Fesseln der Leidenschaft
Reina gehofft hatte, war, daß ihr Mann sie nicht blamierte, indem er seine Mätressen nach Hause mitbrachte, wie manche Männer es praktizierten. Und doch – war Ranulfs Tat nicht genauso schlimm? Die Rote Alma bei hellem Tageslicht zu besuchen und sich voll dem Dorfklatsch auszusetzen – nur zwei Tage nach der Hochzeit! Und die Rote Alma! Reina hätte es eher verstanden, wenn sie Ranulf in einer dunklen Ecke mit Eadwina erwischt hätte. Die Männer gierten nach Eadwina. Warum sollte Reinas wollüstiger Gatte anders sein?
Aber die Rote Alma! Zugegeben, die Frau war nicht unansehnlich mit ihrem flammend roten Haar und den lockenden Augen, die an blaue Stiefmütterchen erinnerten. Und sie war eine kurvenreiche Person, so, wie Ranulf die Weiber liebte. Aber er wußte, daß Reina – eine Ausnahme unter den feinen Damen – sich zu ihren Leibeigenen begab, um deren Krankheiten zu behandeln. Er mußte auch wissen, daß sein Besuch bei der Dorfhure ihr sofort zu Ohren kommen würde, wenn er auch nicht erwartet hatte, daß sie ihn persönlich mit der Frau zusammen ertappen würde.
Wollte er also, daß sie es wußte? War das seine Art, sie für ihre Beanstandungen zu bestrafen? Und sie hatte sich beklagt – auf eine zänkische Weise! Oder hatte er gar nicht an eine Bestrafung gedacht? Es lag viel näher, daß er sich nur einen befriedigenderen Geschlechtsakt verschaffen wollte. Sie konnte die Frage, die er ihr in der vergangenen Nacht gestellt hatte, nicht vergessen, die Frage, ob sie wünschte, daß er sich mit anderen Frauen vergnügte. Hatte er ihr Schweigen als Bejahung angesehen – und nicht als Ablehnung? Konnte er so dumm sein?
»Der junge Malfed sagte, Sie wollten mich sprechen?«
Gut. Sicher dachte Ranulf, sie wolle über die Rote Alma reden. Aber das beabsichtigte sie nicht – sie wollte seine Verunsicherung steigern.
Reina bemühte sich um einen gelassenen Gesichtsausdruck bei der Konfrontation mit ihrem abtrünnigen Ehemann – und war nun ihrerseits verwirrt. Sie wußte nicht, wie sie sich die Züge eines schuldigen Partners vorgestellt hatte, aber jedenfalls nicht so unbefangen fragend.
Selbst Lady Ella schnurrte zufrieden in seinem Arm und spürte keine Gemütserregung ihres Herrn.
»Nehmen Sie Platz, mein Lord.« Sie deutete auf den Stuhl, den sie für die Diskussion vor den Kamin geschoben hatte. »Möchten Sie Wein?«
Er nickte und setzte sich. Reina hob die Hand, und ein Diener eilte herbei, um die Erfrischung zu reichen. Ranulfs Seufzer war Reina nicht entgangen. War ihr Mann von den Anstrengungen im Dorf so erschöpft? Sie mußte sich zwingen, den Kelch mit Wein vor ihn hinzustellen, anstatt ihm dessen Inhalt über den Kopf zu gießen.
»Mein Verwalter berichtete mir, daß er Ihnen heute morgen die Felder und die Mühle gezeigt hat.«
»Ja.«
Er nippt an seinem Wein, um meinem Blick auszuweichen, dachte Reina. Sie trat vor den Kamin und sah auf Ranulf nieder. »Ich vermute, daß Sie den Rest des Tages ebenso produktiv verbracht haben.«
Er verschluckte sich und spie Wein aus. Die Katze fauchte und sprang von seinem Schoß. Reina wischte das Fell des Tieres ab und setzte Lady Ella auf eine in der Nähe stehende Bank, wo die Katze die Putzarbeit an ihrem Pelz selbst vollendete. Ranulf hustete noch.
»Vielleicht ist der Wein zu stark, mein Lord?« meinte Reina in aller Unschuld. »Möchten Sie lieber Bier?«
Mit einem grimmigen Blick krächzte er: »Ich möchte lieber, daß Sie zur Sache kommen.«
»Zur Sache? Was soll das sein? Wir müssen einiges besprechen, aber wenn Sie von diesem aufreibenden Tag zu müde sind, können wir das Gespräch verschieben.«
Ihre Betonung seiner Müdigkeit entging Ranulf nicht. Er war tatsächlich erschöpft, weil er wie ein Wilder durch die Wälder geritten war, um irgendwelche Gesetzlose aufzutreiben, die ihn von den Informationen der Roten Alma ablenken würden. Er hatte diesen Ritt gebraucht, denn Almas Vorschläge hatten seine Lustgefühle geweckt, und er wollte verdammt sein, wenn er sich in dieser Situation von seinem verfluchten Penis hätte beherrschen lassen.
Solange er die Gedanken an Sex zurückdrängte, kam er gut zurecht, sogar in Gegenwart seiner Frau. Aber ihre versteckten Andeutungen beunruhigten ihn. Was, zum Teufel, hielt sie für den Grund seiner Müdigkeit? Wenn sie wissen wollte, was er den ganzen Tag gemacht hatte – warum fragte sie ihn nicht einfach? Es war nicht ihre Art, um den Brei herumzureden. Und er spürte ihre
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