Ferien Auf Saltkrokan
gutartig wie immer. Aber sie hatte auch richtig gedacht, und richtig sollte es von nun an zugehen. Alles sollte werden wie früher, bevor Moses kam und alles durcheinanderbrachte.
Ach ja, Moses! Sie fragte sich, wie es ihm in seinem Bootsschuppen wohl gehen mochte. Und plötzlich fiel ihr Jocke ein. Und Pelle, der arme Pelle, weshalb konnte er jetzt nicht auch so fröhlich sein wie sie? Alle sollten jetzt fröhlich sein.
Und natürlich freute sich Pelle, als er hörte, daß Bootsmann unschuldig war, sosehr man sich freuen konnte, wenn man selber ganz verzweifelt war. Er hatte um Bootsmann ebenso getrauert wie um sein Kaninchen, und es war ein Trost, daß Bootsmann nicht schuld an Jockes Tod war. »Ich hab ein viel besseres Gefühl, weil Bootsmann es nicht war«, sagte er zu Melcher.
Dann aber wandte er den Kopf ab und sagte mit leiser Stimme: »Für Jocke ist es aber ganz einerlei, wer es getan hat.«
In der Nacht träumte er von Jocke, einem lebendigen Jocke, der angehopst kam und Löwenzahn haben wollte. Aber es wurde wieder Morgen, und es gab keinen Jocke mehr. Nicht einmal sein Stall war mehr da. Johann und Niklas hatten ihn weggeräumt, damit Pelle ihn nicht mehr sehen mußte. Sie waren nett, seine Brüder, sie hatten ihm Sachen geschenkt. Er hatte ein feines Modellschiff bekommen, das Niklas gebaut hatte, und Johann hatte ihm sein altes Taschenmesser geschenkt. Pelle war so dankbar, daß er hätte platzen können, und dennoch war dies ein schwerer Morgen, und er überlegte sich, ob er es immer so empfinden würde und wie er dann seine langen Tage ertragen sollte.
An diesem Abend begruben sie Jocke in Janssons Kuhwäldchen, auf einer kleinen Lichtung mit Steinbrech im Gras und hohen Birken rundum.
HIER RUHT JOCKE
Pelle hatte es auf ein Stück Holz geschrieben, und nun lag er auf den Knien und drückte die Grasbüschel auf Jockes Grab fest, während Tjorven und Stina und Bootsmann zusahen. O ja, Jocke sollte es schön hier haben mit blühendem Steinbrech und den Amseln, die ihm abends etwas vorsangen, genau wie jetzt.
Tjorven und Stina wollten auch singen. Das tat man bei Begräbnissen, das gehörte dazu. Viele Male hatten sie tote Vögel begraben und immer dasselbe Lied gesungen. Jetzt sangen sie es für Jocke.
»Die Welt, sie ist ein Jammertal, kaum daß man lebt …«
»Nein, das singen wir nicht«, sagte Tjorven schnell.
Was war mit Pelle? Weshalb weinte er? Er hatte bis jetzt nicht geweint, aber nun saß er dort drüben auf einem Stein mit dem Rücken zu ihnen, und sie konnten kleine, merkwürdige Schluchzer hören. Sie schauten sich unschlüssig an, und Stina sagte ängstlich:
»Er weint vielleicht, weil die Welt ein Jammertal ist?«
»Das ist sie ja gar nicht«, sagte Tjorven. Und sie rief Pelle zu:
»Ach wo, Pelle, die Welt ist kein Jammertal. Wir singen das bloß für Jocke.«
Sie wollte unter gar keinen Umständen, daß noch mehr geweint würde. Auf irgendeine Weise mußte sie Pelle wieder froh machen, und plötzlich wußte sie auch, wie sie das anstellen konnte.
»Pelle, du kriegst was von mir, wenn du mir versprichst, daß du nicht mehr traurig bist.«
»Was denn?« brummte Pelle, ohne sich umzuwenden.
»Du kriegst Moses!«
Da drehte er sich um, der weinende Pelle, und starrte Tjorven mißtrauisch an. Aber sie versicherte ihm:
»Doch, du kriegst ihn geschenkt.«
Und zum ersten Mal seit jenem Augenblick des Leides, als Jocke verschwand, lächelte Pelle wieder.
»Bist du aber lieb, Tjorven!«
Sie nickte.
»Ja, das bin ich. Und dann habe ich ja auch Bootsmann.«
Stina schmunzelte.
»Nun haben wir alle wieder ein Tier. Wir müssen aber zu Moses gehen und es ihm erzählen, das ist doch klar.«
Darüber waren sie sich einig. Moses mußte erfahren, wem er jetzt gehörte. Außerdem mußte er Futter haben, der Ärmste!
»Lebe wohl, Jockelchen«, sagte Pelle weich. Dann rannte er davon, ohne sich umzusehen.
Und plötzlich war es, als hätte sich ein Krampf in ihm gelöst. Plötzlich war er ein ganz anderer Pelle, ein wilder und fröhlicher Pelle, der den ganzen Weg bis zur Toten Bucht hüpfte und rannte und sich zuletzt auf die Erde warf und den Abhang zu den Bootsschuppen hinunterkullerte. »Du freust dich wohl so, weil du Moses bekommst, was?« sagte Tjorven. Pelle überlegte.
»Ich weiß nicht – vielleicht. Aber, weißt du, es ist so traurig, wenn man traurig ist, das hält man nicht lange aus.«
»Warte nur, bis du Moses siehst«, sagte Tjorven und öffnete die Tür zum
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