Fesseln der Leidenschaft
daran?« fragte sie ungläubig.
»Nein, aber ich möchte, daß Sie es zugeben. Sagen Sie es, Reina.« Er unterstrich die Forderung mit einem weiteren Kuß und ließ seine Lippen über ihren schweben. »Sagen Sie es.«
»Ich habe … es genossen.«
»Wenn ich es wieder mache, werden Sie nicht protestieren?«
»Das habe ich nicht gesagt, Ranulf! Warten Sie … Es ist heller Morgen … Tageslicht … gütiger Himmel … « Ihre Worte versanken in einem Seufzer der Wonne.
32
Reina schnitt den letzten Faden ab und erhob sich, ehe sie das fertige Gewand betrachtete. Durch das Ausputzen mit elfenbeinfarbenen Seidenstreifen wirkte das blaue Samtnachthemd wie für einen König geschaffen. Ob ihr Mann allerdings einverstanden sein würde, es zu tragen, war die Frage – und nicht nur, weil er kein Nachtgewand gewöhnt war. Seine ganze Garderobe wirkte bescheiden, einfache Wolle und Leinen ohne Zierat, das meiste reparaturbedürftig. Man konnte Ranulf nicht als eitel oder großtuerisch bezeichnen, obwohl er sich schon lange eine bessere Kleidung hätte leisten können. Daß er einen einfachen Aufzug vorzog, sagte viel über seinen Charakter.
Reina hatte bei dem Nachtgewand ihre Fantasie walten lassen, da nur sie und einige ausgewählte Diener ihren Mann darin sehen würden. Der Rest der neuen Garderobe, die sie für Ranulf anfertigen wollte, würde aus feiner Qualität, aber bescheidener sein – wenigstens bis sie ihren Gatten überzeugen konnte, daß man von einem noblen, reichen Herrn eine luxuriösere Kleidung erwartete als von seinen Vasallen.
Die Kommentare, die Reina während der Arbeit an dem Nachthemd von ihren Damen gehört hatte, entsprachen den Hänseleien, die sich eine junge Braut gefallen lassen mußte.
»Wollen Sie wirklich jene herrlichen Schultern unter diesem Ding verstecken?«
»Ich würde es ihm wegnehmen, anstatt es ihm anzuziehen.«
»Sie werden es bedauern, wenn er es wie mein William macht und sich entschließt, darin zu schlafen.« Das kam von Lady Margaret.
»Wenn er nicht gewöhnt ist, eines zu tragen – warum wollen Sie ihm diese gute Sitte abgewöhnen?«
Was sie nicht zu erkennen schienen, und was Reina ihnen auch nicht verraten würde, war dies: Wenn ein Mann mit Ranulfs Körper in einem Schlafzimmer herumspazierte, bedeutete das die Hölle für das Gleichgewicht einer Frau, jedenfalls für das von Reina. Sie benahm sich albern, wenn er nackt war – sie starrte ihn mit schamloser Unhöflichkeit an oder beschuldigte eine arme Katze der Boshaftigkeit. Über kurz oder lang würde sie dem sinnlichen Drang unterliegen, den diese goldene Haut in ihr weckte: Sie würde Ranulf berühren, ihn streicheln, ihn kosten, ob er sie darum bat oder nicht. Was würde er dann von ihr denken? Schließlich erfüllte er mit seinem nun häufig geübten Geschlechtsverkehr nur eine Klausel ihres Vertrages. Wenn Reina ein Kind erwartete, würde ihr verschwenderisches Liebesieben ein Ende finden.
Ranulf ein Nachtgewand zu verpassen, war nur eine Schutzvorrichtung der Versuchung gegenüber. Die Vorsichtsmaßnahme sorgte dafür, daß er später nicht denken würde, Reina verginge beim Verlust seines Körpers vor Gram. Denn seine neuen Techniken kamen bei ihr an – Himmel, und wie sie ankamen! Ranulf wußte das. Er sonnte sich entzückt in seiner großen Leistung – eine typisch männliche Reaktion, wie Reina vermutete. Er kam ihr vor wie ein kleiner Junge, der seinen ersten Sieg über unbezwingbare Widrigkeiten errungen hatte. Also war es ihre Sache, ihn glauben zu machen, sie sei im Grunde immer noch gleichgültig. Ihr Stolz würde ihr aus dieser Situation heraushelfen müssen, wenn schon nichts anderes half.
Reina hängte das fertige Gewand über den Arm, um es ins Schlafzimmer zu bringen. Sie würde es auf das Bett legen. Hoffentlich würde Ranulf sich verpflichtet fühlen, es zu tragen, einfach, weil es für ihn genäht war. Wenn nicht, würde sie durch das Entfernen einiger Wandbehänge dafür sorgen müssen, daß der Raum zugiger wurde. Ein wenig Kälte würde Ranulfs Mangel an Schamhaftigkeit gewiß im Zaum halten.
»An Ihrer Stelle würde ich meinen Entschluß noch einmal überdenken«, rief die Dame Hilary mit singender Stimme, worauf die jüngeren Damen zu kichern begannen.
Reina mußte lächeln. Wären die Umstände ihrer Hochzeit andere gewesen, hätte sie tatsächlich noch einmal überlegt. Aber sie war sich dessen stets bewußt, daß Ranulf praktisch zur Ehe mit ihr hatte gezwungen werden
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