Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition)
Zombie-Gesicht mit roten, quaddeligen Pestbeulen und Striemen, aus dem weiße Glutascheaugen starrten. Der Zombie wankte nach dem Abwehrschlag, doch sofort versuchte er einen zweiten Angriff. Er startete einen Ausfallschritt, doch Tom war schneller und entkam dem Griff des Zombies. Tom floh.
Er stürzte den Weg zurück, er hörte das
Halt, stehenbleiben, Polizei!
von Polizeiobermeister Hölleisen nicht mehr, er rutschte eine steile Halde hinunter, und die tollen Trekkingschuhe taten ihm dabei gute Dienste. Was war denn das für ein Wahnsinniger gewesen? Was hatte der denn für eine üble Maske getragen? Tom wollte schnellstmöglich zum Kreuzweg laufen, er kannte ein paar Abkürzungen, auf den Kramer war er schon öfters gegangen. Das Handy hatte er beim Gerangel verloren, das war ihm jetzt egal, er wollte nur noch weg von hier. Ein schöner Ermittler war er! Die totale Lusche! Er schämte sich vor sich selbst, dass er so feige ausgebüxt war, aber jetzt war es zu spät, jetzt war er schon mal am Flüchten und Laufen. Der stolze Mond hatte die lästigen Wolken nun vollständig abgeschüttelt, der Wald erstrahlte in seinem fürstlichen Schein. Tom blickte den Abhang hinunter. Dort sah er schon den Kreuzweg. Er musste nur noch ein paar Schritte laufen – da war er auch schon ausgerutscht. Er hatte das Gleichgewicht verloren, er konnte sich nicht mehr halten, er stürzte und rasselte einen steilen Geröllhang hinunter. Er versuchte, sich an ein paar Latschen festzukrallen, aber er hatte schon zu viel Fahrt aufgenommen, er überschlug sich, knallte auf dem harten Boden auf, mehrmals, immer wieder, dann rutschte er über einen Felsabbruch und befand sich plötzlich im freien Fall.
Er ruderte mit den Armen, bekam ein paar Zweige zu fassen, doch er konnte sich nicht an ihnen festhalten, er glitt polternd durch die Äste eines Baumes. Mit der Kraft der Verzweiflung krallte er sich fest, seine Füße scharrten knirschend am Stamm entlang, dann endlich kam er auf einem Ast zu stehen. Er war total außer Atem, vollkommen benommen, und er japste nach Luft. Von diesem tiefsten Ast der Riesenlärche bis zum Boden waren es vielleicht drei Meter, kein Problem für Tom mit seinen 1 a-Schuhen. Er ließ den Ast der Riesenlärche los, er fiel und erwartete weichen Waldboden. Er landete noch weicher, als er gedacht hatte. Er landete in etwas Matschigem, und bei dem nassen, glitschigen Landegeräusch war auch noch ein verräterisches Knacken und Krachen dabei gewesen. Egal jetzt – er saß auf sicherem Boden. Er atmete auf. Er sandte ein Stoßgebet zum Himmel: Dschisas! Als er hinuntergriff, um sich aufzurichten, griff er in weiche Masse und in etwas abgebrochenes Scharfes. Er war Medizinstudent. Er erkannte sofort, dass das eine Rippe war. Er war in den Brustkorb eines verendeten Hirschen gesprungen! Er griff tiefer in die weiche, warme Masse. Das mussten die Lungenflügel sein, die bei allen landlebenden Wirbeltieren vom Brustkorb umschlossen wurden. Er holt ein Taschentuch heraus, um sich die Hände abzuwischen. Aber seine Schuhe! Seine guten Trekkingschuhe! Mit denen stand er jetzt im blutigen Brustkorb dieses bescheuerten Hirschen. Die waren versaut! Tom schrie seinen Frust in die stahlschwarze Nacht hinaus. Sein Schrei verhallte im Wald. Warum musste dieser saublöde Hirsch ausgerechnet hier an dieser Stelle sein Leben aushauchen!
Es war kein Hirsch.
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(Werbeclip für Bürgermeisterwahl Ursel und Ignaz Grasegger, produziert von
Tatzelwurm Events
)
Prächtige bayrische Landschaft. Weißblauer Himmel, saftige Wiesen, sanft geschwungene Hügel, pralle Milchkühe. In der Ferne verlockend schimmernde Gebirgszüge mit verschneiten Felsen und vereinzelt blinkenden Gipfelkreuzen. Am Himmel ein Hubschrauber, der einen Bannerschlepp mit der Aufschrift
Werde Mitglied im Alpenverein!
zieht. Ganz vorn im Bild ein Ehepaar in den besten Jahren. Sie sind gut genährt und tragen Werdenfelser Tracht. Sie blicken direkt in die Kamera, und ihre tiefblauen Augen strahlen Ruhe, Erdverbundenheit und Zuversicht aus. Die Kamera zieht auf. Man erkennt jetzt, dass die beiden auf einem Friedhof vor einem frischen Grab stehen. Eine Kranzschleife trägt die Aufschrift
Letzter Gruß von Deinen Schuhplattlern
. Auf der Trauerweide hüpft ein rotes Eichkätzchen von Ast zu Ast, ein Adler erhebt sich flatternd in die Lüfte. Acht Gebirgsschützen schießen Salut, die Blaskapelle setzt schmetternd ein. Der Pfarrer schwenkt den
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