Femme fatale: Der fünfte Fall für Bruno, Chef de Police (German Edition)
beschlagen könnte.«
»Hélöise sagte, ihr Name sei de la Gorce«, las Jean-Jacques aus seinem Notizbuch ab. »Ich schätze, das ist nicht ihr Mädchenname. Klingelt da was bei Ihnen?«
»Ich könnte mal im Adelsregisternachschlagen«, meinte Isabelle. »Wenn zutrifft, was Sie über die Rote Komtesse gesagt haben, wird es bei den Renseignements Généraux eine dicke Akte über sie geben, die bis in die vierziger Jahre zurückreicht. Kommunisten zu überwachen hatte damals Priorität. Aber abgesehen davon kann ich mir nicht vorstellen, dass in diesem Château Kokain-Partys stattfinden. Aber vielleicht bin ich auch einfach nur zu naiv.«
Bruno lächelte und wandte sich an Jean-Jacques. »Die Frage ist, ob wir genug an der Hand haben, um ein Ermittlungsverfahren eröffnen zu können.«
»Sie wissen, wie das läuft«, sagte Jean-Jacques. »Ich könnte beim Procureur de la République einen entsprechenden Bericht einreichen, aber dazu brauchen wir ein paar handfeste Begründungen. Die Gerichtsmedizin hat sich ja auf ein Selbsttötungsdelikt festgelegt, und dem wird, auch aus Kostengründen, normalerweise nicht nachgegangen.«
»Der Rummel um diesen Satanismus könnte helfen«, sagte Isabelle. »Aber wahrscheinlich wird der Staatsanwalt, bevor er überhaupt tätig wird, die Tote eindeutig identifiziert haben wollen.«
Jean-Jacques pflichtete ihr bei. »Sie haben ja schon geprüft, ob die Frau offiziell als vermisst gemeldet war. Zurzeit werden ihre Fingerabdrücke abgeglichen. Ob sie eventuell als Prostituierte registriert ist, müsste noch geklärt werden. Allzu große Hoffnungen mache ich mir nicht, aber wir werden sehen. Sie starb in der Nacht auf Dienstag; jetzt haben wir Freitag. Nächsten Montag ist eine aktuelle Vermisstenliste zu erwarten. Wenn die uns nicht weiterhilft, stecken wir fest.«
Bruno seufzte. Er räumte das Geschirr zusammen und fragte, ob jemand Kaffee wünschte.
»Kein Dessert?«, fragte Jean-Jacques. »Sie nehmen meine Diät doch hoffentlich nicht allzu ernst. Damit plage ich mich schon genug herum.«
»Nachtisch gibt’s nicht«, entgegnete Bruno bestimmt. »Übrigens ist da noch etwas anderes, das mit unserem Fall in Verbindung stehen könnte und mir Kopfzerbrechen macht. In die Höhle wurde eingebrochen. Die Zeitung von heute berichtet davon.«
Er erklärte, dass Delaron ein paar Jungen Geld gegeben hatte, damit sie den Einbruch fingierten, andere aber schon vorher eingestiegen waren.
»Ich habe den Höhlenpächter angewiesen, die Marienkapelle vorerst nicht zu betreten für den Fall, dass Sie, Jean-Jacques, die Spurensicherung vorbeischicken«, sagte Bruno.
Jean-Jacques schüttelte den Kopf. »Nach Lage der Dinge wird daraus nichts.«
»Bruno, zeigst du mir diese Höhle?«, fragte Isabelle. »Ich muss erst Sonntagabend nach Paris zurück und werde sie mir ohnehin ansehen.« Sie legte eine Pause ein und erinnerte ihn mit einem Augenzwinkern daran, dass sie sich in einer anderen Höhle zum ersten Mal geküsst hatten. »Ich habe eine Schwäche für Höhlen, ob mit oder ohne prähistorische Malereien.«
»Wenn es denn auch mit Ziegenkopf sein darf«, lachte er.
Er stand auf und nahm die Teller vom Tisch. Balzac richtete sich auf Isabelles Schoß auf, um ihm in die Küche zu folgen. Isabelle setzte ihn ab. Bruno stellte die Teller ins Spülbecken und gab dem Welpen noch ein Stück Schinken. Während er Kaffee machte, dachte er darüber nach, wie er Marcel begegnen sollte, der ja offenbar von Delarons Inszenierung wusste, da sein Sohn daran beteiligt gewesen war. Im Hinblick auf den Fotografen kam Bruno plötzlich die Idee, seine Zeitung dafür zu gewinnen, sich an den Ermittlungen zum Feriendorfprojekt und Lemontins Recherchen im Fall Thivion zu beteiligen. Delaron würde mitziehen müssen. Lächelnd schüttete Bruno kochendes Wasser in den Filter. Problemlösungen, von denen alle profitierten, waren ihm die liebsten. Er stellte Tassen und die Zuckerdose auf ein kleines Tablett und trug es nach draußen.
»…gegen Ende des Jahres in Pension, und dann braucht unser Département einen neuen Chefinspektor«, sagte Jean-Jacques, als Bruno das Tablett auf dem Tisch abstellte.
Es schien, dass der Commissaire Isabelle nach Périgueux zurückzulocken versuchte. Bruno wusste von ihm, dass er daran dachte, sein Amt niederzulegen, und sie allzu gern als seine Nachfolgerin sehen würde. Aber dass sie dafür zu interessieren wäre, bezweifelte Bruno sehr. Isabelle hatte Blut geleckt und
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