkenne ich an ihren Gewohnheiten und an der Spur, die sie hinterlassen. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass ein solches Wesen mir derart nahe kommt, ohne dass ich es bemerke. Das schaffen auf geheiligtem Boden nur einige der älteren Mächte. So wie es mich meine gesamte Kraft kostet, einen solchen Ort zu betreten und keinen Schaden davonzutragen. Ich muss mich vorbereiten, muss einen Schutz aufbauen – und ich darf mich nicht sehr lange dort aufhalten.«
»Was dann? Für was hältst du es?«
Sie wandte sich zu mir um, und ich konnte erkennen, dass sie beunruhigt war. Was bedeutete, dass sie es mich sehen ließ, weil Juliet ihre Körpersprache auf die gleiche Art und Weise kontrollieren kann wie ein Fliegenfischer seinen Köder aufs Wasser setzen kann. »Wären da nicht diese Kälte«, sagte sie, »und die anderen Zeichen, würde ich schwören, dass hier nichts ist. Was immer es sein mag, es hat keinen Geruch. Keinen Körper. Keinen Kern.« Sie suchte nach Worten und verzog ungehalten das Gesicht, als gefielen ihr die Worte nicht, die sie gefunden hatte. »Es hat Schwere ohne echte Präsenz.«
»Womit hast du es versucht?«, fragte ich und behielt einen professionellen Ton bei.
»Mit einigen Dingen. Mit mehreren Fragen und Ansagen, von denen jede hätte dafür sorgen müssen, dass mir das, was immer in diesen Steinen verborgen ist, sein wahres Gesicht zeigt. Aber dabei kam nicht das Geringste heraus. Ich habe nichts als heiße Luft.«
Ich erinnerte mich an die wogenden Schatten in der Wasserschüssel und nickte. Es war wohl kaum eine Metapher.
»Und dennoch –«, murmelte Juliet und hielt inne. Ich hatte sie noch nie bei irgendetwas derart zögerlich erlebt. Um ehrlich zu sein, es war ein wenig beunruhigend, als ob eine Lawine plötzlich die Richtung änderte.
»Was?«
»Gelegentlich spüre ich eine ganz schwache Präsenz. Nicht in den Steinen, sondern irgendwo in der Nähe. Sehr nah und in Bewegung, gleichgerichtet und gegenläufig, wie ein Mückenschwarm. Was es auch ist, ich glaube, es steht mit dem in Verbindung, was sich in der Kirche befindet – aber sobald ich den Blick darauf richte, verbirgt es sich vor mir.«
Mir fiel ein, was ich empfunden hatte, als ich vor der Kirchentür gewartet hatte. »Ja«, stimmte ich zu. »Ich glaube, das habe ich auch gespürt. Eine Art Geruch, eine Witterung, meine ich, aber nicht stark genug, um sie zu identifizieren.«
Ich schaute zum Friedhofstor. Susan Book wartete dort auf uns, ihr Gesicht ein deutlich zu erkennender heller Fleck in der zunehmenden Dunkelheit.
»Willst du, dass ich es versuche?«, fragte ich. Das, wovon Juliet redete, war vermutlich Totenbeschwörung – schwarze Magie –, die ich größtenteils als einen riesigen Haufen Quacksalberei und Unfug mit einigen wenigen Körnchen Wahrheit dazwischen betrachte. Was ich tat, sah ein wenig anders aus. Ich bediente mich eines Talents, das in mir steckte, ohne Rezitationen oder Rituale und ohne steganografische Geheimnisse. Es war ein ernsthaftes Angebot, aber Juliet schüttelte den Kopf. Sie bat mich nicht, ihren Job zu übernehmen.
»Ich möchte, dass du mir sagst, ob ich irgendetwas versäumt habe«, bat sie. »Du bist schließlich schon viel länger als ich in diesem Gewerbe tätig.«
So weit stimmte das. Nach dem, was sie mir erzählt hatte, war Juliet
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