Femme fatale: Der fünfte Fall für Bruno, Chef de Police (German Edition)
und niemand wusste, wo sie steckte.
»Wenn sie Eugénie mit Vornamen heißt, galt ihr die Nachricht von Foucher, als er diese SMS tippte und du ihm dazwischengefunkt hast«, sagte Jules. »Es war nur ein Wort: ›Verschwinde!‹ Und jetzt kommt das Beste«, fuhr er fort und hielt eine Plastiktüte in die Luft, in der sich das Mundstück eines Alkotesters befand. »Wir haben einen weißen Jaguar gestoppt, der auf der Straße nach Périgueux deutlich zu schnell unterwegs war. Am Steuer ein gewisser Richard Abouard, dem Pass nach libanesischer Staatsbürger. Er musste blasen, und hier haben wir das Röhrchen. Um alles Weitere kümmert sich Yves.«
»Ausgezeichnet«, sagte Bruno. »Sind Jean-Jacques und der Staatsanwalt noch hier?«
»Jean-Jacques vernimmt noch die alte Dame. Der Staatsanwalt ist mit dem Bürgermeister nach Périgueux, um den Präfekten zu informieren. Der Inspektor aus Bergerac – du kennst ihn – wird die Hausdurchsuchung in der auberge leiten. Die Spurensicherung hat einen Wagen auf dem Hotelparkplatz sichergestellt, weil sie ihn mit Junots Tod in Verbindung bringt, und Jean-Jacques sagte, eben dieser Wagen sei von der Videokamera der Mülldeponie gefilmt worden.«
»Haben die beiden einen Anwalt kommen lassen?«
»Foucher wartet draußen auf Madame. Wir werden die beiden wohl festhalten müssen, solange Eugénie nicht gefunden ist. Jean-Jacques will sie wegen Falschaussage belangen.«
»Und die alte Dame lässt sich vernehmen, ohne dass ein Anwalt bei ihr ist?«, staunte Bruno.
»Jean-Jacques hat sie als Erstes eine Erklärung unterschreiben lassen, dass sie auf einen Anwalt verzichtet. Sie meinte, ihr Enkel würde sich um alles kümmern.«
»Dann wäre also alles unter Kontrolle«, sagte Bruno, in Gedanken schon bei dem zu erwartenden Chaos, das Francettes Aussage auslösen würde, die Foucher und den Grafen unmittelbar mit Athénaïs’ Tod in Verbindung brachte.
Plötzlich vibrierte sein Handy, und als er Gilles’ Namen im Display sah, ahnte er, dass etwas schiefgelaufen war.
»Sie ist uns durch die Lappen gegangen«, sagte Gilles. »Tut mir leid.«
»Wovon reden Sie?«
»Es ist meine Schuld. Ich habe unsere Leute in Kalifornien nicht richtig instruiert«, antwortete der Reporter. Sein Kollege in Hollywood hatte den Vater des Mädchens in Santa Barbara ausfindig gemacht und von ihm erfahren, dass seine Tochter an der McGill University in Montreal studierte. Dummerweise hatte der Kollege aber auch erwähnt, dass Athénaïs nicht mehr lebte, worauf, kaum dass er gegangen war, der Vater seine Tochter angerufen und ihr die traurige Nachricht übermittelt hatte. Als der New Yorker Korrespondent sie in Montreal aufsuchen wollte, war sie verschwunden. Ihre Mitbewohnerin sagte, sie habe sich von der internationalen Auskunft die Telefonnummer des Roten Châteaus geben lassen und sofort dort angerufen, um in Erfahrung zu bringen, wie ihre Mutter ums Leben gekommen ist. Daraufhin hatte sie den nächsten Flieger nach Paris genommen.«
»Wissen Sie, mit wem aus dem Roten Château sie gesprochen hat?«, fragte Bruno.
»Die Mitbewohnerin meinte, es sei ein Onkel oder Cousin gewesen. Den habe es jedenfalls sehr verwundert, von ihr zu hören, da er angeblich nicht gewusst hat, dass seine Nichte beziehungsweise Cousine ein Kind hat. Wie dem auch sei, er hat sie offenbar gebeten, nach Frankreich zu kommen, auf seine Kosten. Es tut mir wirklich leid, Bruno, aber wir können versuchen, sie am Flughafen abzufangen.«
»Ha! Es tut Ihnen also leid? Ist Ihnen klar, dass das Mädchen Ihretwegen in Lebensgefahr ist?«, platzte es mit der ganzen aufgestauten Wut aus ihm hervor, die Francettes Geschichte in ihm ausgelöst hatte. »Ihretwegen weiß der Graf jetzt, dass es sie gibt und dass sie das Vermögen erbt, auf das er scharf ist.«
»Woher sollte ich das wissen?«, entgegnete Gilles.
»Wann wird sie in Paris landen?«, fragte Bruno.
»Keine Ahnung. Der Kollege war gestern am späten Nachmittag in Montreal. Wahrscheinlich ist sie schon mit der Abendmaschine gestartet. Sie könnte also schon in Paris sein.«
»Putain de merde!«, brüllte Bruno. Er klappte sein Handy zu und stürzte in das Vernehmungszimmer, wo Jean-Jacques und Madame de la Gorce einander gegenübersaßen.
»Ein Notfall«, sagte er und bemühte sich um Fassung. »Pardon, Madame, aber wir brauchen den Commissaire draußen.«
Vor der Tür schlug sich Bruno mit der Hand vor die Stirn und nannte sich einen Idioten, als ihm einfiel, dass
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