Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fesseln der Erinnerung

Fesseln der Erinnerung

Titel: Fesseln der Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
Vom Netzwerk:
Licht zu stehen, die Narben zu zeigen, die sie in sich trug. „Um zurück zu den finanziellen Aspekten zu kommen“, die Worte kamen hastig, beinahe abgehackt aus ihr heraus. „Der Tod ihrer Berater hat zwar nicht zu großen finanziellen Einbußen geführt, aber insgesamt Nikitas geschäftlichem Ruf sehr geschadet.“
    Max sagte längere Zeit nichts, dann aber äußerte er sich nur zu dem Fall.
    Sie beging nicht den Fehler zu denken, er habe aufgegeben. Max Shannon hatte ihre Schwäche wahrgenommen. Und genau wie der Puma, dessen Kraft und Eleganz sie in ihm sah, würde er nicht aufgeben, bis er Blut sah.

9
    Hunderte von Kilometern entfernt, in den dunklen Vororten von Moskau, erhob sich Ratsherr Kaleb Krychek aus dem Bett, in dem er höchstens zwei Stunden geschlafen hatte. Zumindest in dieser Nacht würde er keine Ruhe mehr finden. Er zog ein Paar dünne Hosen aus atmungsaktivem Material über und lief hinaus in die nächtlichen Felder, die sein Heim umgaben.
    Die Erde war hart gefroren und schnitt ihm fast in die nackten Füße. Der Wind schlug wie eine Peitsche auf seinen nackten Rücken. Er spürte nichts davon, sein Geist raste durch den unendlichen nachtschwarzen Himmel des Medialnets. Nur die Sterne, ein jeder der Geist eines der Millionen von Medialen, strahlten hell im Dunkel und versorgten die im neuronalen Netzwerk verbundenen Medialen mit dem lebensnotwendigen Bio-Feedback.
    Kaleb ignorierte die Sterne, er war auf der Suche nach einer Information, die ihm der Netkopf anscheinend verheimlichte. Auch in dieser Nacht hielt die Wesenheit, die sowohl Archivar als auch Wächter des Medialnets war – und in allen anderen Dingen bedingungslos Kaleb gehorchte – , ihn mit undurchdringlichen Schilden fern.
    Er ließ sich wieder völlig in die Außenwelt fallen und rannte mit einer Geschwindigkeit, die jeden erstaunt hätte, der ihn nur in den makellosen Geschäftsanzügen kannte, die er als Ratsherr trug. Doch sie begingen alle denselben Fehler. Denn er war ein Kardinalmedialer mit telekinetischen Fähigkeiten. Seine geistigen Fähigkeiten sprengten jedes Maß, seine Augen – weiße Sterne auf schwarzem Hintergrund – waren ein Abbild des Medialnets. Mehr noch, er war der mächtigste TK -Mediale im Netzwerk und bewegte sich ebenso mühelos, wie er atmete. Und in dieser Nacht glitt er geschmeidig durch völlige Stille, denn selbst die Lebewesen, die in der Dunkelheit zum Leben erwachten, schienen sich zurückgezogen zu haben.
    Vielleicht, weil sie ein weit gefährlicheres Raubtier witterten.
    Eine Stunde später kehrte Kaleb schweißgebadet in sein Haus zurück. Er duschte und setzte sich dann an den Schreibtisch. Als Erstes nahm er sich die Akte von Sophia Russo vor, nicht etwa, weil er ein besonderes Interesse an ihr gehabt hätte, sondern weil er gewohnheitsmäßig ein Auge darauf hatte, was die anderen Ratsmitglieder trieben. Nikita war zwar seine Alliierte, aber nur, solange es ihren Zwecken diente.
    Die Akte der J-Medialen war sehr ausführlich, wie bei den meisten ihrer Kategorie. Trotz ihrer ungewöhnlichen Kindheit und der kürzlich erfolgten Eintragung in die Liste der zur Rehabilitation Vorgesehenen lagen ihre Fähigkeiten im Normalbereich einer J-Medialen. Warum interessierte sich Nikita dann also gerade für sie? Denn zweifellos war das der Fall – sie hatte bei dem J-Medialen-Dienst ausdrücklich Sophia Russo verlangt.
    Er würde die Situation im Auge behalten und wollte sich gerade einer anderen Akte zu wenden, als etwas seine äußersten Schilde im Medialnet berührte. Da diese Schilde so komplex aufgebaut waren, dass sie beinahe unsichtbar waren, schaute er nur beiläufig nach. Viele kamen in Kontakt damit, ohne es überhaupt zu bemerken. Aber diesmal kam jemand hindurch.
    Kaleb öffnete sekundenschnell sein geistiges Auge.
    Der Eindringling war fort.
    Was auch eine Antwort war – denn jemand, der gut genug war, seinen Fallen auszuweichen, hätte auch keinen Alarm auslösen dürfen. „Soso“, murmelte er auf der geistigen Ebene. „Das Spiel hat also begonnen.“

10
    Empfindungen verstärken sich. Ihr haltet Händeschütteln vielleicht für harmlos, aber jede Berührung mit einem Menschen bedroht eure Konditionierung.
    – Auszug aus den Lektionen für Medialenkinder
beim Übergang zum Erwachsenentraining
    Als Max endlich vor dem mittelgroßen Gebäude in der Nähe des Golden Gate Park anhielt, in dem Kenneth Vales Wohnung lag – der Ort, an dem er sich umgebracht hatte – , wollte

Weitere Kostenlose Bücher