Fesseln der Leidenschaft
ein zweites Mal warten zu lassen. Hast du ihm dann wenigstens Eadwina als Badefrau geschickt?«
Theo stülpte ihr ein Leinenhemd über den Kopf. »Sie war bereits mit einem der anderen beschäftigt.«
»Wen hast du ihm geschickt?«
»Amabel.«
»Theo! Die fette Amabel? Wie konntest du!«
»Was habe ich getan?« fragte er in aller Unschuld, während er die Spitzen an ihrem langärmeligen Oberteil befestigte. »Sie stand gerade zur Verfügung.«
Reina sah ihn böse an und hätte ihn am liebsten geohrfeigt. »Falls er vorher nicht beleidigt war, dann ist er es jetzt. Und ich schwöre, wenn dein dümmlicher Groll mir Schwierigkeiten mit dem Riesen bereitet, werde ich persönlich dein Fell an die Wand nageln.«
Theo protestierte. »Er hatte so viel im Sinn, daß er nicht an einen Geschlechtsakt dachte – mit niemand. Er wird Amabel nicht einmal bemerken.«
»Das wäre dein Glück! O Jesus, du mußt mein Haar noch trocknen. Beeil dich, Theo. Ich muß da sein, wenn er in die Halle zurückkehrt.«
8
Als Ranulf die Turmtreppe herunterkam, saß Walter bereits auf der untersten Stufe und wartete auf ihn. »Ich dachte schon, du wärst da oben verlorengegangen. Vorher vermutete ich, daß ich der letzte sei, der in die Halle zurückkehrt, nachdem diese aufregende blonde Dirne sich um mich gekümmert hat.
Walter hätte nichts Schlimmeres sagen können, denn Ranulf war extra noch eine Weile im Turmzimmer geblieben, um seinen Zorn abebben zu lassen. Zuerst hatte man ihm diesen Lustknaben geschickt und dann eine Frau wie ein Faß, die er nicht umarmen hätte können, selbst wenn er es gewollt hätte.
»Wie war sie denn?« meinte Ranulf kurz.
»Mußt du fragen?«
Ranulf stieß einen dumpfen Grunzlaut aus. »Ist die Lady schon heruntergekommen?«
»Ja, vor geraumer Zeit«, erwiderte Walter mit einem neugierigen Blick. »Was fehlt dir eigentlich?«
»Nichts, was die Dame nicht in Ordnung bringen könnte«, erklärte Ranulf und marschierte unter dem Rundbogen durch, der in die große Halle führte.
Der Ärger erstickte ihn fast, während er sich der Estrade mit dem Kamin in der Mitte näherte. Searle und Eric standen dort, umringt von einer Gruppe Damen. Selbst der Gedanke, sich so vielen ›Damen‹ zuzugesellen, schüchterte ihn nicht ein. Doch er beruhigte sich und fühlte sich fast beschämt, als er um den langen Tisch herumging, der nun für das Nachmittagsmahl mit weißem Leinen gedeckt war. Es wurde ihm klar, daß er nicht erkannte, welche der Frauen Reina de Champeney war.
Es standen dort vier ältere weibliche Wesen, die junge Lady Elaine, die er zuvor erschreckt hatte, und drei andere Mädchen, die wie Zwölf-oder Dreizehnjährige aussahen. Welche der älteren Frauen die Herrin von Clydon war, konnte man unmöglich erraten, denn selbst die ältesten wirkten wie halbe Kinder.
Es war die jüngste der vier Frauen, die vortrat, um ihn zu begrüßen. Da sie, ebenso wie die anderen, den Blick züchtig gesenkt hielt, blieb er weiter im ungewissen, denn die himmelblauen Augen der Schloßherrin hätte er auf alle Fälle wiedererkannt.
»Sir Ranulf, erlauben Sie mir, daß ich Ihnen Lady Margaret, die Frau von Sir William Folville, vorstelle, der noch krank ist und sich uns nicht anschließen kann.«
Lady Margaret war die älteste, nun fehlten von dieser Gruppe noch drei.
»Lady Elaine kennen Sie schon.« Lag da ein Tadel in ihrer Stimme? »Und das ist Lady Alicia, Sir Williams Tochter.«
Eine hübsche Zwölfjährige. Offenbar wurden sie nach Rang vorgestellt.
»Die Damen Hilary und Florette sind nun Witwen«, fuhr die Wortführerin fort. »Ihre Männer waren Clydon-Ritter. Sie starben, wie mein Vater, im Heiligen Land.«
Hierauf mußte er etwas sagen, obwohl er nun wußte, welches die Lady war, die er sich vorknöpfen wollte. Die Dame Hilary wirkte stämmig für ihre fünfzehn Jahre. Die Dame Florette war eine reizende Braunhaarige mit grünen Augen, die scheu zu ihm emporblickten.
»Ich bedaure sehr, von Ihrem großen Verlust zu hören«, sagte er zu den beiden, erntete aber nur ein halbherziges Lächeln und Nicken als Antwort.
»Auch Cecilias und Eleanors Väter begleiteten meinen Vater auf dem Kreuzzug. Wir hoffen, daß diese Ritter, zusammen mit Lord Guy, gesund zurückkehren werden.«
Das waren die beiden letzten jungen Mädchen – zu schüchtern oder verängstigt, ihn anzusehen.
»Es ist mir eine Ehre«, erklärte Ranulf und verneigte sich vor allen.
Nun, da die Szene vorüber war, hatte er
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