Ferien Auf Saltkrokan
schwer. Konnte man sich wirklich so ohne weiteres ein Kaninchen kaufen, war es möglich, daß er das auch tun konnte? Aber was würde Papa sagen, und was würde Malin sagen, und wo sollte er das Kaninchen unterbringen? Die Gedanken schwirrten in seinem Kopf herum, aber da fiel ihm plötzlich etwas ein, und der Glanz in seinen Augen erlosch ebenso rasch, wie er entzündet worden war.
»Ich hab ja kein Geld.«
»Hast du doch«, sagte Tjorven. »Du hast eine Krone, und wenn ich Rulle auf Lillasken sage, das reicht, dann reicht es.«
»Ja aber … aber …« stammelte Pelle.
»Nehmt unseren Kahn«, sagte Knutte, »ihr seid in fünf Minuten rübergerudert.«
Das war so was, das man nicht tun durfte. Weder Pelle noch Tjorven durften allein Boot fahren.
»Aber nur fünf Minuten«, sagte Tjorven. »Das ist ja fast nichts.«
Sie regelte alles. Pelle war wie gelähmt und leistete keinen Widerstand. Sie zerrte ihn zu Knuttes Kahn hinunter, und bevor Pelle noch so recht begriffen hatte, was da vor sich gehen sollte, hatte sie ihn über den schmalen Sund nach Lillasken gerudert und ihn Rulle als Großanwärter auf Kaninchen vorgestellt.
Und dort gab es wahrhaftig Kaninchen, lange Reihen von Kaninchenställen hinter Rulles Holzschuppen mit schwarzen und weißen und grauen und gefleckten Kaninchen in jeder Größe. Pelle drückte die Nase gegen die Drahtgitter und spürte den lieblichen Geruch von Kaninchen und Heu und faden Löwenzahnblättern. Er blieb vor jedem Käfig lange stehen und schaute jedem einzelnen Kaninchen in die Augen. In einem Käfig aber saß ein kleines einsames, puscheliges, weiß-und braungeflecktes Kaninchen und fraß Löwenzahnblätter, wobei seine Nase auf und nieder ging.
»Das da«, sagte Pelle. Dann sagte er nichts weiter, betrachtete nur das Kaninchen und überlegte, wie es wohl wäre, wenn man es auf dem Arm hätte.
»Es ist das häßlichste von der ganzen Bande«, sagte Tjorven. Pelle guckte das Braungefleckte zärtlich an.
»Wirklich? Aber es hat so was Treues in den Augen, finde ich.«
Rulle auf Lillasken war ein alter Junggeselle, der allein auf seiner Insel lebte und sich von Fischfang und Kaninchenzucht ernährte. Einmal in der Woche fuhr er nach Saltkrokan hinüber und kaufte in Grankvists Geschäft seinen Schnupftabak und seinen Kaffee und was er sonst noch brauchte. Darum hatte er Tjorven nicht entgehen können, ebensowenig wie irgendein anderer Mensch in den Schären um Saltkrokan.
Und nun stand sie vor ihm und hielt Pelles Krone in der Faust.
»Du kriegst eine Krone für das da«, sagte sie und zeigte auf das Braungefleckte. »Ja oder nein?«
»N-ja«, sagte Rulle zögernd solch einem schamlosen Gebot gegenüber. Da drückte Tjorven ihm das Geldstück in die Hand.
»Vielen Dank. Hab ich's doch gewußt.«
Sie öffnete schnell den Kaninchenstall, zerrte das Kaninchen heraus und legte es Pelle in den Arm.
»Da hast du's.« Und Rulle wieherte ganz vergnügt. »Du verstehst es, Geschäfte zu machen, Tjorven, das muß ich sagen! Aber warte nur, bis ich das nächste Mal Schnupftabak kaufe.«
Pelle hielt das Kaninchen im Arm. Er machte die Augen zu und spürte, wie weich es war, oh, ganz weich und sanft. Und plötzlich kam ihm sein unerhörtes Glück zum Bewußtsein. Es tat beinahe weh. Dies war das Seligste, was einem passieren konnte, und es war ihm passiert.
»Doch, doch, das gibt einen schönen Braten ab, wenn es mal groß ist«, sagte Rulle zufrieden.
Pelle wurde weiß um die Nase.
»Das soll nie ein Braten werden, niemals«, sagte er heftig.
»Wofür willst du es denn sonst haben?« fragte Rulle.
Pelle drückte das Kaninchen an sich.
»Als meins ! Ich will es nur als meins haben.«
Und Rulle hatte kein hartes Herz. Er gab zu, daß man ein Kaninchen auch auf diese Weise besitzen konnte, obwohl er selber nie auf den Gedanken gekommen war. Es war rührend, einen Jungen zu sehen, den ein kümmerliches kleines Kaninchen so unfaßbar glücklich machte. Rulle wurde richtig munter. Er holte eine Holzkiste für Pelle, in der er das Kaninchen tragen konnte, und begleitete ihn schmunzelnd bis an den Steg hinunter. Tjorven saß schon an den Riemen.
»Es ist heute warm und schön«, sagte Rulle und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Du kannst von Glück sagen, Tjorven, daß du nicht so weit rudern mußt.«
Tjorven guckte mit Kennermiene zu den Wolken empor, die sich hinter Lillasken am Himmel aufgetürmt hatten, und sagte düster: »Wir kriegen Gewitter!«
Ja, es war
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