Fesseln der Unvergaenglichkeit
gemalt hatte, besaß Talent, aber noch keine Technik. Er trat näher. Selbstporträt stand in kleinen Buchstaben im unteren Teil, es gab keine Signatur. Warum hatte Alden das Bild einer nackten Lix in seinem Besitz gehabt? Seine Fangzähne pochten vor Aufregung. Hatte Alden eine Verbindung zu einer Lix?
»Gefällt es Ihnen?«
»Ja sehr. Ich werde es kaufen.«
»Darf ich Ihnen noch andere Bilder zeigen?«
»Im Moment nicht, danke, ich habe leider keine Zeit mehr.« Leonardo bezahlte und verließ die Galerie. Die Sonne beschien die Gebäude von Soho und die roten Backsteine sahen sauber und einladend au s. Leonardo ging mit dem Bild unter seinem Arm entschlossen stadtauswärts. Er hatte seinen Bruder nicht gefunden, aber er war einen Schritt weitergekommen. Wie bei einem Puzzle würde er für seine Familie die einzelnen Stücke zusammenfügen und am Ende das Rätsel lösen. Er ging in Richtung Washington Square. Sobald er sich dem Park näherte, roch er den Duft des Herbstes von Weitem. Er mochte den Geruch nach verrotteten Blättern, der in dieser Jahreszeit über den Grünanlagen von Manhattan lag. Die Leinwand drückte sich gegen seine Schenkel. Tsara hatte sich getäuscht. Alden war untergetaucht und nicht einmal sie wusste mehr, wo er sich aufhielt. Er hielt inne. Oder hatte sie ihn getäuscht? Er verwarf die Idee sofort wieder. Sie hatte sich gewünscht, dass seine Bilder bei den Visconti gezeigt wurden. Beim Washington Square folgte er der Fifth Avenue und rannte bis zum Madison Square Garden. Die ockerfarbene Arena mit ihren gerippten Mauern wirkte riesig in der grellen Morgensonne. Erst vor dem Rockefeller Plaza verlangsamte er sein Tempo.
Er hatte Aiyana versprochen, im Winter mit ihr hier auf der offenen Eisbahn Schlittschuh zu laufen. Er krümmte sich unter dem Schmerz, der seinen Magen durchfuhr, richtete sich auf und rannte weiter bis zur 64. Street. Er klingelte bei Iwan.
»Komm hoch.«
Iwan musste ihn durch die Mikrokamera gesehen haben, die er installiert hatte. Leonardo nahm den Aufzug und fuhr in den vierten Stock.
Iwan stand im Eingang und hielt ihm die Tür offen. Leonardo betrat die elegante Residenz. Er konnte nicht warten, bis Iwan die Tür geschlossen hatte. »Ich habe sie verlassen.«
Iwans Gesicht drückte Liebe und Anteilnahme aus, als er ihn an sich zog. »Komm lass uns darüber reden.«
Kapitel 12
Bedrohung
F alko betrachtete Eikshe, die auf dem beigefarbenen Stuhl des Fernsehstudios neben ihm saß. Sie trug ein grünes Kleid, das sie umschmeichelte. Trotz seiner Ungeduld bemerkte Falko, wie verführerisch sie aussah, aber auch das konnte ihn nicht besänftigen. Er hasste es, zu warten.
Eikshe schnaubte und trommelte auf den Tisch. »Mrs. Miller hätte schon lange hier sein müssen.«
Falko nickte. Er bedauerte es, zugesagt zu haben. Interviews für das Fernsehen interessierten ihn nicht.
»Sollen wir einfach wieder gehen?«
In dem Moment ging die Tür auf und eine blonde Frau betrat den Raum. Falko erkannte sie auf den ersten Blick, auch wenn sie ihre Haare hochgesteckt hatte und geschminkt war. Er beherrschte seinen innerlichen Aufruhr, erhob sich und ging ihr entgegen. Sie starrte ihn an, sagte kein Wort und wich zurück. Erst als sie beinahe bei der Tür ankam, blieb sie stehen und richtete sich auf.
»Doktor Weser, Doktor Seal, schön Sie hier begrüßen zu dürfen.« Sie stotterte und schien unfähig zu sein, ihre Gedanken zu ordnen. Warum reagierte sie so unangemessen auf ihn? Er hatte ihren Geist und ihren Körper ausgeschaltet, bevor er sich ihrer Freundin genähert hatte. Sie konnte nichts darüber wissen. Eikshe warf ihm einen fragenden Blick zu, den er ignorierte.
Eikshe sprang auf und blieb neben dem Tisch stehen. »Guten Tag Mrs. Miller. Ich glaube, wir sollten keine Zeit verlieren, da wir im Krankenhaus wieder erwartet werden.«
»Selbstverständlich.«
Mrs. Miller kam zum Tisch. »Setzen Sie sich bitte. Wir wollen sofort beginnen.«
Sie setzten sich alle.
»Als Erstes würde ich gern die Fragen des Interviews mit Ihnen durchgehen.« Sie schien es sich anders überlegt zu haben, obwohl sie immer noch zitterte. Sie saß auf der Kante ihres Stuhls, bereit, jederzeit aufzuspringen.
Falkos Gedanken überschlugen sich. Er musste etwas tun, herausfinden, warum sie so auf ihn reagierte. Es gab keinen Weg, ihre Gedanken zu lesen. Innerlich schien sie vor Angst zu beben und nur ihre professionelle Haltung zwang sie dazu, das Gespräch
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