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Ferien mit Mama und andere Katastrophen

Ferien mit Mama und andere Katastrophen

Titel: Ferien mit Mama und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Kasch
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war Altgriechisch, doch der steckte drei Zellen weiter. Aber was auch immer Kubasch da tat, es schien nicht zu unserem Schaden zu sein, denn irgendwann holte der Polizist seine Flasche wieder aus dem Schreibtisch. Selbst die Mutter des Busfahrers schien plötzlich wie ausgewechselt zu sein. Sie prosteten sich alle gegenseitig zu, erzählten und lachten. Am meisten erzählte Kubasch, worauf die anderen noch mehr lachten.
    Irgendwann verabschiedete sich der Obersheriff und verließ beschwipst die Wachstube. Kubasch wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    Kurt stieß mir ungeduldig in die Seite. »Was ist denn nun rausgekommen?«
    »Keine Ahnung!«, zischte ich.
    Der Polizist erhob sich seufzend von seinem Stuhl und schlurfte mit seinem Schlüsselbund auf meine Zelle zu. Ehe er die Tür öffnete, schaute er mich einen Moment lang durchdringend an. Schließlich deutete er mit einer Handbewegung an, dass ich verschwinden sollte.
    Hatte Kubasch etwa nur meine Freilassung ausgehandelt, weil ich noch ein Kind war? Aber ohne Mama ging ich hier nicht weg, da konnte er machen, was er wollte. Doch der Polizist schloss auch die anderen Zellen auf und so standen wir bald alle ziemlich verlegen in der Wachstube herum. Die Busfahrermutter fiel gleich über ihren Sohn her und küsste und beklopfte ihn.
    »Also, meine Herrschaften«, sagte Kubasch grinsend, »fahren wir nach Hause!«
    Ehrlich gesagt hielten wir das zuerst für einen Scherz, bis Altgriechisch sagte: »Los, Leute, weg hier!«
    Da setzte sich die ganze Gruppe schleunigst in Bewegung. Als wir im Bus saßen und vom Polizeiparkplatz rumpelten, nahm Mama mich in die Arme und drückte mich fast zu Matsch. »Ich kaufe niiiie wiiieder eine Vase«, schluchzte sie.
    Im Rückspiegel des Busses sahen wir die Polizeistation langsam kleiner werden, bis sie schließlich ganz verschwunden war. Im selben Moment bestürmten alle Kubasch, das Geheimnis unserer Befreiung zu lüften. Doch er grinste nur stumm und sonnte sich in seiner Heldenpose. Und die hatte er sich wirklich verdient.
    »Ich erzähle euch heute mal nichts über Götter«, sagte er schließlich.
    Alle lachten.
    »Ich erzähle euch eine andere Geschichte.«
    Er hatte diesem Obersheriff doch tatsächlich eingeredet, dass das Museum von Heraklion selbst schuld an dem Abhandenkommen seiner Vase gewesen sei. Man fährt so kostbare antike Ausstellungsstücke schließlich nicht einfach unbewacht durch die Gegend. Schon gar nicht, wenn man ein komplettes Museum umlagert, weil man es gerade renoviert. Der Fahrer jenes Lastwagens hatte gehalten, um sich einen Kaffee in einem der Souvenirläden von Knossos zu holen, was er natürlich heftigst bestritt, als Mama das Objekt ihrer Freude hinten auf der Ladefläche entdeckt hatte. Kurz darauf hatte der ganze Schlamassel begonnen.
    Da niemand, besonders der Obersheriff nicht, Lust darauf hatte, all unsere Aussagen zu Papier zu bringen, um bei seinem Chef einen lückenlosen Bericht abzuliefern, hatte man sich gemeinsam auf ein großes Missverständnis geeinigt, das ja nun aufgeklärt war. Ich glaube, in diesem Moment habe ich mit Kubasch endlich Frieden geschlossen und ihm die Sache mit den Schlangen verziehen.
    Mama strahlte ihn an und hauchte leise: »Wolfgang, du warst einfach großartig!«
    Sie musste natürlich gleich wieder übertreiben. Ein einfaches »Danke« hätte auch gereicht.

Gegen Mittag kamen wir völlig verschwitzt und erledigt am Hotel an. Eigentlich hätte jeder sofort auf sein Zimmer stürzen, sich die Sachen vom Leib reißen und eine Stunde dauerduschen müssen. Doch nichts dergleichen passierte. Irgendein Kleister hielt uns alle zusammen.
    »Also, Leute«, sagte Altgriechisch, »vielleicht essen wir erst mal was Schönes.«
    Er war sonst nicht der Typ, der sich groß hervortat. Aber als er Richtung Restaurant marschierte, folgten ihm alle. Und hatten wir bisher in kleinen Grüppchen beim Essen gesessen, so begannen jetzt einige, die Tische zusammenzuschieben, sodass wir schließlich alle gemeinsam an einer langen Tafel saßen, obenan natürlich Kubasch, der Held des Tages. Ich glaube, wir entwickelten uns so langsam zu Griechen. Die saßen auch immer mindestens zu zehnt an einem Tisch und aßen ohne Ende. Gegen das Essen hatte ich ja nichts einzuwenden, aber bei dieser trauten Gemeinsamkeit kam der Kunstlehrer plötzlich auf die Idee, dass wir uns doch endlich alle duzen könnten.
    Ich warf Zadek einen kurzen Blick zu. Sollte ich im Matheunterricht jetzt immer

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