Femme fatale: Der fünfte Fall für Bruno, Chef de Police (German Edition)
sind?«, fragte er.
»Die bleiben auf Sachen zurück, die man mit der Hand berührt hat«, antwortete Luc, Delarons Neffe.
»Richtig. Jeder Mensch auf der Welt hat einen ganz eigenen Abdruck. Wenn wir also solch einen Abdruck auf einem Indiz finden, wissen wir, wer es in der Hand hatte.« Er legte eine Pause ein und strich das Kaugummipapier erneut glatt. »Auf solch einem Stück Glanzpapier zeigen sich Fingerabdrücke besonders deutlich. Wir werden schnell herausfinden, wer es angefasst hat. Aufgrund solcher Beweise sind Straftäter schon hinter Gittern gelandet.«
»Das hab ich schon mal im Fernsehen gesehen«, meinte Jean-Paul. »In einem amerikanischen Film. Engrenages darf ich nicht sehen. Meine Mutter sagt, dafür wäre ich noch zu jung.«
»Deine Mutter hat recht. Ich frage mich manchmal selbst, ob ich denn schon alt genug dafür bin«, sagte Bruno. Jede Folge dieser Fernsehserie schien mit einer toten Frau zu beginnen, die auf einer Müllhalde oder im Kofferraum eines ausgebrannten Wagens gefunden wurde. »Und jetzt zu dir, Abdul.« Bruno wandte sich an den Sohn von Karims Cousin, der erschrocken hochfuhr. »Weißt du, wofür die Abkürzung DNA steht?«
Abdul warf einen Blick auf die Lehrerin, die ihm aufmunternd zulächelte.
»Das hat irgendwas mit Genetik zu tun«, antwortete der Junge.
»Richtig. In dieser Tüte hier steckt ein Zigarettenstummel. Darauf sind mit Sicherheit Speichelreste zurückgeblieben. Und anhand der DNA -Spuren, die solche Speichelreste enthalten, lässt sich feststellen, wer den Stummel im Mund hatte. Wusstest du das?«
Abdul schüttelte den Kopf. Luc schluckte, und Mathieu, der Jüngste, schien jeden Moment in Tränen auszubrechen. Jean-Paul, der Sohn des Höhlenpächters, war kreidebleich geworden. Bruno fühlte sich nicht wohl dabei, wusste aber nicht, wie er die Vernehmung hätte anders führen können. Er sah zu Florence, um sich von ihr eine Rückmeldung geben zu lassen. Sie nickte ihm stumm zu, was er als Ermunterung verstand, weiterzumachen.
»Ich ahne, wer in der Höhle war. Wenn ich die Fingerabdrücke abgleichen und die DNA -Spuren analysieren lasse, werde ich Gewissheit haben. Aber vorher müsste ich eure Eltern und einen Magistrat zu Rate ziehen, und dann wird es ernst. Versteht ihr das?«
Die Jungen nickten.
»Ich frage nur dich, Jean-Paul, denn du weißt, wo bei euch die Schlüssel hängen: Wie seid ihr in die Höhle gekommen?«
Jean-Paul warf einen Blick auf seine Freunde und knabberte an der Unterlippe. In diesem Moment stand Balzac, der an Florence’ Ärmel geschnuppert hatte, auf, tapste auf die Jungen zu und blickte mit großen, treuherzigen Augen zu Jean-Paul auf. Sein Schwanz schlug gegen das Pult, als der Junge die Hand ausstreckte und ihn streichelte.
»Wir haben einen Ersatzschlüssel. Der liegt unter einem Stein neben dem Bühneneingang, denn es kommt manchmal vor, dass die Musiker früher kommen und mein Vater nicht da ist«, antwortete der Junge mit Blick auf den Welpen. »Den habe ich genommen.«
»Wusste dein Vater davon?«
Luc, der neben Jean-Paul stand, schaltete sich ein: »Ich hab ihn darum gebeten, die Tür zu öffnen, um Onkel Philippe einen Gefallen zu tun.«
»Ich war auch dabei«, sagte Mathieu fast stolz. »Die anderen wollten mich nicht außen vor lassen.«
Bruno schmunzelte. »Kann ich verstehen. Das hätte ich auch nicht gewollt. Was wollte Onkel Philippe? Hattet ihr die schwarze Farbe von ihm?«
»Sie lässt sich ganz einfach wieder abwischen, hat er gesagt«, antwortete Jean-Paul. »Er wollte nur für einen Artikel sorgen, damit mehr Leute in die Höhle kommen.«
»Und du, Abdul, hattest Zigaretten deines Vaters dabei«, sagte Bruno. »Dass du zum Rauchen noch zu jung bist, weißt du. Wenn du damit anfängst, wirst du vielleicht nie gut Fußball spielen können.«
»Werden Sie mich bei meinem Vater verpetzen?«, fragte Abdul, der Hassans Reaktion anscheinend sehr viel mehr fürchtete als Brunos Fragen.
»Ich schlage vor, ihr erzählt mir jetzt alles. Wo hattet ihr zum Beispiel den Ziegenkopf her?«, fragte Bruno.
»Der war schon da«, antwortete Jean-Paul. »Und die komische Zeichnung an der Wand auch. Wir haben nur die angemalten Kerzen mitgebracht. Die Madonna war schon schwarz, als wir gekommen sind. Die Kerzen haben wir auf den großen Stein gestellt, und als wir dann das ganze andere Zeug gesehen haben, sind wir weggelaufen.«
Bruno nickte verständnisvoll, obwohl Jean-Pauls Aussage alles komplizierter machte.
Weitere Kostenlose Bücher