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Femme fatale: Der fünfte Fall für Bruno, Chef de Police (German Edition)

Femme fatale: Der fünfte Fall für Bruno, Chef de Police (German Edition)

Titel: Femme fatale: Der fünfte Fall für Bruno, Chef de Police (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walker
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Seil.
    »Da ist der Ziegenkopf«, sagte Bruno zu Alphonse. »Fällt dir dazu was ein?«
    »Ein Anglo-Nubian. Dieselben Tiere habe ich auch«, antwortete er und beugte sich über den abgetrennten Kopf. »Charakteristisch sind die langen Hängeohren, deshalb werden sie oft auch Kaninchenziegen genannt. Eine sehr beliebte Züchtung, gut für Käse, weil die Milch einen hohen Fettgehalt hat. Außerdem sind die Tiere sehr robust. Unverwechselbar ist auch die Römernase.«
    »Dieses Exemplar da gehörte nicht zufällig zu deiner Herde, oder?«
    Alphonse schüttelte den Kopf. »Es hat Hörner. Bei uns werden die Ziegen gleich nach der Geburt enthornt. Das machen fast alle Züchter so. Ich kenne nur einen, der sie wachsen lässt, und das ist die Witwe Venturin drüben bei Sarlat. Sie züchtet Böcke für Streichelzoos und dergleichen, wo man Tiere mit Hörnern sehen will. Die hier sind wunderschön geschwungen.«
    »Wenn dieser Bock einer von ihren gewesen wäre, würde sie ihn wiedererkennen?«
    »Wahrscheinlich. Ich jedenfalls kenne jedes meiner Tiere. Die Nubias sind übrigens sehr anhänglich und lieben es, wenn man sie streichelt.«
    »Würdest du diese Witwe bitte anrufen und fragen, ob sie in letzter Zeit einen Bock verkauft hat?«
    »Nicht nötig. Sie kommt heute Abend zu mir, um Käse zu kaufen. Sie hat nämlich einen Stand auf dem Markt von Sarlat und braucht Nachschub für morgen. Wir helfen uns oft gegenseitig aus.«
    Bruno sah, dass Isabelle diesen unerwarteten Einblick in die Käsekultur der Region offenbar amüsant fand, denn sie unterdrückte ein Grinsen. Er reichte Alphonse die große Plastiktüte, damit er den Ziegenkopf darin einpackte.
    »Augenblick«, sagte Alphonse. »Ich will mal sehen…«
    Er schaute sich das rohe Fleisch an der Schnittstelle des Halses genauer an, den Hinterkopf und die Stirn. Obwohl die Kapelle hell erleuchtet war, bat er um mehr Licht, worauf Bruno seine Taschenlampe einschaltete und auf den Kopf richtete. Alphonse hob ihn in die Höhe und betrachtete die klaffende Wunde von nahem.
    »Eklig«, sagte er und verzog das Gesicht. »Der Bock wurde jedenfalls nicht anständig getötet. Es wurde kein Betäubungsgewehr verwendet, aber die Halsschlagader wurde durchschnitten. Ich müsste erst den Rest sehen, um sicher zu sein, glaube aber, dass der Bock an den Hinterläufen aufgehängt und mit einem Schnitt durch die Halsunterseite geschächtet worden ist. Er ist jedenfalls mit Sicherheit nicht im Schlachthaus geschlachtet worden wie gesetzlich vorgeschrieben.«
    Bruno wusste, dass nicht wenige Bauern ungeachtet der geltenden Vorschriften ihre Schweine auf diese Weise schlachteten, weil es seit Jahrhunderten so Brauch war. Er nahm sogar selbst jedes Jahr an einem solchen Schlachtfest teil und besorgte sich dort Blut für seine Blutwurst.
    »Heißt das, der Bock wurde geschlachtet, um verzehrt zu werden?«
    Alphonse schüttelte den Kopf. »An Ziegenblut ist in unserer Gegend, soweit ich weiß, niemand interessiert. Und das hier ist ein alter Bock, dessen Fleisch ziemlich zäh sein dürfte. Dafür gibt’s bei uns keinen Bedarf. Aber ich werde die Witwe trotzdem fragen. Wenn er nicht aus ihrer Zucht war, weiß ich auch nicht weiter.«
    Alphonse machte sich mit der Plastiktüte auf den Weg zum Bootsanleger. Die aus der Tüte herausragenden Hörner waren so lang, dass er sie seitwärts durch den Tunnel tragen musste. Marcel bot an, ihn hinauszubegleiten. Bruno und Isabelle blieben zurück. Isabelle hatte schon Proben der Farben genommen, mit der die Madonna, die Höhlenwand und die Kerzen beschmiert worden waren, und sie eingetütet. Gemeinsam durchsuchten die beiden nun jeden Winkel der Kammer, fanden aber nur einen langen dunklen Wollfaden und eine verschmutzte weiße Quaste mit zerrupften Fransen. Beides konnte schon jahrelang dort gelegen haben. Sie stellten es trotzdem sicher.
    »Wenn es nicht die Jungen waren, wie sind sie hier hereingekommen?«, fragte sie.
    Bruno wies auf die einzelnen Zugänge hin und erzählte ihr von dem Geheimgang, den der Baron ihm gezeigt hatte.
    »Aber da liegt der Staub fingerdick. Wenn jemand vor kurzem dort gewesen wäre, gäbe es Spuren.«
    Isabelle wollte den Gang trotzdem sehen. Bruno ließ es aus Rücksicht auf ihr verletztes Bein langsam angehen. Sie kamen an Napoleons Schlafkammer und der großen Orgel vorbei und steuerten auf die drei Stalagmiten zu, die wie die krummen Zähne einer vorsintflutlichen Riesenbestie den Einstieg in den Geheimgang zu

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