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Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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als Büro vermietet wurde. Die Beleuchtung bestand aus ungefähr einem Dutzend indirekten Spotlights im Fußboden an den Rändern des Saales, welche die Decke anstrahlten. Es war eine nette Idee, die jedoch dadurch beeinträchtigt wurde, dass die meisten Leute im Raum in der Nähe der Scheinwerfer standen oder saßen und einen Großteil des Lichts abschirmten. Riesige Schatten kamen und gingen an der Decke, und die Lichtintensität schwankte von einer Sekunde zur anderen, wenn Leute sich auf ihren Plätzen bewegten oder aufstanden, um die nächste Runde von der Bar zu holen.
    Die Bartheke bestand aus einer derben Barrikade Packkisten mit darübergelegten Abdeckplanen in einer Ecke des Raums. Angeboten wurden Bier in Flaschen sowie Wein und Spirituosen glasweise nach Augenmaß – was allein schon für eine Schließung des Betriebs ausreichte, falls jemand vom Zoll oder der Gewerbeaufsicht auf einen Drink vorbeischaute. Natürlich haben die meisten Steuerbeamten einen derart schwachen Puls, dass sie wahrscheinlich gar nicht erst an den Rausschmeißern vorbeigekommen wären.
    Die Klientel war bunt gemischt. In der wogenden Masse an der Bar entdeckte ich ein halbes Dutzend Leute, die ich flüchtig kannte, und ein paar mehr in stillen Winkeln und Nischen in Gespräche mit Fremden – möglicherweise Kunden, Partner oder bezahlte Informanten – vertieft. Ich suchte jedoch jemand Bestimmten, und ich sah ihn schließlich allein am anderen Ende des Raums stehen, wo er sich an einen Pfeiler lehnte. Es war Bourbon Bill persönlich, der Eigentümer des ursprünglichen Oriflamme, das in den Flammen gestorben und als dieses un-Phoenix-hafte Dreckloch wiederauferstanden war. Er trug eine Lederjacke zu einem roten Oberhemd und schwarzen Denimjeans, die aussahen, als stammten sie aus dem amerikanischen Bürgerkrieg. Wahrscheinlich ebenso alte Doc Martens zierten seine Füße. Er hatte ein leeres Schnapsglas in der Hand und trank gelegentlich einen Schluck aus einem Flachmann, den er in der Innentasche seiner Lederjacke versteckte. Ich ging an der Bar vorbei, wo ich zwei gut zugemessene Gläser Whisky kaufte, und näherte mich ihm von hinten.
    Ich drückte ihm eines der Gläser in die freie Hand und stieß mit ihm an. »Cheers, Bill«, sagte ich, als er sich umdrehte.
    »Felix Castor.« Er klang überrascht. »Welche unerwartete Ehre. Du kommst anscheinend kaum noch unter Leute.« Er hob das Glas und leerte es in einem Zug. Er trank Whisky wie andere Menschen Wasser, und soweit ich wusste, benutzte er Wasser nur zum Zähneputzen. Er konnte durchaus schon eine halbe Flasche intus haben, je nachdem, wie früh er angefangen hatte, aber davon war ihm in seiner Stimme oder in seiner Körperhaltung nichts anzumerken. Sein Hang zum Alkohol war für einen Barbesitzer nicht gerade von Vorteil – ich sollte eher früherer Barbesitzer sagen –, aber seine unvergleichliche Fähigkeit, mit ihm umzugehen, war es ganz gewiss. Mehr als ein Gast, der versucht hatte, ihn unter den Tisch zu trinken, war anschließend auf Besagtem hinausgetragen worden.
    »Ich komme so häufig unter Leute wie eh und je, Bourbon«, sagte ich. »Es ist nur so, dass ich mich nicht so gerne in der Gesellschaft von Geisterjägern besaufe. Irgendwie komme ich mir dabei immer vor, als wäre ich noch im Dienst.«
    »Wenn das deine Meinung ist, Fix.« Er grinste, aber nicht lange. Sein Gesicht nahm gleich wieder seinen gewohnten säuerlichen Ausdruck an. Er war jemand, dem das Leben kräftig in die Eier getreten hatte, und er hatte immer noch den Gesichtsausdruck, der sich einstellt, wenn der erste Schmerz nachgelassen hat. Seine Miene hatte schon immer der eines Bassets geglichen. Jetzt war sein Gesicht noch faltiger als je zuvor, und seine Farbe glich mehr und mehr dem Graubraun seines Haars. »Früher hast du dich aber öfter im echten Oriflamme blicken lassen. Mindestens zweimal in der Woche, wenn ich mich recht entsinne.«
    Ich nickte. »Und dann mietete ich ein Büro. Der größte Fehler, den ich je gemacht habe.«
    »Du sagst es, Bruder.« Bourbon lachte wehmütig und schüttelte den Kopf. »Mein größter Fehler war, damals zur Hochzeit meines Bruders nach Schottland zu fahren. Als ich zurückkam, erwartete mich nur noch ein Haufen Asche und eine Rechnung der Feuerwehr. Drei Jahre sind mittlerweile verstrichen und ich habe noch immer nicht den blassesten Schimmer, wer es getan hat.«
    »Irgendwelche Fortschritte an dieser Front?«
    »Nicht in jüngster Zeit. Hatte vor

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