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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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mußte der Salon sein. Seltsamerweise war von den Sklaven nichts zu hören und zu sehen. Aber während ich noch aufs Haus starrte, entdeckte ich plötzlich einen Schatten, der vor den Fenstern entlanghuschte, und mir blieb fast das Herz stehen.
    Geillis konnte es nicht gewesen sein, denn so lang, schmal und eckig wie der Schatten war sie nicht.
    Verzweifelt sah ich mich um. Am liebsten hätte ich laut gerufen, aber dazu war es zu spät. Die Männer, die unterwegs zur Raffinerie waren, waren schon längst außer Hörweite. Einen Moment zögerte ich noch, aber mir blieb keine andere Wahl. Ich raffte meine Röcke und marschierte los.
    Als ich auf der Veranda eintraf, war ich naßgeschwitzt, und mein Herz klopfte so laut, daß es alle anderen Geräusche in meinen Ohren übertönte. Vorsichtig kauerte ich mich unter das erste Fenster, um hineinzuspähen, ohne gesehen zu werden.
    Drinnen herrschte Frieden. Im Kamin flackerte ein kleines Feuer, dessen Flammen sich in den polierten Dielen spiegelten. Geillis’ Sekretär aus Rosenholz war aufgeklappt, und auf der Schreibfläche lagen Stapel von beschriebenen Bögen und, wie es schien, sehr alten Büchern. Eine Person sah ich nicht, aber ich konnte auch nicht das ganze Zimmer überblicken.
    Bei dem Gedanken, daß mir der Herkules mit den toten Augen womöglich hinterherschlich, bekam ich eine Gänsehaut. Als ich weiter auf der Veranda entlangkroch, sah ich mich sicherheitshalber immer wieder um.

    An diesem Abend wirkte das Haus seltsam verlassen. Keine Spur von dem leisen Gemurmel der Sklaven, das ich bei meinem ersten Besuch gehört hatte. Aber vielleicht hatte das nichts zu bedeuten. Fast immer legten die Sklaven bei Einbruch der Dunkelheit die Arbeit nieder und zogen sich in ihre Hütten zurück. Aber hätten dann nicht wenigstens noch die Haussklaven dasein müssen, um das Feuer zu versorgen und in der Küche das Essen zuzubereiten?
    Die Haustür stand offen. Auf der Schwelle lagen Blütenblätter von der gelben Rose. Im schwachen Licht, das aus der Eingangshalle fiel, schimmerten sie wie alte Goldmünzen.
    Ich blieb stehen und lauschte. Plötzlich meinte ich, ein leises Rascheln aus dem Salon zu hören, wie wenn jemand die Seite eines Buches umschlägt. Aber sicher war ich mir nicht. Ich nahm all meinen Mut zusammen und trat über die Schwelle.
    Im Innern des Hauses war das Gefühl der Verlassenheit noch stärker. Wo waren bloß die Bewohner?
    An der Tür zum Salon blieb ich noch einmal stehen und lauschte. Ich hörte das Feuer knistern und wieder das leise Rascheln der umgeblätterten Seiten. Als ich den Kopf durch die Tür steckte, sah ich, daß inzwischen jemand vor dem Sekretär Platz genommen hat. Der schmalschultrige, hochgewachsene Mann beugte den dunklen Kopf über die Schreibplatte.
    »Ian!« raunte ich, so laut ich wagte. »Ian!«
    Die Gestalt fuhr zusammen und stand hastig auf.
    »Herr im Himmel!« rief ich.
    »Mrs. Malcolm!« staunte Reverend Archibald Campbell.
    Ich schluckte und wartete, daß mein Pulsschlag wieder langsamer wurde. Der Reverend wirkte beinahe ebenso verdutzt wie ich, doch im nächsten Moment hatte er sich schon wieder gefaßt. Seine Züge wurden starr, und er trat einen Schritt auf die Tür zu.
    »Was wollen Sie hier?« fragte er herrisch.
    »Ich suche den Neffen meines Mannes«, erwiderte ich. Zu lügen hatte keinen Sinn, und vielleicht kannte er Ians Aufenthaltsort ja sogar. Rasch sah ich mich im Raum um, doch abgesehen vom Reverend war er leer. »Wo ist Mrs. Abernathy?«
    »Keine Ahnung«, erwiderte er stirnrunzelnd. »Anscheinend ist sie nicht zu Hause. Was meinen Sie damit, der Neffe Ihres Mannes?«

    »Nicht zu Hause?« Fragend blinzelte ich in den Raum. »Wo ist sie hingefahren?«
    »Das weiß ich nicht.« Er preßte die aufgeworfene Oberlippe wie einen Schnabel über die untere. »Als ich heute morgen aufgestanden bin, war sie schon fort - und mit ihr alle Dienstboten, wie ich vermute. Feine Art, einen Gast zu behandeln!«
    Obwohl ich weiterhin auf der Hut war, seufzte ich erleichtert auf. Wenigstens bestand keine Gefahr, Geillis über den Weg zu laufen. Mit Reverend Campbell würde ich schon fertig werden.
    »Oh«, sagte ich. »Wirklich, nicht sehr gastfreundlich! Ist Ihnen zufällig ein etwa fünfzehnjähriger Junge begegnet, sehr groß und schlank, mit dichtem braunen Haar? Anscheinend nicht. Nun, dann sollte ich jetzt gehn -«
    »Halt!« Er packte mich am Arm. Verdutzt blieb ich stehen, denn er tat mir weh.
    »Wie lautet der

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