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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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zulassen, daß das Gold in die Hände eines Feiglings gelangt.«
    »Wer ist sie?« fragte Jamie. Das Herz klopfte ihm bis zum Hals.
    »Sie sucht einen tapferen Mann. Einen MacKenzie. Es ist für den MacKenzie. Sie sagt, es gehöre ihnen um des Toten willen.«
    »Wer ist die weiße Hexe?« fragte Jamie noch einmal. Duncan hatte den Ausdruck ban-druidh verwendet - eine Hexe, eine Heilerin, eine weiße Dame. So hatte man auch seine Frau genannt. Claire - seine weiße Dame. Heftig drückte er Duncans Hand.
    »Wer ist die weiße Hexe?«
    »Die Hexe«, murmelte Duncan und schloß die Augen. »Die Hexe. Sie zieht die Menschen in ihren Bann. Sie ist der Tod. Er ist tot - der MacKenzie, er ist tot!«
    »Wer? Colum MacKenzie?«
    »Alle sind tot, alle. Alle tot!« schrie der kranke Mann und preßte Jamies Hand. »Colum, Dougal und Ellen - alle.«

    Plötzlich hob er die Lider und heftete den Blick auf sein Gegenüber.
    »Die Leute erzählen sich«, fuhr er überraschend klar fort, »daß Ellen MacKenzie damals ihre Brüder und ihr Elternhaus verlassen hat, um einen Seidenbären aus dem Meer zu heiraten. Sie hat die Seehunde gehört, aye?« Duncan lächelte verträumt, den dunklen Blick in weite Ferne gerichtet. »Sie hat sie singen hören, oben auf den Felsen, einen, zwei und drei; sie hat sie von ihrem Turm aus gesehen. Sie ist hinuntergestiegen und zum Meer gewandert und bei ihnen geblieben. Aye? War es nicht so?«
    »Ja, so sagen die Leute«, hatte Jamie geantwortet. Seine Zunge klebte am Gaumen. Seine Mutter hieß Ellen, und als sie mit Brian Dutch Fraser, dem Mann mit dem glänzenden, schwarzen Haar, durchbrannte, erzählte man sich diese Geschichte. Und nach diesem Mann hatte er sich benannt: Sohn des Schwarzen.
    Der Major stand auf der anderen Seite des Bettes, den Blick skeptisch auf Duncan gerichtet. Zwar sprach der Engländer kein Gälisch, doch Jamie war überzeugt, daß er den Ausdruck für Gold kannte. Als ihre Blicke sich trafen, nickte Jamie und beugte sich erneut über den Kranken.
    »Das Gold, Mann«, sagte er auf französisch. »Wo ist es?« Dabei drückte er zur Warnung Duncans Hand, so fest er konnte.
    Duncan fielen die Augen zu, und unruhig rollte er den Kopf auf dem Kissen hin und her. Er murmelte etwas, doch es war zu leise, als daß man es hätte verstehen können.
    »Was hat er gesagt?« fragte der Major scharf.
    »Ich habe es nicht verstanden.« Jamie schüttelte Duncans Hand, damit er aufwachte. »Sag es noch mal, Mann.«
    Wieder murmelte der Sterbende einige Worte. Ungeduldig beugte sich der Major vor und schüttelte Duncans Schulter.
    »Wachen Sie auf!« rief er. »Sagen Sie etwas!«
    Da schlug Duncan die Augen auf. Aber sein Blick war in weite Ferne gerichtet.
    »Sie wird es dir erzählen«, sagte er auf gälisch. »Sie wird dich holen.« Plötzlich schien es, als würde er sich erinnern, wo er war, und er sah auf die Männer neben sich. »Euch beide«, erklärte er deutlich.
    Dann schloß er die Augen. Er redete nicht weiter, sondern umklammerte
Jamies Hand noch fester als zuvor. Nach einer Weile lockerte sich sein Griff, die Hand glitt herab, und es war vorbei. Der Hüter des Goldes war tot.
    Jamie hatte dem Engländer gegenüber Wort gehalten - und seinen Landsleuten die Treue. Er hatte dem Major alles erzählt, was Duncan gesagt hatte, und als sich die Gelegenheit zur Flucht bot, ergriff er sie, machte sich auf den Weg durchs Moor in Richtung Meer und verfuhr, so gut er konnte, mit Duncan Kerrs Vermächtnis. Dafür mußte er nun zahlen.
    Vom Flur näherten sich Schritte. Jamie umklammerte seine Knie noch fester, um das Zittern zu bekämpfen. Jetzt hatte zumindest die Unsicherheit ein Ende.
    Als sich die Tür öffnete und ein Lichtstrahl hereinfiel, mußte er blinzeln. Ein Wärter mit einer Fackel in der Hand beugte sich über ihn.
    »Steh auf!« Der Mann zog ihn hoch. Jamies Gelenke waren so steif, daß er stolperte, als er zur Tür gestoßen wurde. »Oben will dich jemand sehen.«
    »Oben? Wo?« Er war verwirrt - die Schmiede befand sich doch unten neben dem Hof. Und so spät am Abend würde man ihn nicht auspeitschen.
    Der Mann grinste. »Im Quartier des Majors«, sagte er. »Und möge Gott deiner Seele gnädig sein, Mac Dubh.«
     
    »Nein, Sir, ich sage nicht, wo ich gewesen bin«, wiederholte Mac Dubh entschieden und versuchte, nicht mit den Zähnen zu klappern. Man hatte ihn nicht in das Arbeitszimmer gebracht, sondern in Greys privaten Salon. Im Kamin brannte zwar ein Feuer, doch Grey

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