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Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition)

Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition)

Titel: Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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dich. Gönn dir keine Verschnaufpause. Du hattest bisher einen guten Lauf. Einen perfekten Lauf. Du musst so weitermachen. – Die kleinste Unachtsamkeit könnte zum Schluss noch alles versauen. Willst du das? Nein, das willst du nicht! – Sei auf der Hut. Jetzt schützt dich keine Lady-Gaga-Maske mehr. Jetzt musst du vom Täter zum Opfer werden, mit schreckgeweiteten Augen, zitternden Händen und fahrigen Bewegungen. Du musst dich in einen dieser Idioten verwandeln. – Übertreibe es aber nicht. Mach nicht zu viel, quatsch vor allem nicht zu viel. Sei dir lieber unsicher, verwickle dich ein paarmal in Widersprüche! Das ist ganz typisch nach solch einem Erlebnis, das die Psychos ›traumatisch‹ nennen. Fühl dich einfach ein in so ein verdammtes Opfer. Sei geschlagen worden. Sei angeschrien worden. Spiel das Opfer nicht, sei es! Du hast einen solch brillanten Lauf hingelegt bisher – jetzt kommt der letzte, entscheidende Akt! – Erinnere dich an Mathelehrer Schirmer, der damals die Schultheatergruppe geleitet hat. Du hast mitgespielt.
Es war die Nachtigall, und nicht die Lerche …
Der Schirmer hat damals einen guten Satz gesagt. Denk nicht zu viel nach, was du machst. Mach es. Sei es. Seit du diesen Plan hast, weißt du, dass ein Lehrer auch mal was Sinnvolles gesagt hat. – Gleich landen wir. Die Nerven liegen blank. Jemanden um eine Zigarette anschnorren? Nein, reiß dich zusammen. Bleib cool. Bleib locker. Gleich hast dus geschafft.
     
    Die Rotoren des ersten Sanitätshubschraubers verlangsamten sich und kamen zum Stillstand, die Schwerverletzten wurden rasch herausgeschoben. Erst die Herzattacke, dann die Schusswunde, dann das Kompartment-Syndrom, danach die anderen Verletzten. Der zweite Helikopter stand noch in der Luft und wartete, bis das Areal frei war.
    »Hast du eine Ahnung, was die ganze verdammte Kacke sollte?«, fragte Schorsch Meyer, der Oberstudienrat für Deutsch, Geschichte und Sozialkunde.
    »Keinen blassen Schimmer«, sagte der Architekt Jerry Dudenhofer, der auf der Liege neben ihm lag. »So dramatisch ist wahrscheinlich noch kein Klassentreffen den Bach runtergegangen.«
    Eine Pause entstand.
    »Warum landen wir nicht?«, fragte Jerry Dudenhofer.
    »Vielleicht fliegen sie uns in ein anderes Krankenhaus.«
    Meyer musterte Dudenhofer prüfend.
    »Ist der Geiselnehmer etwa einer von uns?«
    »Wie kommst du denn darauf?«
    »Warum sonst der Aufwand mit den Masken?«
    »Da hast du recht. Wir haben alle in etwa die gleiche Statur. Könnte sein. Sogar eine der Frauen könnte es sein.«
    »Wer von uns hat so viel Kohle, dass sich eine Geiselnahme lohnen würde? Kannst du dir da jemanden vorstellen?«
    »Ich weiß nicht. Jakobi vielleicht. Der ist doch fett drin im ganz großen internationalen Geschäft. Aber ich glaube nicht, dass es bei dieser Sache um Kohle ging.«
    »Um was ging es dann?«
    »Ich glaube, dass der Name Susi Herrschl gefallen ist.«
    »Du meinst, dass es um Susi ging?«
    Wieder Pause. Über Funk hörte man die Stimmen der Notärzte.
    … Schussverletzung … innere Blutungen durch Gefäß- oder Herzläsion … Verletzung parenchymatöser Organe wie Milz und Leber …
    »Hast du das gehört?«, fragte Schorsch Meyer, plötzlich sehr aufgeregt. »Eine Schussverletzung? O Gott! Ich habe gar nicht mitbekommen, dass einer von uns so schwer verletzt ist!«
    »Das muss der Typ hinter dem Felsen sein«, stieß Dudenhofer entsetzt hervor. »Der Typ, der weggeschleift worden ist.«
    »Aber mit einer Schusswunde? Wir haben doch da hinter dem Felsen gar keine Schüsse gehört. Geschossen hat der Gangster nur ganz am Anfang und ganz am Schluss.«
    Pause. Medizinisches Fachvokabular, das keiner verstand, das aber äußerst beunruhigend klang. Jerry Dudenhofer richtete sich ruckartig auf.
    »Kurz bevor der Hubschrauber über dem Gipfel aufgetaucht ist, da ist der Gangster an mir vorbeigerannt«, rief er. »Er ist fast über mich gestolpert. Dann hat er um sich geschossen, hat aufgestöhnt, hat sich dann auf den Boden geworfen … Mein Gott, jetzt verstehe ich … er hat sich selbst verletzt … um den Verdacht von sich abzulenken! … Der mit der Schusswunde, das muss der Gangster sein. Der mit der Schusswunde! Er hat sich ins Bein geschossen!«
    Er fuchtelte wild mit den Armen.
    »Hört alle her! Es ist der mit der Schusswunde!«
    Die Ärztin kam und beruhigte den tobenden Dudenhofer.
    »Posttraumatische Reaktion«, murmelte sie.
     
    In der Notfallabteilung des Krankenhauses

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