Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
Vom Netzwerk:
entschlossen, eine Behörde zu gründen, die für Gorillas zuständig war.
    Sie überprüften mich nicht auf Waffen oder versteckt mitgeführten Schnaps, obgleich sie auch meine Taschen und das Innenfutter meines Mantels flüchtig abtasteten. Ihnen ging es im Wesentlichen darum festzustellen, dass ich der Messlatte entsprechend, nach der sie sich bei dieser Prozedur richteten, lebendig und mehr oder weniger menschlicher Natur war. Zuerst nötigten sie mich, für ein paar Sekunden eine Silbermünze ganz fest in die Hand zu nehmen, und warteten, ob sich bei mir irgendeine Reaktion zeigte. Dann tasteten sie ziemlich grob an Handgelenk und Hals nach meinem Puls.
    Es verdirbt ein wenig die Laune, wenn jemand, der zehn Zentimeter größer ist als man selbst und die Statur eines Berufsringers hat, einem seinen Daumen in den Hals bohrt. Das ist einer der Gründe, weshalb ich mich nicht häufiger in Exorzistenkneipen blicken lasse.
    Ein anderer Grund ist, dass ich ein ungeselliger Bastard bin, der Fachsimpelei noch mehr hasst als eine Zahnbehandlung.
    Das Oriflamme war der Feierabendtreffpunkt für Exorzisten schlechthin, falls Sie das nicht längst geschnallt haben. Oder zumindest war es das in seiner ersten Version. Damals stand es in der Mitte eines Verkehrskreisels auf dem Castlebar Hill. Es war ein Gebäude, in dem früher ein Museum untergebracht war und das mehrmals den Besitzer gewechselt hatte, bis es dem berühmten Peckham Steiner in den Schoß gefallen war, einer Vaterfigur für alle Londoner Exorzisten, solange man einen trunksüchtigen, dem Kindesmissbrauch frönenden Vater hatte, der den Zustand der geistigen Normalität nur vom Hörensagen kannte.
    Steiner machte dann den Laden seinem guten Freund Bill Bryant, besser bekannt unter seinem halb liebevollen Spitznamen »Bourbon«, zum Geschenk. Der Laden war völlig abgelegen, aber er hatte eine ganz eigene düstere, bedrückende Atmosphäre und einen Ruf als Ort, an dem man sich unbedingt zeigen sollte, wenn man darauf aus war, in der Szene Fuß zu fassen und sich einen Namen zu machen, daher schleppte es sich trotz seiner lausigen Lage von Jahr zu Jahr so einigermaßen dahin. Aber dann, vor etwa drei Jahren, fackelte jemand es bis auf die Grundmauern ab. Es war ein Brandbombenattentat – zum Glück hatte das Etablissement zu diesem Zeitpunkt geschlossen – und es leistete ganze Arbeit. Die Katze des Barkeepers überlebte das Feuer, aber abgesehen davon blieb noch nicht einmal ein Aschenbecher übrig.
    Nicky hatte einen ganzen Haufen Theorien darüber, wer es getan hatte und weshalb, und von Zeit zu Zeit versuchte er, mir einige davon vorzustellen. Gewöhnlich schaffte ich es, mich aus dem Staub zu machen, ehe er davon anfing, dass die Satanisten im Begriff waren die Regierung zu übernehmen, aber manchmal war es verdammt knapp.
    Mittlerweile war das Oriflamme im Zuge einer dieser seltsamen Ironien, die zu unserem Gewerbe gehörten, von den Toten auferstanden – oder zumindest traf das auf seinen Namen zu. Ein Typ namens McPhail, der, soweit ich weiß, niemals etwas mit dem Laden auf dem Castlebar Hill zu tun hatte, stellte sich ein Etablissement vor, das die Exorzistenvision von einem Herrenclub sein könnte – mit einer Bar, einem Salon, persönlichen Postfächern, einer Möglichkeit zu übernachten, wenn man sich für ein paar Tage in der Stadt aufhielt, eben allem, was dazugehörte.
    McPhail hatte keine Räumlichkeiten – oder verpfändbare Sicherheiten –, aber er hatte jene Anpackermentalität, die man gewöhnlich Serienmördern und korrupten Politikern zuordnete. Er stahl den Namen von Bourbon Bryant – der mit einer Klage drohte, aber nicht mal so viel Geld hatte, um das Taxi zum Gerichtsgebäude, geschweige denn einen Anwalt zu bezahlen – und eröffnete seinen Laden am Soho Square.
    Es wurde gemunkelt, dass er ein Haus besetzte, anstatt Miete oder Pacht zu bezahlen, und ich glaubte es durchaus. Die Mieten in Soho waren mittlerweile derart hoch, dass sogar die Obdachlosen, die in Hauseingängen nächtigten, dafür monatlich einen Riesen abdrückten.
    Ich stieg die Treppe hinauf, nachdem ich die Musterung als lebenswarmer Körper ohne unliebsame Mitreisende hinter mich gebracht hatte, und ging durch eine Tür, die genauso üppig mit Bannsprüchen und Sigillen dekoriert war wie ein Hochzeitswagen mit bunten Bändern und leeren Konservendosen. Ich gelangte in eine geräumige Bar, die wahrscheinlich mehr Atmosphäre gehabt hatte, als der Raum noch

Weitere Kostenlose Bücher