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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Hände.
    »Ich… kann nicht mal sagen, was ich empfand, als ich dich heute berührt habe, Sassenach, und wußte, daß du echt bist.« Seine
Augen wanderten über meinen Körper, und ich spürte seine Hitze, seine Sehnsucht, und auch mir wurde heiß. »Dich wiederzufinden… und dich dann zu verlieren…« Er hielt inne und schluckte.
    »Du wirst mich nicht verlieren«, sagte ich. »Niemals wieder.« Lächelnd strich ich ihm die dicken, rotbraunen Haare hinters Ohr. »Nicht einmal, wenn ich herausfinden sollte, daß du Verbrechen wie Bigamie und Trunksucht auf dem Kerbholz hast.«
    Bei diesen Worten zuckte er zusammen, und ich ließ überrascht die Hand sinken.
    »Was ist denn?«
    »Na ja…«, sagte er zögernd. Er spitzte die Lippen und warf mir einen Seitenblick zu. »Es ist nur…«
    »Was denn? Gibt es noch etwas, was du mir nicht erzählt hast?«
    »Das Drucken von aufwieglerischen Flugschriften ist einfach nicht besonders gewinnträchtig«, erklärte er.
    »Das glaube ich auch.« Bei der Aussicht auf weitere Enthüllungen beschleunigte sich mein Herzschlag. »Also, womit verdienst du dein Geld?«
    »Es ist nur, daß ich ein kleines bißchen schmuggle«, gestand er. »So als Nebenverdienst.«
    »Du bist ein Schmuggler ? Was schmuggelst du denn?«
    »Vor allem Whisky, aber hie und da auch Rum, französischen Wein und Kambrik.«
    »Das ist es also!« Die Teilchen des Puzzles fügten sich zu einem Bild - Mr. Willoughby, der Hafen und das Rätsel unseres gegenwärtigen Zufluchtsorts. »Darin besteht deine Verbindung zu diesem Haus… das hast du gemeint, als du sagtest, Madame Jeanne sei eine Kundin?«
    »Genau.« Er nickte. »Es klappt wunderbar. Wir lagern die Ware in einem der Keller unten im Haus, wenn sie von Frankreich kommt. Einen Teil verkaufen wir direkt an Jeanne, den Rest bewahrt sie für uns auf, bis wir ihn weiterbefördern können.«
    »Mhm. Und Bestandteil der Abmachung ist, daß du…«
    Er sah mich aus schmalen blauen Augen an.
    »Die Antwort auf das, was du denkst, Sassenach, lautet nein«, erklärte er mit Nachdruck.
    »Ach ja?« sagte ich hocherfreut. »Du kannst wohl Gedanken lesen? Was habe ich denn gedacht?«

    »Du hast dich gefragt, ob ich den Preis manchmal in Naturalien einkassiere, aye?« Er zog die Brauen hoch, nahm mich an den Schultern und beugte sich über mich.
    »Hab’ ich recht?« fragte er schließlich atemlos.
    »Ja«, erwiderte ich ebenfalls atemlos. »Und das tust du nicht…«
    »Nein. Komm her.«
    Er schloß mich in die Arme und zog mich eng an sich. Der Körper erinnert sich anders als der Verstand. Solange ich nachdachte und mich mit Fragen und Sorgen quälte, verhielt ich mich unbeholfen und verlegen. Doch wenn sich das Denken nicht einmischte, erkannte ihn mein Körper und reagierte sofort völlig harmonisch, als hätte Jamie mich nicht vor Jahren, sondern vor wenigen Augenblicken zuletzt berührt.
    »Ich hatte diesmal mehr Angst als in unserer Hochzeitsnacht«, murmelte ich, ohne den Blick von dem gleichmäßigen Pulsschlag an seinem Hals zu wenden.
    »Wirklich?« Er schloß den Arm noch fester um mich. »Mache ich dir angst, Sassenach?«
    »Nein.« Ich legte meine Finger auf die pulsierende Stelle und sog seinen Moschusduft in mich ein. »Es ist nur… das erstemal… da dachte ich nicht, daß es für immer sein würde. Damals wollte ich wieder fort.«
    »Und du bist gegangen und wiedergekommen«, erwiderte er. »Du bist hier. Das ist das einzige, was zählt.«
    »Was hast du gedacht, als wir zum erstenmal das Lager geteilt haben?« fragte ich.
    »Für mich war es schon damals für immer, Sassenach«, sagte er schlicht.
    Etwas später schliefen wir ineinander verschlungen ein, während der Regen leise an die Fensterläden trommelte und aus den unteren Stockwerken gedämpfte Geräusche heraufdrangen.
     
    In dieser Nacht fanden wir wenig Ruhe. Zu müde, um noch länger wach zu bleiben, zu glücklich, um fest einzuschlafen. Vielleicht hatte ich Angst, daß er verschwinden würde, wenn ich schlief. Vielleicht empfand er genauso. Wir lagen nah beieinander, waren nicht wach, nahmen einander aber zu deutlich wahr, um fest zu schlafen.

    Im Halbschlaf bewegten wir uns miteinander, stets in Berührung, wie in einem schläfrigen Zeitlupentanz, und lernten schweigend die Sprache unserer Körper neu. Irgendwann in den stillen Stunden der Nacht liebten wir uns mit einer behutsamen wortlosen Zärtlichkeit, und dann lagen wir reglos da, jeder in die Geheimnisse des anderen

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