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Fesseln der Leidenschaft

Fesseln der Leidenschaft

Titel: Fesseln der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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einzig Liebenswerte auf der Welt.«
    »Das war nicht sehr diplomatisch von ihr«, meinte Reina trocken. Sie ärgerte sich, weil sie einen stechenden Schmerz des Mitgefühls für den jungen Ranulf empfand. »Und das Kind?«
    »Lady Anne kehrte auf ihren Landsitz zurück, um dort zu gebären. Als Ranulf die Enttäuschung überwunden hatte, stellte er fest, daß er das Kind immer noch für sich haben wollte, ganz gleich, wie schwierig es für ihn sein würde, es großzuziehen. Nur konnte er nicht herausfinden, wohin Anne gegangen war, und als er sie endlich aufspürte, hatte sie das Kind längst auf die Welt gebracht und sich erholt. Sie lebte mit ihrem neuen Ehemann im Norden.«
    »Hatte sie das Kind mitgenommen?« fragte Reina zweifelnd.
    »Nein. Sie gab es einer Familie in ihrem kleinen Dorf und wollte nichts mehr damit zu tun haben.«
    Reina zog wieder ihre eigenen Schlüsse. Sie dachte an Kenric und Lanzo, Ranulfs Knappen. Kenric war zu alt, um der uneheliche Sohn zu sein, aber vielleicht Lanzo …
    Walter jedoch war noch nicht fertig mit seiner Geschichte. »Ich begleitete Ranulf in ihr Landhaus. Er war glücklich, daß sie das Kind weggegeben hatte, und glaubte, es mit ein paar Münzen von den Bauern kaufen zu können. Die Familie war leicht zu finden. In dem Dorf gab es keine Geheimnisse.«
    »Warum habe ich das Gefühl, daß ich den Rest des Berichtes nicht gern hören werde?« meinte Reina unsicher, als sie sah, wie sich Walters Gesicht verfinsterte.
    »Vielleicht sollte ich nicht fortfahren.«
    »Doch. Ich muß jetzt alles wissen, ob es gut ist oder schlimm.«
    »Die Familie, der die Lady ihr Kind kurz nach der Geburt überlassen hatte, war die ärmste im Dorf und zudem die größte – mit bereits sieben Kindern. Anne wußte das. Die Leute hatten protestiert, sie könnten kein Baby mehr gebrauchen, doch die Lady zwang sie dazu, es zu nehmen. Innerhalb von zwei Monaten war das Kind verhungert.«
    »Oh, Gott!« wisperte Reina.
    Walter sah sie nicht an, sondern fuhr leise fort. »Damals hatten Ranulf und ich unseren einzigen ernsthaften Streit. Er wollte die ganze Familie umbringen und das Dorf niederbrennen. Das konnte ich nicht zulassen. Die Leute waren nicht schuld. Sie waren der elendeste Haufen, den wir je gesehen hatten, und selbst am Verhungern. Einer der Diener in Lady Annes Haus gab später zu, daß seine Herrin bei einer eventuellen Rückkehr das Kind nicht mehr lebend sehen wollte. Die Lady hatte ihren Willen bekommen.«
    Reina schloß die Augen. Sie konnte ein paar Sekunden lang nichts sagen. Sie wünschte, sie wäre nicht so neugierig gewesen. So etwas hatte sie nicht hören wollen. Gütiger Gott, Kinder waren die einzig wirklich Unschuldigen auf dieser Welt. So viele starben aus natürlichen Gründen, aber dieser Tod war unnatürlich, beabsichtigt. Welche Frau war zu so einer Tat fähig, wenn es einfach für sie gewesen wäre, das Kind in einer ordentlichen Familie aufwachsen zu lassen?
    »Was … was war es, ein Mädchen oder ein Junge?«
    »Ein Mädchen, kräftig und gesund bei der Geburt, deshalb dauerte es auch so lange, bis … «
    Reina gebot ihm mit einer Handbewegung Schweigen, ehe sie zu weinen begann. Sie spürte, wie sich Tränen in ihren Augen bildeten, und hielt sie zurück, indem sie das Schreckliche aus ihren Gedanken verbannte. Das alles hatte nichts mit ihr zu tun. Oder doch? Es war ihrem Mann geschehen, und er litt noch darunter, also mußte es auch sie berühren. Aber es war nicht fair von ihm, alle Frauen für das verantwortlich zu machen, was ihm ein herzloses Weib angetan hatte.
    »Wir wollen das einmal realistisch betrachten«, sagte sie, und es gelang ihr, einen beherrschten, wenn auch etwas traurigen Ton anzuschlagen. »Diese Ereignisse liegen elf oder zwölf Jahre zurück.«
    »Acht«, korrigierte er.
    Sie wurde aus ihren Überlegungen gerissen. »Ich dachte, Ranulf sei älter.«
    »Wegen seiner Größe sah er immer älter aus, aber er ist erst dreiundzwanzig, Lady.«
    »Gut, auch acht Jahre hätten ausgereicht, ihn erkennen zu lassen, daß nicht alle Frauen gleich sind.«
    »Wie würden Sie empfinden, wenn das Ihnen passiert wäre?» konterte Walter. »Lady Anne war süß und sanft. Sie hob nie die Stimme. Sie sagte nie ein böses Wort über irgend jemand. Ihre hemmungslose Geldgier und Gefühllosigkeit blieben allen verborgen. Glauben Sie, Ranulf könnte nach dieser Erfahrung je wieder dem gewinnenden Lächeln einer Dame trauen?«
    »Aber wir sind doch nicht alle so

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