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Fesseln der Leidenschaft

Fesseln der Leidenschaft

Titel: Fesseln der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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angefertigt worden war. Daß er sich nicht freute, entsprang seiner düsteren Stimmung, die nicht weichen wollte.
    Er hörte kaum das Lob seiner Freunde, erkannte seine Frau nicht, als sie die Halle betrat, und merkte nur flüchtig, daß er ins Freie geschoben wurde, um den kurzen Ritt ins Dorf zu unternehmen, wo die Zeremonie vor der Dorfkirche stattfinden sollte. Als der Priester ihn anstieß, gelang es ihm, den Wortlaut des Ehevertrages zu wiederholen: was er zur Heirat beisteuern müsse, und daß seine Frau einen Ring und Goldmünzen als Mitgift beanspruchen dürfe. Der Ring und das Gold bedeutete – nach altenglischer Sitte – ein Unterpfand der Vermählung. Dann wurden, laut hörbar, die Eide geschworen, und ehe Ranulf es sich versah, schritten sie zur Hochzeitsmesse in die Kirche.
    Doch nicht einmal während der langen Messe dämmerte es ihm, daß die Trauung tatsächlich vollzogen war. Er hatte seine Lady-Ehefrau zum zweitenmal geheiratet. Er hatte seine Männer gewarnt, auf alles gefaßt zu sein, doch er war selbst so betäubt, daß er sich ohne Gegenwehr hätte niederschlagen lassen. Erst als die Messe zu Ende war und Sir Henry noch in der Kirche den Treueschwur auf Shefford von ihm verlangte, begann Ranulf zu ahnen, was für ein Idiot er gewesen war. Nach dem Schwur legten auch die Clydon-Vasallen den Eid ab, ihrem Herrn Fitz Hugh zu jeder Zeit und in Ehren die Lehenstreue zu halten.
    Nicht mehr betäubt, aber dennoch reichlich verwirrt, sah Ranulf seine Frau an, die sich an seinen Arm hängte, als sie gemeinsam die Kirche verließen. »Sie haben mich geheiratet?«
    Sie ließ ein helles, leises Lachen erklingen, ehe sie sich auf die Zehenspitzen stellte und flüsterte: »Ich bin froh, daß Sie unserer ersten Hochzeit beigewohnt haben, mein Lord, denn auf dieser hier waren Sie nicht sehr anwesend.«
    Es war ein Bräutigam mit geröteten Wangen, den die Menge vor der Kirche jubelnd begrüßte.

20

    Wenn Ranulf dachte, er habe zu Ehren von Sir Henrys Ankunft am Tag zuvor ein rauschendes Fest erlebt, so war seine Hochzeitsfeier eines Königs wert. Sechs Gänge wurden serviert; jeder bestand aus zahlreichen Speisen, wie Fleisch, Geflügel, Fisch, Eiern, Gemüse, und endete mit einer Überraschung, einer Komposition aus Zucker, Teig und Marmelade, die etwas darstellte, in diesem Fall eine Szene höfischer Liebe.
    Auf Etikette wurde streng geachtet – zuerst erschien ein Diener mit Brot und Butter, ihm folgten der Butler und seine Gehilfen mit Wein und Bier. Hinter den Stühlen stellten sich die Knappen auf, um ihren jeweiligen Ritter zu bedienen, das Fleisch zu schneiden und die Tranchierbretter nach jedem Gang zurückzulegen.
    Bei solcher Auswahl wurde der Appetit jedes Anwesenden bestens befriedigt. Es gab gebratenes Wildbret, Eber, Lamm, Kalbfleisch, Rebhuhn und Pfauen. Die Rebhühner wurden auch in einer Senf-und Ingwersauce serviert, oder gefüllt mit Eiern und Kräutern, zudem wurde gedünstetes Fleisch gereicht – für Leute mit weniger festen Zähnen. In verschiedenen Geschmacksrichtungen gab es Hühner, Waldschnepfen, Stockenten, Reiher, Regenpfeifer und Lerchen. Für diejenigen, die Fisch bevorzugten, wurden Steinbutt in Obstessig mit Gewürzen, Austern auf Petersilie in Weinessig, Schellfisch mit Knoblauchbutter, gekochte Makrelen mit Pfefferminze und Sauerampfersauce oder frischer Hering, Langusten, Muscheln, Neunaugen und Fischtorten angeboten. Die Nachspeisen waren ohne Zahl – von gewürzten Früchten bis Konditorwaren mit jeder Art von süßer Füllung.
    Ranulfs Frau hatte nicht gelogen, als sie behauptete, es gäbe keinen Mangel an Speisen in Clydon. Bei solchem Überfluß dauerte das Fest natürlich den ganzen Tag. Unterhaltung ohne Ende war angesagt, mit Musik, Scherzen und Geschichten, die entweder von geneigten Gästen oder von Dutzenden wandernder Schausteller dargeboten wurden, die für diese besondere Gelegenheit engagiert worden waren.
    Als Ranulf von der Toilette zurückkam, stellte er fest, daß die niedrigen Tische fehlten und ein lärmender Volkstanz stattfand. Die Tänzer hielten sich an den Händen und sangen, während sie einen Kreis formten. Seine Lady nahm an dem Spaß teil, und während er sie beobachtete, wie sie mit den anderen lachte und sang, erkannte er, daß er sie zum erstenmal an diesem Tag wirklich sah, obwohl sie seit dem Verlassen der Kirche nicht von seiner Seite gewichen war.
    Sie wirkte besonders strahlend und reizvoll, und das hatte nichts mit ihrer

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