Fesseln der Erinnerung
griff nach ihrem Organizer. „Das muss Marsha Langholm sein, Nikitas älteste Beraterin. Sie nutzt diese Wohnung, wenn sie im Lande ist.“
„Wir müssen mit ihr reden.“ Max streckte die Hand aus und nahm ihren Organizer, um zu lesen, was dort über Marsha Langholm stand. „Du hättest sagen sollen, dass du Sushi nicht magst.“
Sie aß noch ein Stück. „Ich habe so etwas noch nie zuvor probiert. Es ist gut.“
„Und die Tempura?“ Er hatte den Blick auf den Bildschirm gerichtet, der einen jungen Mann zeigte, der einen Umschlag unter Chans Tür schob und dann wieder zum Fahrstuhl ging.
„Den da kenne ich – es ist Ryan Asquith, ein Praktikant“, sagte Sophia. „Er hat auch die Leiche entdeckt. Und die Tempura sind … köstlich.“ Sie hatte Nahrung immer nur als etwas betrachtet, das sie am Leben erhielt – wie die meisten Medialen war sie konditioniert worden, nicht den sinnlichen Genüssen von Geschmack und Genuss zu erliegen.
„Das nächste Mal nehmen wir etwas anderes.“
„Da ist wieder Martha.“ Sie ging mit einer Aktentasche in Chans Wohnung, kam zwei Minuten später wieder heraus und verschwand wieder in ihrer eigenen.
„Kurzer Besuch.“ Max erstarrte, als die Aufzeichnung erneut sprang und bei einer anderen Person anhielt. „Himmel.“
Sophia sah auf. Die Frau auf dem Bildschirm war groß, das schwarze Haar fiel in weichen Locken über ihre Schultern, und ihre Haut war wie dunkles Gold. Sie trug keinen Anzug wie die andere, sondern einen unförmigen königsblauen Mantel, der ihre Figur verbarg.
Doch trotz dieser unvorteilhaften Aufmachung wusste auch Sophia sofort, wer sie war. „Ich dachte immer“, sagte sie, „dass Sascha und Nikita sich entfremdet hätten.“
„Nikita unterhält geschäftliche Verbindungen zu den DarkRiver-Leoparden. Aber was tut Sascha Duncan in diesem Teil des Gebäudes?“ Er schwieg, als sie an Marsha Langholms Tür klopfte und hereingebeten wurde.
Die Aufzeichnung sprang erneut.
Zwei Männer, die sie nicht sofort identifizieren konnten, tauchten kurz hintereinander auf. Der erste – ein schlanker Schwarzer ungefähr Mitte dreißig – verbrachte etwa zehn Minuten bei dem Opfer, bevor er wieder ging. Der zweite – ein aristokratisch aussehender, früh ergrauter Mann – blieb noch etwa fünf Minuten länger, bevor er verabschiedet wurde. Edward Chan lebte zu diesem Zeitpunkt noch, kam mit heraus und begleitete seinen Besucher zum Fahrstuhl, während sie miteinander redeten.
Der nächste Ausschnitt zeigte, wie Sascha und Marsha deren Wohnung verließen.
„Moment.“ Max hielt das Bild an und spulte zurück, bis wieder Edward Chan zu sehen war, der seine Wohnung verließ. „Sieh dir mal die Zeit an.“
„Viertel nach zehn.“
„Ich lasse es von hier durchlaufen.“ Er drückte auf Play und Sascha verließ wieder mit Marsha die Wohnung.
Sophia blinzelte und sah auf die Zeitangabe. „Das ist anderthalb Stunden später.“
„Den Aufnahmedaten zufolge“, sagte Max, als die Zahlen in der Seitenleiste erschienen, „hat jemand einen Aufnahmestopp für den Zeitraum dazwischen eingerichtet.“ Er ließ die Aufzeichnung im alten Modus weiterlaufen.
Fünf Minuten nach Saschas Weggang gab es die nächste Bewegung, derselbe Angestellte, der den Umschlag gebracht hatte, kam noch einmal – ging in Chans Apartment und entdeckte die Leiche. „Warum hatte Asquith nicht nur die Erlaubnis, sondern auch den Code, um bei Chan eintreten zu können?“, fragte Max Sophia und hielt das Bild wieder an.
„Er muss versucht haben, Edward im Medialnet zu erreichen, und dabei entdeckt haben, dass er fort war.“ Sophia hatte miterlebt, wie Sterne von J-Medialen auf diese Weise erloschen waren, wenn der Tod wieder einen von ihnen zu sich geholt hatte. „Mediale, die ohne Erklärung aus dem Medialnet verschwinden, werden immer sofort gesucht, um den Grund für ihr Verschwinden festzustellen.“ Bei Sophia konnte das nur der Tod sein, denn ihr Geist war zu fest mit dem Netzwerk verwoben, um ohne die Verbindung überleben zu können. „Es hängt immer von den Umständen ab, wie lange es dauert, bis ein Verschwinden bemerkt wird, aber hier war es offensichtlich kurz nach dem Mord.“
Als Max nichts darauf erwiderte, sah sie ihn an. Er knetete seine Nasenwurzel mit einem ungewohnten Ausdruck von Frustration. „Max?“
Er fluchte leise und ließ die Hand sinken. „Ich werde die wenigen Freunde, die ich in dieser Stadt habe, ganz schön vor den Kopf
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